Social-Media: Zu den Prüfpflichten eines Hostproviders
OLG Frankfurt a.M. v. 4.3.2025 - 16 W 10/25
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Arzt und bewarb in der Vergangenheit u.a. die sog. "Hirschhausen Diät". Der Kläger wies die Beklagte in der Vergangenheit mehrfach auf sog. Fake-Werbungs-Videos hin, in denen er vermeintlich u.a. für Abnehmmittel werbe.
Gegenstand des vorliegenden Eilverfahrens sind zwei weitere solcher Deep-Fake Videos: Nutzer haben zum einen ein Video unter Verwendung eines Ausschnitts aus der Sendung von Markus Lanz hergestellt, in denen der Name, das Bildnis und die Stimme des Klägers verwendet werden und in dem dieser vermeintlich für ein Mittel zur Gewichtsabnahme wirbt. Dieses Video entfernte die Beklagte zeitnah nach Abmahnung durch den Kläger. In einem nachfolgend erschienenen, nahezu inhaltsgleichen weiteren Deep-Fake Video warb der Kläger ebenfalls vermeintlich für ein Mittel zur Gewichtsabnahme. Dieses Video entfernte die Beklagte ebenfalls erst nach entsprechendem Hinweis durch den Kläger. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassen der Verbreitung dieser beiden Videos in Anspruch.
Das LG wies den Antrag zurück. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers gab das OLG dem Antrag teilweise - im Hinblick auf das zweite Video - statt. Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Gründe:
Hinsichtlich des ersten Videos besteht kein Unterlassungsanspruch. Die Beklagte ist als Hostproviderin grundsätzlich nicht verpflichtet, von den Nutzern ins Netz gestellte Beiträge vor ihrer Veröffentlichung auf etwaige Rechtsverletzungen hin zu prüfen. Ihre Haftung setzt die Verletzung von Prüf- und Verhaltenspflichten voraus. Vor der Abmahnung des Klägers betreffend das erste Video war die Beklagte nicht zur Löschung verpflichtet.
Eine Löschpflicht ergab sich insbesondere nicht aus den vorausgegangenen Hinweisen des Klägers auf andere, nicht sinngleiche sog. Fake-Werbungen. Grundsätzlich lösen derartige Hinweise nur Prüfpflichten hinsichtlich "sinngleicher Inhalte" aus. Darunter fallen Inhalte, die in Bild und Text identisch, aber bei gleichbleibendem Gesamteindruck etwa abweichend gestaltet sind. Dies kann sich etwa auf die Auflösung, Größe/Zuschnitt, Verwendung von Farbfiltern, Einfassung mit Rahmen oder Zufügung sog. Caption beziehen. Die vorausgegangenen Hinweise des Klägers bezogen sich hier jedoch auf in Bild und Text abweichende Inhalte.
Hinsichtlich des zweiten Videos traf die Beklagte dagegen schon aufgrund der Abmahnung des Klägers hinsichtlich des ersten Videos eine Prüfpflicht. Es bedurfte insoweit keiner weiteren Abmahnung. Das zweite Video unterscheidet sich allenfalls marginal vom ersten. Die Videos wirken - bei voneinander abweichender Überschrift - nahezu identisch. Es liegen damit sinngleiche Inhalte vor. Da die Beklagte das zweite Video nicht bereits ohne weitere Abmahnung gesperrt hat, hat sie gegen ihre Prüfpflichten verstoßen. Im Ergebnis besteht daher ein Unterlassungsanspruch.
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Maria-Urania Dovas, ITRB 2024, 283
ITRB0071420
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OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 14 vom 11.3.2025
Der Kläger ist Arzt und bewarb in der Vergangenheit u.a. die sog. "Hirschhausen Diät". Der Kläger wies die Beklagte in der Vergangenheit mehrfach auf sog. Fake-Werbungs-Videos hin, in denen er vermeintlich u.a. für Abnehmmittel werbe.
Gegenstand des vorliegenden Eilverfahrens sind zwei weitere solcher Deep-Fake Videos: Nutzer haben zum einen ein Video unter Verwendung eines Ausschnitts aus der Sendung von Markus Lanz hergestellt, in denen der Name, das Bildnis und die Stimme des Klägers verwendet werden und in dem dieser vermeintlich für ein Mittel zur Gewichtsabnahme wirbt. Dieses Video entfernte die Beklagte zeitnah nach Abmahnung durch den Kläger. In einem nachfolgend erschienenen, nahezu inhaltsgleichen weiteren Deep-Fake Video warb der Kläger ebenfalls vermeintlich für ein Mittel zur Gewichtsabnahme. Dieses Video entfernte die Beklagte ebenfalls erst nach entsprechendem Hinweis durch den Kläger. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassen der Verbreitung dieser beiden Videos in Anspruch.
Das LG wies den Antrag zurück. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers gab das OLG dem Antrag teilweise - im Hinblick auf das zweite Video - statt. Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.
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Hinsichtlich des ersten Videos besteht kein Unterlassungsanspruch. Die Beklagte ist als Hostproviderin grundsätzlich nicht verpflichtet, von den Nutzern ins Netz gestellte Beiträge vor ihrer Veröffentlichung auf etwaige Rechtsverletzungen hin zu prüfen. Ihre Haftung setzt die Verletzung von Prüf- und Verhaltenspflichten voraus. Vor der Abmahnung des Klägers betreffend das erste Video war die Beklagte nicht zur Löschung verpflichtet.
Eine Löschpflicht ergab sich insbesondere nicht aus den vorausgegangenen Hinweisen des Klägers auf andere, nicht sinngleiche sog. Fake-Werbungen. Grundsätzlich lösen derartige Hinweise nur Prüfpflichten hinsichtlich "sinngleicher Inhalte" aus. Darunter fallen Inhalte, die in Bild und Text identisch, aber bei gleichbleibendem Gesamteindruck etwa abweichend gestaltet sind. Dies kann sich etwa auf die Auflösung, Größe/Zuschnitt, Verwendung von Farbfiltern, Einfassung mit Rahmen oder Zufügung sog. Caption beziehen. Die vorausgegangenen Hinweise des Klägers bezogen sich hier jedoch auf in Bild und Text abweichende Inhalte.
Hinsichtlich des zweiten Videos traf die Beklagte dagegen schon aufgrund der Abmahnung des Klägers hinsichtlich des ersten Videos eine Prüfpflicht. Es bedurfte insoweit keiner weiteren Abmahnung. Das zweite Video unterscheidet sich allenfalls marginal vom ersten. Die Videos wirken - bei voneinander abweichender Überschrift - nahezu identisch. Es liegen damit sinngleiche Inhalte vor. Da die Beklagte das zweite Video nicht bereits ohne weitere Abmahnung gesperrt hat, hat sie gegen ihre Prüfpflichten verstoßen. Im Ergebnis besteht daher ein Unterlassungsanspruch.
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