03.09.2024

Suchmaschine haftet für rechtswidrige Suchergebnisse

Der Betreiber einer Internetsuchmaschine ist bezüglich der angezeigten Suchergebnisse auch dann Verantwortlicher i.S.d. Art. 4 Nr. 7 DSGVO, wenn er den Nutzern lediglich den Zugang zu der Suchmaschine anbietet und die von einer anderen Konzerngesellschaft aufbereiteten Suchergebnisse lediglich anzeigt. Nach EuGH-Rechtsprechung obliegt der Person, die wegen der Unrichtigkeit eines aufgelisteten Inhalts die Auslistung begehrt, der Nachweis, dass die in diesem Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind oder zumindest ein für diesen gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil dieser Informationen offensichtlich unrichtig ist.

OLG Köln v. 4.7.2024 - 15 U 60/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger war von Anfang bis Ende 2019 Beisitzer im Vorstand des Kreisverbandes einer Partei. Die Beklagte betreibt u.a. in Deutschland eine Internetsuchmaschine. Der Kläger wandte sich dagegen, dass in Deutschland in den Suchergebnissen bei der Beklagten auf einen im Jahr 2019 veröffentlichten Artikel verlinkt wird. Der Artikel befasst sich kritisch mit verschiedenen Lokalpolitikern der Partei des Klägers. Er enthält in zwei Absätzen auch Ausführungen zur Person des Klägers. Außerdem ist dort ein Lichtbild zu sehen, das den Kläger in einer Uniform zeigt.

Das LG hat die auf Unterlassung und hilfsweise auf Löschung gerichtete Klage abgewiesen, da die Beklagte nicht passivlegitimiert sei. Auf die Berufung des Klägers hat das OLG die Entscheidung abgeändert und der Klage stattgegeben.

Die Gründe:
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO.

In Fällen, in denen ein Betroffener - wie der Kläger - vom Betreiber einer Internetsuchmaschine die Auslistung bestimmter Ergebnislinks verlangt, ist das in Art. 17 Abs. 1 DSGVO niedergelegte Recht auf Löschung schon aufgrund der für den Betroffenen letztlich unwägbaren und zudem stetem Entwicklungsfortschritt unterworfenen technischen Voraussetzungen der beanstandeten Datenverarbeitung nicht auf das schlichte Löschen von Daten zu verengen, sondern es umfasst unabhängig von der technischen Umsetzung auch das Begehren, eine erneute Listung zu unterlassen (vgl. BGH, Beschl. v. 26.9.2023 - VI ZR 97/22). Die Haftung der Beklagten ist nicht subsidiär gegenüber der Haftung derjenigen Personen, die für die Veröffentlichung des Artikels aus 2019 unmittelbar verantwortlich sind.

Entgegen der Auffassung des LG ist die Beklagte auch Verantwortlicher. Ein solcher ist nach Art. 4 Nr. 7 DSGVO die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet. Unerheblich ist es, dass die Beklagte nach ihrem Vortrag lediglich den Zugang zu der Suchmaschine anbietet. Der Betreiber einer Internetsuchmaschine ist bezüglich der angezeigten Suchergebnisse nämlich auch dann Verantwortlicher i.S.d. Art. 4 Nr. 7 DSGVO, wenn er den Nutzern lediglich den Zugang zu der Suchmaschine anbietet und die von einer anderen Konzerngesellschaft aufbereiteten Suchergebnisse lediglich anzeigt.

Die personenbezogenen Daten des Klägers werden unrechtmäßig verarbeitet (Art. 17 Abs. 1 Buchstabe d DSGVO) und die Verarbeitung ist nicht erforderlich zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information (Art. 17 Abs. 3 Buchstabe a DSGVO). Nach EuGH-Rechtsprechung obliegt der Person, die wegen der Unrichtigkeit eines aufgelisteten Inhalts die Auslistung begehrt, der Nachweis, dass die in diesem Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind oder zumindest ein für diesen gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil dieser Informationen offensichtlich unrichtig ist. Damit dieser Person jedoch keine übermäßige Belastung auferlegt wird, die die praktische Wirksamkeit des Rechts auf Auslistung beeinträchtigen könnte, hat sie lediglich die Nachweise beizubringen, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls von ihr vernünftigerweise verlangt werden können, um diese offensichtliche Unrichtigkeit festzustellen (vgl. EuGH, Urt. v. 8.12.2022 - C-460/20; BGH-Urt. v. 23.5.2023 - VI ZR 476/18). Gemessen daran hatte der Kläger den ihm obliegenden Nachweis durch sein Vorbringen in der Klageschrift geführt.

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