21.03.2022

Stromnetzbetreiber mit Teilerfolg: Xgen muss neu festgelegt werden

In den Verfahren gegen die Festlegung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors (Xgen) für die dritte Regulierungsperiode durch die Bundesnetzagentur haben die Beschwerden zahlreicher Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen zu einem Teilerfolg geführt. Die Bundesnetzagentur hat die Höhe des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors i.S.d. § 9 Abs. 3 der Anreizregulierungsverordnung (ARegV) im Wesentlichen deswegen rechtswidrig ermittelt, weil sie den sog. Betrachtungszeitraum (Stützintervall) beurteilungsfehlerhaft ausgewählt hat.

OLG Düsseldorf v. 16.3.2022 - VI-3 Kart 128/19 [V] u.a.
Hintergrund:
Im Rahmen der Anreizregulierung werden von den Regulierungsbehörden die Erlösobergrenzen bestimmt, die mithilfe des Verbraucherpreisgesamtindex an die allgemeine Geldentwicklung mit einem Zweijahresverzug jährlich angepasst werden. Die Anpassung geschieht unter Einbeziehung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors, der sich aus der Abweichung des netzwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritts vom gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritt und der gesamtwirtschaftlichen Einstandspreisentwicklung von der netzwirtschaftlichen Einstandspreisentwicklung ergibt. Während der Verordnungsgeber den generellen sektoralen Produktivitätsfaktor für Gas- und Stromnetzbetreiber für die erste Regulierungsperiode auf 1,25 Prozent und für die zweite Regulierungsperiode auf 1,5 Prozent jährlich festgelegt hat, hat seit der dritten Regulierungsperiode die Bundesnetzagentur den generellen sektoralen Produktivitätsfaktor jeweils vor Beginn einer Regulierungsperiode für die gesamte Regulierungsperiode nach Maßgabe von Methoden, die dem Stand der Wissenschaft entsprechen, zu ermitteln. Die Ermittlung hat unter Einbeziehung der Daten von Netzbetreibern aus dem gesamten Bundesgebiet für einen Zeitraum von mindestens vier Jahren zu erfolgen.

Der Sachverhalt:
Am 28.11.2018 erließ die Bundesnetzagentur den Beschluss zur Festlegung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors für die Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen (Az. BK4-18-056) und setzte diesen unter Anwendung zweier unterschiedlicher Berechnungsmethoden auf 0,90 Prozent fest. Gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur legten rd. 500 Netzbetreiber beim OLG Beschwerde ein.

Das OLG gab den Beschwerden in 13 repräsentativen Musterverfahren statt. Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Die Rechtsbeschwerde zum BGH wurde zugelassen, da die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung haben und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienen.

Die Gründe:
Die Bestimmung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors ist bei einer der angewandten Berechnungsmethoden mit Blick auf den von der Bundesnetzagentur gewählten Betrachtungszeitraum - das sog. Stützintervall - von 2006 bis 2017 wegen der Einbeziehung des Jahres 2006 als rechtsfehlerhaft zu beanstanden.

Das Stützintervall erweist sich im Rahmen der erforderlichen Plausibilisierung wegen der Einbeziehung des Jahres 2006 unter verschiedenen Gesichtspunkten als nicht hinreichend aussagekräftig und belastbar. Andere Stützintervalle erscheinen als Prognosegrundlage deutlich überlegen. Damit genügt die den maßgeblichen Betrachtungszeitraum betreffende Auswahlentscheidung der Bundesnetzagentur nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Ermittlung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors.

Die Bundesnetzagentur wird verpflichtet, über die Festlegung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors für Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen für die 3. Regulierungsperiode in der Anreizregulierung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden. Die zahlreichen weiteren von den Beschwerdeführerinnen gegen die Festsetzung erhobenen Einwendungen sind dagegen nicht begründet.
OLG Düsseldorf PM vom 17.3.2022
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