30.09.2011

Squeeze out der früheren Aktionäre der HRE rechtens

Der Beschluss der außerordentlichen Hauptversammlung der Hypo Real Estate Holding AG vom 5.10.2009 hinsichtlich eines Squeeze outs der früheren Aktionäre der HRE steht mit dem GG und den Vorgaben des EG-Vertrages wie auch des Aktienrechts in Einklang. Insbes. stellen sowohl § 12 Abs. 4 FMStBG als auch § 5a des FMStFG verfassungsgemäße Rechtsgrundlagen für die getroffenen Maßnahmen dar.

OLG München 28.9.2011, 7 U 711/11
Der Sachverhalt:
Die beklagte Hypo Real Estate Holding AG geriet im Jahr 2008 in eine ihre Existenz bedrohende Krise. Die Erhöhung des Grundkapitals der Beklagten durch Ausgabe neuer Aktien führte dazu, dass der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) über einen Anteil am Grundkapital der Beklagten sowie über einen Stimmrechtsanteil von 90 Prozent verfügte. Im August 2009 verlangte die SoFFin vom Vorstand der Beklagten, die Hauptversammlung über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den SoFFin gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließen zu lassen.

Am 26. 8.2009 fasste der Aufsichtsrat der Beklagten einen Beschlussvorschlag für den Squeeze out. Die Beklagte lud zur außerordentlichen Hauptversammlung für den 5.10.2009 ein. Einziger Tagesordnungspunkt war der beantragte Squeeze out. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hatte im Vorfeld des vorliegenden Verfahrens beantragt, einen Beschlussvorschlag auf die Tagesordnung zu setzen, wonach den ausscheidenden Minderheitsaktionären auch das Recht eingeräumt werden solle, im Fall der Reprivatisierung - spätestens aber bis zum 30.6.2019 - ihre entzogenen Aktien zu gewissen Konditionen zurückzuerwerben.

Die Hauptversammlung der Beklagten stimmte dem vom SoFFin beantragten Squeeze out mit überwältigender Mehrheit zu. Die auf den Inhaber lautenden Stückaktien der Minderheitsaktionäre der Beklagten wurden gegen eine Barabfindung i.H.v. je 1,30 € auf den SoFFin als Hauptaktionär übertragen. Gegen diesen Beschluss gingen insgesamt 38 ehemalige Aktionäre der Beklagten gerichtlich vor.

Das LG wies diese Klagen ab. Die hiergegen gerichteten Berufungen einiger Kläger hatten vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Der angegriffene Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten ist weder aufgrund eines verfassungs- oder europarechtswidrigen Gesetzes ergangen noch verstößt er gegen das Gesetz oder die Satzung. Insbes. stellen sowohl § 12 Abs. 4 des Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetzes (FMStBG) als auch § 5a des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes (FMStFG) verfassungsgemäße Rechtsgrundlagen für die getroffenen Maßnahmen dar.

Keines der beiden Gesetze ist ein verbotenes Einzelfallgesetz. Im Einklang mit Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG gelten beide grundrechtseinschränkenden Gesetze vielmehr allgemein. Selbst wenn zum Zeitpunkt ihres Erlasses die Krise der Beklagten im Zentrum der Überlegungen stand, sind die Vorschriften auch auf weitere Finanzinstitute anwendbar. Im Hinblick auf die nicht vorhersehbaren Auswirkungen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise waren und sind eine Beteiligung des SoFFin mit der Möglichkeit eines anschließenden Squeeze out bei anderen Finanzinstituten nicht auszuschließen. Somit liegt kein getarntes Individualgesetz vor.

Die Möglichkeit des Hinausdrängens der Minderheitsaktionäre durch den Hauptaktionär nach den Vorschriften der §§ 327a ff. AktG durch Übertragung der Aktien auf den Hauptaktionär stellt auch keine Enteignungsregelung i.S.d. 14 Abs. 3 GG dar. § 327a Abs. 1 S. 1 AktG enthält vielmehr auch i.V.m. § 12 Abs. 4 FMStBG eine ausgewogene und damit verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Der aktuelle Vermögenswert der Beteiligung wird durch den Squeeze out erhalten, da die Übertragung der Aktien gegen eine angemessene Barabfindung erfolgen muss.

Der Übertragungsbeschluss vom 5.10.2009 ist auch nicht wegen eines behaupteten Verstoßes gegen Vorschriften des AktG oder sonstiger Vorschriften nichtig oder unwirksam. Zum Antrag der DSW war insoweit festhalten, dass der Beschluss über eine Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär nicht mit Auflagen oder Bedingungen versehen werden kann. Die Hauptversammlung der Beklagten kann ihren Hauptaktionär nicht verpflichten, wie er mit den erworbenen Aktien zu verfahren hat, da ansonsten die Beklagte ihren Alleinaktionär beherrschen würde. Wann, in welchem Umfang und zu welchem Preis der SoFFin die erworbenen Anteile verwertet, ist keine Angelegenheit der Beklagten, sondern des Alleinaktionärs.

Zudem liegt auch kein Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften vor. So ist der SoFFin nach § 5a S. 1 u. 2 FMStFG berechtigt, im Zusammenhang mit der Stabilisierung eines Unternehmens des Finanzsektors Anteile an diesem zu erwerben. Es liegen auch weder Verstöße gegen EU-Beihilferecht noch gegen Art. 3 u. 14 GG vor. Dass insbes. der Wert der Beteiligung in Zukunft eventuell wieder steigen (oder auch fallen) kann, beinhaltet nur eine von Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG nicht erfasste Chance. Der Gesetzgeber hat diese bei einem Squeeze out durch den SoFFin aber in § 13 FMStBG gesetzlich normiert: veräußert der Fonds seine Anteile wieder, soll den ausgeschiedenen Anteilseignern ein Bezugsrecht eingeräumt werden, so dass sie ihre gesellschaftsrechtliche Mitgliedschaft wieder erlangen können.

Linkhinweis:

Auf den Webseiten des OLG München finden Sie die ausführliche Pressemitteilung hier.

OLG München PM vom 28.9.2011
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