30.08.2011

Sparkassen müssen für unseriöse Unternehmen keine Girokonten zur Verfügung stellen

Eine Sparkasse muss einem Unternehmen, bei dem der Verdacht eines unseriösen Geschäftsgebarens besteht, kein Girokonto zur Verfügung stellen. Ein begründeter Verdacht besteht, wenn es im Zusammenhang mit geschäftlichen Aktivitäten des Unternehmens oder der darin an verantwortlichen Stellen handelnden Personen bereits zu nachhaltigen Verbraucherbeschwerden oder strafgerichtlichen Verfahren gekommen ist.

VG Gießen 31.5.2011, 8 K 1139/10.GI
Sachverhalt:
Die klagende GmbH hatte sich Anfang 2010 an die beklagte Sparkasse gewandt und die Eröffnung eines Girokontos begehrt. Die Beklagte lehnte die Einrichtung eines Kontos allerdings unter Hinweis darauf ab, an einer Geschäftsverbindung kein Interesse zu haben.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und wandte ein, dass die Beklagte auch anderen GmbHs in der Stadt Girokonten zur Verfügung stelle. Infolgedessen könne es nicht von ihrem Interesse abhängen, ob sie ihr, der Klägerin, ein Girokonto einrichte. Als Anstalt des öffentlichen Rechts sei die Beklagte vielmehr im Bereich staatlicher Daseinsvorsorge unmittelbar an die Grundrechte gebunden.

Die Beklagte war der Ansicht, eine Verpflichtung ihrerseits, der Klägerin Zugang zu einem Girokonto zu verschaffen, bestehe nicht. Sowohl der Geschäftsführer als auch der Prokurist seien bekannte Persönlichkeiten. Aus Plattformen im Internet ergebe sich, dass sie sich in den letzten Jahren vor allem als Geschäftsführer dubioser Firmen betätigt hätten. Gegen den Geschäftsführer der Klägerin liefen in Deutschland insgesamt weit mehr als 150 strafrechtliche Ermittlungsverfahren. Durch die Führung von Konten derartiger Unternehmen werde dem Ansehen von Banken und Sparkassen ganz erheblich geschadet.

Das VG wies die Klage ab.

Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ein Girokonto für sie einrichtet.

Die Girokontenführung ist in § 4 der Satzung der Beklagten geregelt, die am 1.7.2010 in Kraft trat. Hiernach führt die Beklagte für natürliche Personen aus ihrem Geschäftsgebiet auf Antrag Girokonten. Der Klägerin als juristische Person des Privatrechts vermittelte diese satzungsrechtliche Vorschrift allerdings kein subjektiv-öffentliches Recht, da sie nicht zu dem begünstigten Personenkreis gehörte.

Ein solches subjektives Recht ergab sich auch nicht aus § 2 Abs. 1 HessSparkG. Hiernach haben Sparkassen zwar die Aufgabe, als dem gemeinen Nutzen dienende Wirtschaftsunternehmen ihrer Träger geld- und kreditwirtschaftliche Leistungen zu erbringen, insbesondere Gelegenheit zur sicheren Anlage von Geldern zu geben. Weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift ließen sich allerdings subjektive Rechte zu Gunsten der Klägerin entnehmen. § 2 Abs. 1 HessSparkG ist vielmehr eine Norm, welche die Aufgaben der Sparkassen allgemein bestimmt, ohne dass insoweit individuelle Ansprüche auf bestimmte Leistungen begründet werden.

Letztlich stand der Klägerin auch kein Anspruch auf Kontoeröffnung aus Art. 3 Abs. 1 GG zu. Denn als öffentlich-rechtliche Anstalt ist eine Sparkasse auch den Belangen des Verbraucherschutzes verpflichtet. Sie muss einem Unternehmen, bei dem der begründete Verdacht eines unseriösen Geschäftsgebarens besteht, ein kein Girokonto für Geschäftstätigkeiten bereit stellen. Ein begründeter Verdacht besteht jedenfalls dann, wenn es im Zusammenhang mit den geschäftlichen Aktivitäten des Unternehmens oder der darin verantwortlich handelnden Personen bereits zu nachhaltigen Verbraucherbeschwerden oder strafgerichtlichen Verfahren gekommen ist. Dies war hier der Fall. Insoweit bestand auch die Gefahr einer Rufschädigung für die Beklagte, wenn sie der Klägerin ein Konto zur Verfügung gestellt hätte. Das Vorliegen einer strafrechtlichen Verurteilung war hingegen nicht Voraussetzung.

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