Streit um Abschluss eines Treuhandvertrages mit Rechtsanwalt als Treuhänder
OLG Brandenburg v. 21.3.2023 - 3 U 81/20
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft nach dem Recht der Schweiz. Der Beklagte ist Rechtsanwalt. Er steht seit etwa 2012 in geschäftlicher Beziehung zur H. LTD mit Sitz auf den Marshall Islands, die durch ihren Direktor D. P. vertreten wird. Am 1.6.2017 hatte B. 669.500 € von einer slowenischen Bank auf das deutsche Konto des Beklagten bei der Sparkasse überwiesen. Als Verwendungszweck war "W. F. KRITJE SECURITY DEPOSIT LOAN AGREEMENT" angegeben.
Dieser Überweisung lag nach dem Vortrag der Klägerin ein "Vertrag über ein Darlehen ohne Rückgriffsmöglichkeit mit Versicherung" (Non Recourse Term Loan Agreement with insurance) zwischen der Br. AG in establishment, vertreten durch ihren Präsidenten B., und der H. LTD vom 1.6.2017 zugrunde. In dem in englischer Sprache abgefassten Vertrag verpflichtete sich die H. LTD als Darlehensgeber, der Br. AG in establishment ein Darlehen über 248.000.000 € auszuzahlen. Zuvor sollte die Darlehnsnehmerin jedoch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 650.000 € an den Treuhänder zahlen:
Der Vertrag ist auf S. 6 unterzeichnet von dem Director der H. LTD, D. P., und dem President of the Management Board der Br. AG in establishment, B.. Unter der Überschrift LAW FIRM findet sich unter den Unterschriften der Vertragsparteien ein Stempelabdruck. Über beides hinweg geschrieben befindet sich eine Unterschrift. Die Klägerin hat behauptet, diese Unterschrift stamme vom Beklagten. Ab dem 6.6.2017 erfolgten von dem genannten Konto des Beklagten verschiedene Barauszahlungen und Überweisungen. Eine Auszahlung des Darlehens an die Klägerin erfolgte nicht. Die Klägerin kündigte den Darlehensvertrag am 12.4.2018 und forderte die H. LTD zur Rückzahlung der Sicherheitsleistung. Der Beklagte wies den Anspruch zurück. Wegen dieses Sachverhalts hat die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten wegen des Verdachts der Untreue eingeleitet.
Die Klägerin hat behauptet, der Präsident des Verwaltungsbeirats der Klägerin, B., habe die Zahlung von 669.500 € für die Klägerin auf das Konto des Beklagten geleistet und sämtliche Rückerstattungsansprüche aus diesem Zahlungsvorgang an die Klägerin abgetreten. Die Klägerin sei am 1.6.2017 bereits gegründet gewesen. Sie war der Ansicht, dass der Beklagte der Klägerin die Rückzahlung der überwiesenen Summe aus unerlaubter Handlung und Bereicherungsrecht schulde.
Das LG hat der Klage auf Rückzahlung der hinterlegten Summe von 650.000 € und des zudem überwiesenen Honorars i.H.v. 19.500 €stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten blieb vor dem OLG erfolglos.
Die Gründe:
Zwischen den Parteien bzw. B. und dem Beklagten bestand ein Treuhandverhältnis. Unerheblich war, ob die Darlehensnehmerin selbst Vertragspartei eines Treuhandvertrags mit dem Beklagten geworden ist oder, ob es sich bei dem Treuhandvertrag des Beklagten mit der H. LTD um einen echten Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) handelte. Entweder hat der Beklagte mit seiner Unterschrift als Treuhänder in dem Darlehensvertrag dem Vertragspartner der H. LTD das Angebot auf Abschluss eines Treuhandvertrages gemacht. Dazu war es nicht erforderlich, dass er selbst bei dem Vertragsabschluss zugegen war. Mit der Vorlage des schon von dem Beklagten als Treuhänder unterzeichneten Vertrages überbrachte die H. LTD die Willenserklärung des Beklagten als Bote. Der Vertragspartner der H. LTD nahm dieses Angebot mit seiner Unterschrift an. Dass es sich bei diesem Vertrag um einen Treuhandauftrag des Darlehensnehmers an den Treuhänder handelte, ergab sich schon daraus, dass dieser die Sicherheit, auf deren treuhänderische Verwaltung es zur Sicherheit des Treugebers ankam, zu leisten hatte und zudem die Vergütung des Treuhänders trug.
