11.04.2023

Streit um die Werbung eines Mobilfunkproviders

Die Werbung eines Mobilfunkproviders mit den Begriffen "D-Netz", "D-Netz Qualität" oder "D-Netz Garantie" ist nicht gem. § 5 Abs. 1 UWG als irreführend zu untersagen, wenn der Kunde mit den beworbenen Tarifen in den Netzen der Deutschen Telekom oder Vodafones telefonieren und surfen kann. Eine vergleichende Werbung i.S.d. § 6 Abs. 1 UWG liegt auch in einem Markt mit nur drei Anbietern wie den Mobilfunknetzbetreibern in Deutschland nicht vor, wenn die Werbung die Netzqualität zweier Anbieter hervorhebt ("Komm in die Welt des vollen Empfangs"), aber keinen Bezug zum dritten Anbieter herstellt.

OLG Hamburg v. 30.3.2023 - 15 U 63/22
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin hat im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt, es der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, geschäftlich handelnd Mobilfunktarife mit den Worten

"KOMM IN DIE WELT DES VOLLEN EMPFANGS - Hier bei k.m. bekommst Du günstige Handytarife in bester D-Netz Qualität."

zu bewerben.

Zudem hielt die Antragstellerin die Werbung mit einer "D-Netz Garantie" für irreführend, da dies nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise zum Ausdruck bringe, dass den von der Antragsgegnerin im D-Netz bereitgestellten Leistungen allein deshalb eine besondere Qualität zukomme, da diese im D-Netz erbracht werden. Weiter begehrte die Antragstellerin das Verbot, Mobilfunktarife mit

"Das D-Netz wird von der Telekom oder der Vodafone bereitgestellt. Du bist mit den Tarifen von k.m. also im Netz von einem dieser beiden Anbieter unterwegs und genießt dieselbe Netzqualität."

zu bewerben.

Zuletzt begehrte die Antragstellerin das Verbot, Mobilfunktarife mit

"D-Netz Partner von Telekom Deutschland und Vodafone - Mit den Tarifen von k.m. bist Du in den Netzen der beiden großen Anbieter und genießt dieselbe Netzqualität"

zu bewerben.

Das LG hat den Anträgen teilweise stattgegeben. Auf die Berufung der Antragsgegnerin hat das OLG das Urteil abgeändert, die erlassene einstweilige Verfügung aufgehoben und die auf Erlass gerichteten Anträge zurückgewiesen.

Die Gründe:
Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung waren unbegründet, da die Antragstellerin jeweils die Voraussetzungen für die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nach §§ 8 Abs. 1, 3 UWG nicht glaubhaft gemacht hatte, §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO.

Die Bewerbung der antragsgegnerischen Tarife mit "beste D-Netz Qualität" waren nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als täuschend und damit irreführend anzusehen. Die Werbung eines Mobilfunkproviders mit den Begriffen "D-Netz", "D-Netz Qualität" oder "D-Netz Garantie" ist nämlich nicht gem. § 5 Abs. 1 UWG als irreführend zu untersagen, wenn der Kunde mit den beworbenen Tarifen in den Netzen der Deutschen Telekom oder Vodafones telefonieren und surfen kann. Man kann zwar davon ausgehen, dass jüngeren Verbrauchern, die die Anfänge des Mobilfunkwesens nicht selbst miterlebt haben, die o.g. Begrifflichkeiten insbesondere zum D-Netz nicht vertraut sind. Trotzdem wird auch bei diesem Teil des angesprochenen Verkehrs durch die angegriffene Werbung keine rechtlich relevante Fehlvorstellung erzeugt. Denn wer den Begriff D-Netz aus früheren Zeiten nicht kennt, wird mit ihm schlicht gar nichts anfangen können.

Auch der vorangestellte Slogan "KOMM IN DIE WELT DES VOLLEN EMPFANGS" ist nicht unlauter gem. §§ 3 Abs. 1, 5, 6 Abs. 2 Nr. 5, § 4 Nr. 4 UWG. Hierbei handelt es sich um eine plakativ-übertreibende Werbung für ein gutes Handynetz, wie es diejenigen von Telekom und Vodafone unstreitig sind. Der Slogan besagt in bildlich-märchenhafter Sprache, dass der Nutzer einen Mobilfunkanschluss mit guter Netzqualität bekommt. Dabei erwartet niemand eine hundertprozentige Netzabdeckung an jedem Ort zu jeder Zeit. Denn dem aufgeklärten Verbraucher, der sich mit Mobilfunktarifen auseinandersetzt, ist klar, dass dies derzeit technisch noch nicht möglich ist. Er erwartet unter "vollem Empfang" den derzeit bestmöglichen durchschnittlichen Empfang, wie Telekom und Vodafone ihn bieten.

Die Werbung mit einer "D-Netz Garantie" besagt nichts anderes, als dass der Kunde bei Abschluss eines entsprechenden Tarifs bei der Antragsgegnerin garantiert im D-Netz telefonieren werde. Dies wird, spätestens nach Lektüre des verlinkten Erklärungstexts, zutreffend so verstanden, dass man das Telekom- oder Vodafone-Netz benutzt. Da dies unstreitig tatsächlich der Fall ist, liegt eine unwahre oder sonst zur Täuschung geeignete Angabe i.S.d. § 5 Abs. 1 UWG erneut nicht vor. Eine Spitzenstellungsbehauptung ist der Angabe "D-Netz Garantie" weder dem Wortlaut noch dem sonstigen Sinngehalt nach zu entnehmen.

Auch die angegriffene Passage, die auf der Webseite der Antragsgegnerin den Begriff D-Netz erklären soll, ist nicht irreführend. Sie enthält weder unwahre Angaben, noch ist sie sonst zur Täuschung der Verbraucher, etwa über wesentliche Merkmale der beworbenen Mobilfunktarife geeignet, § 5 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 UWG a.F. (= § 5 Abs. 1, 2 Nr. 1 UWG n.F.). Keiner der enthaltenen Sätze, auch nicht der Text in seiner Gesamtheit inklusive seiner Überschrift sind geeignet, die angesprochenen Verbraucher maßgeblich zu täuschen.

Soweit die Antragstellerin schließlich geltend gemacht hatte, die Behauptung, bei Telekom und Vodafone würde es sich um die "beiden großen Anbieter" handeln, sei falsch und irreführend, da die Antragstellerin im Mobilfunkbereich gerade hinsichtlich der Kundenzahl jedenfalls nicht kleiner als die Telekom und Vodafone ist, konnte Letzteres unterstellt werden. Eine vergleichende Werbung i.S.d. § 6 Abs. 1 UWG liegt auch in einem Markt mit nur drei Anbietern wie den Mobilfunknetzbetreibern in Deutschland nicht vor, wenn die Werbung die Netzqualität zweier Anbieter hervorhebt ("Komm in die Welt des vollen Empfangs"), aber keinen Bezug zum dritten Anbieter herstellt. Hierin liegt auch keine Herabsetzung der Leistungen des dritten Mitbewerbers i.S.d. § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG und erst recht keine gezielte Behinderung gem. § 4 Nr. 4 UWG. Es ist nicht anzunehmen, dass Verbraucher einer Werbung entgegen ihrem Wortlaut ein Versprechen entnehmen, das bekanntermaßen technisch nicht möglich ist und deshalb völlig unüblich wäre.

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Aufsatz:
Irreführende Werbung mit "Klimaneutralität"
Stefan Ernst, MDR 2022, 1320

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