Aber auch wenn man in der Unterschrift als Treuhänder kein Angebot des Beklagten an den Darlehensnehmer zum Abschluss eines Treuhandvertrags sah, so dass lediglich vertragliche Beziehungen des Beklagten mit der H. LTD bestanden, wäre dieser Treuhandvertrag nach der Ausgestaltung in dem Darlehensvertrag ein echter Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB), nämlich zugunsten des Darlehensnehmers und Sicherungsgebers und würde dieselben Pflichten des Treuhänders für den Darlehensnehmer begründen. Entscheidend war nur, ob der Stempelaufdruck und die Unterschrift des Treuhänders in dem Vertrag tatsächlich vom Beklagten stammten. Und der Senat war davon überzeugt, dass es so war. Der Senat stützte seine Überzeugung u.a. auf das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft. Dabei wurde nicht verkannt, dass der Grad der Wahrscheinlichkeit für sich genommen für eine hinreichende Überzeugung der Echtheit von Stempel und Unterschrift nicht ausreicht. Es kamen aber weitere Gesichtspunkte hinzu. So befand sich auf dem Vertrag nicht nur eine Unterschrift, die mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Beklagten stammt, sondern auch noch der Stempel seiner Anwaltskanzlei.
Der Vertrag war letztlich nicht wegen eines Verstoßes gegen § 43a Abs. 4 BRAO unwirksam. Es mag sein, dass der Beklagte für die H. LTD als Treuhänder tätig war. Die Wirksamkeit des Treuhandvertrags mit dem Darlehensnehmer wurde hiervon aber nicht berührt. § 43 a Abs. 4 BRAO setzt voraus, dass der Rechtsanwalt bei beiden Tätigkeiten im Kernbereich der rechtsbesorgenden anwaltlichen Tätigkeit handelt. Ein Verstoß gegen § 43 a Abs. 4 BRAO lag deshalb nicht vor, weil die Tätigkeit für den Darlehensnehmer nicht dem Kernbereich anwaltlicher Berufsausübung zuzuordnen war. Es fehlte hier an jeglicher anwaltstypischen Verpflichtung, weil die Treuhand hier mit keiner Pflicht zur Rechtsberatung verbunden war.
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Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft nach dem Recht der Schweiz. Der Beklagte ist Rechtsanwalt. Er steht seit etwa 2012 in geschäftlicher Beziehung zur H. LTD mit Sitz auf den Marshall Islands, die durch ihren Direktor D. P. vertreten wird. Am 1.6.2017 hatte B. 669.500 € von einer slowenischen Bank auf das deutsche Konto des Beklagten bei der Sparkasse überwiesen. Als Verwendungszweck war "W. F. KRITJE SECURITY DEPOSIT LOAN AGREEMENT" angegeben.
Dieser Überweisung lag nach dem Vortrag der Klägerin ein "Vertrag über ein Darlehen ohne Rückgriffsmöglichkeit mit Versicherung" (Non Recourse Term Loan Agreement with insurance) zwischen der Br. AG in establishment, vertreten durch ihren Präsidenten B., und der H. LTD vom 1.6.2017 zugrunde. In dem in englischer Sprache abgefassten Vertrag verpflichtete sich die H. LTD als Darlehensgeber, der Br. AG in establishment ein Darlehen über 248.000.000 € auszuzahlen. Zuvor sollte die Darlehnsnehmerin jedoch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 650.000 € an den Treuhänder zahlen:
Der Vertrag ist auf S. 6 unterzeichnet von dem Director der H. LTD, D. P., und dem President of the Management Board der Br. AG in establishment, B.. Unter der Überschrift LAW FIRM findet sich unter den Unterschriften der Vertragsparteien ein Stempelabdruck. Über beides hinweg geschrieben befindet sich eine Unterschrift. Die Klägerin hat behauptet, diese Unterschrift stamme vom Beklagten. Ab dem 6.6.2017 erfolgten von dem genannten Konto des Beklagten verschiedene Barauszahlungen und Überweisungen. Eine Auszahlung des Darlehens an die Klägerin erfolgte nicht. Die Klägerin kündigte den Darlehensvertrag am 12.4.2018 und forderte die H. LTD zur Rückzahlung der Sicherheitsleistung. Der Beklagte wies den Anspruch zurück. Wegen dieses Sachverhalts hat die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten wegen des Verdachts der Untreue eingeleitet.
Die Klägerin hat behauptet, der Präsident des Verwaltungsbeirats der Klägerin, B., habe die Zahlung von 669.500 € für die Klägerin auf das Konto des Beklagten geleistet und sämtliche Rückerstattungsansprüche aus diesem Zahlungsvorgang an die Klägerin abgetreten. Die Klägerin sei am 1.6.2017 bereits gegründet gewesen. Sie war der Ansicht, dass der Beklagte der Klägerin die Rückzahlung der überwiesenen Summe aus unerlaubter Handlung und Bereicherungsrecht schulde.
Das LG hat der Klage auf Rückzahlung der hinterlegten Summe von 650.000 € und des zudem überwiesenen Honorars i.H.v. 19.500 €stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten blieb vor dem OLG erfolglos.
Die Gründe:
Zwischen den Parteien bzw. B. und dem Beklagten bestand ein Treuhandverhältnis. Unerheblich war, ob die Darlehensnehmerin selbst Vertragspartei eines Treuhandvertrags mit dem Beklagten geworden ist oder, ob es sich bei dem Treuhandvertrag des Beklagten mit der H. LTD um einen echten Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) handelte. Entweder hat der Beklagte mit seiner Unterschrift als Treuhänder in dem Darlehensvertrag dem Vertragspartner der H. LTD das Angebot auf Abschluss eines Treuhandvertrages gemacht. Dazu war es nicht erforderlich, dass er selbst bei dem Vertragsabschluss zugegen war. Mit der Vorlage des schon von dem Beklagten als Treuhänder unterzeichneten Vertrages überbrachte die H. LTD die Willenserklärung des Beklagten als Bote. Der Vertragspartner der H. LTD nahm dieses Angebot mit seiner Unterschrift an. Dass es sich bei diesem Vertrag um einen Treuhandauftrag des Darlehensnehmers an den Treuhänder handelte, ergab sich schon daraus, dass dieser die Sicherheit, auf deren treuhänderische Verwaltung es zur Sicherheit des Treugebers ankam, zu leisten hatte und zudem die Vergütung des Treuhänders trug.
Aber auch wenn man in der Unterschrift als Treuhänder kein Angebot des Beklagten an den Darlehensnehmer zum Abschluss eines Treuhandvertrags sah, so dass lediglich vertragliche Beziehungen des Beklagten mit der H. LTD bestanden, wäre dieser Treuhandvertrag nach der Ausgestaltung in dem Darlehensvertrag ein echter Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB), nämlich zugunsten des Darlehensnehmers und Sicherungsgebers und würde dieselben Pflichten des Treuhänders für den Darlehensnehmer begründen. Entscheidend war nur, ob der Stempelaufdruck und die Unterschrift des Treuhänders in dem Vertrag tatsächlich vom Beklagten stammten. Und der Senat war davon überzeugt, dass es so war. Der Senat stützte seine Überzeugung u.a. auf das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft. Dabei wurde nicht verkannt, dass der Grad der Wahrscheinlichkeit für sich genommen für eine hinreichende Überzeugung der Echtheit von Stempel und Unterschrift nicht ausreicht. Es kamen aber weitere Gesichtspunkte hinzu. So befand sich auf dem Vertrag nicht nur eine Unterschrift, die mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Beklagten stammt, sondern auch noch der Stempel seiner Anwaltskanzlei.
Der Vertrag war letztlich nicht wegen eines Verstoßes gegen § 43a Abs. 4 BRAO unwirksam. Es mag sein, dass der Beklagte für die H. LTD als Treuhänder tätig war. Die Wirksamkeit des Treuhandvertrags mit dem Darlehensnehmer wurde hiervon aber nicht berührt. § 43 a Abs. 4 BRAO setzt voraus, dass der Rechtsanwalt bei beiden Tätigkeiten im Kernbereich der rechtsbesorgenden anwaltlichen Tätigkeit handelt. Ein Verstoß gegen § 43 a Abs. 4 BRAO lag deshalb nicht vor, weil die Tätigkeit für den Darlehensnehmer nicht dem Kernbereich anwaltlicher Berufsausübung zuzuordnen war. Es fehlte hier an jeglicher anwaltstypischen Verpflichtung, weil die Treuhand hier mit keiner Pflicht zur Rechtsberatung verbunden war.
Aufsatz
David Ganss / Maximilian Licht
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