Treuhandvollmacht mit wirtschaftlichem Schwerpunkt stellt in der Regel keine erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung dar
BGH 11.10.2011, XI ZR 415/10Die Beklagten wurden im Jahr 1997 geworben, sich an einem Immobilienfonds zu beteiligen. Hierzu unterschrieben sie einen formularmäßigen Zeichnungsschein, in dem sie der Treuhänderin, die nicht über eine Erlaubnis nach dem RBerG a.F. verfügte, den Abschluss eines Treuhandvertrages anboten und diese beauftragten, ihren wirtschaftlichen Beitritt zu der Fondsgesellschaft mit einer Anteilssumme von 40.000 DM zzgl. 5% Agio zu bewirken. Der Schwerpunkt der Treuhänderin im Treuhandvertrag lag in der erteilten Vollmacht zur "Vornahme aller Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen zur Erreichung des Gesellschaftszweckes" und zur Vertretung in allen Angelegenheiten, die "mit dem wirtschaftlichen Beitritt des Treugebers zur Gesellschaft" zusammenhingen.
Die Klägerin gewährte den Beklagten ein Finanzierungsdarlehen i.H.v. rund 46.666 DM brutto. Die Klägerin schrieb den Nettokreditbetrag von 42.000 DM dem Konto der Treuhänderin gut, die ihn zum Erwerb des Fondsanteils verwendete. Im weiteren Verlauf stritten die Parteien um Rückforderungs- und Feststellungsansprüche. Das auf die Feststellung der Wirksamkeit des Darlehensvertrages und des Nichtbestehens eines Widerrufsrechtes der Beklagten nach dem HWiG gerichtete Klagebegehren erklärten die Parteien nach Erhebung der Widerklage übereinstimmend für erledigt. Mit ihrer Widerklage begehrten die Beklagten u.a. wegen eines Verstoßes gegen das RBerG die Entlassung aus dem Darlehensvertrag Zug um Zug gegen Abtretung des Fondsanteils.
Das LG verurteilte die Klägerin aufgrund ihres Anerkenntnisses unter Abweisung der weitergehenden Widerklage zur Zinsneuberechnung. Die weiteren Rechtsmittel der Beklagten blieben erfolglos.
Die Gründe:
Der zwischen den Beklagten und der Treuhänderin abgeschlossene Treuhandvertrag war nicht wegen eines Verstoßes gegen das RBerG nichtig, da der Schwerpunkt der Tätigkeit der Treuhänderin im Verhältnis zu den Beklagten nicht auf rechtlichem, sondern auf wirtschaftlichem Gebiet lag.
Bei der Abgrenzung erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechtsbesorgung ist auf den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen, weil eine Besorgung fremder Geschäfte außer mit wirtschaftlichen Belangen vielfach auch mit rechtlichen Vorgängen verknüpft ist. Von einer erlaubnispflichtigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ist deshalb auszugehen, wenn die Tätigkeit des Treuhänders den Abschluss eines ganzen Bündels von Verträgen für den Treugeber mit mannigfaltigem rechtlichem Beratungsbedarf zum Gegenstand hat und nicht nur auf die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange beschränkt ist. Im vorliegenden Fall lag der Schwerpunkt der Tätigkeit der Treuhänderin allerdings ausschließlich im wirtschaftlichen Bereich.
Auch die Vollmacht der Treuhänderin zum Abschluss eines Steuerberatungsvertrages für die Fondsgesellschaft und die einzelnen Treugeber-Gesellschafter war nicht erlaubnispflichtig i.S.d. Art. 1 § 1 RBerG a.F. Denn die Treuhänderin wird hierdurch lediglich zur Auswahl des Steuerberaters ermächtigt, was noch keine rechtsberatende Tätigkeit darstellt. Gleiches galt für die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte, insbesondere der Auskunfts- und Überwachungsrechte der Beklagten als Treugeber-Gesellschafter und die der Treuhänderin erteilte Zeichnungs- und Empfangsvollmacht. Beide Aktivitäten sind unverzichtbare Bestandteile der Verwaltung einer Fondsbeteiligung mittelbarer Gesellschafter durch einen Treuhänder auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen i.S.v. §§ 662 ff. u. 675 f. BGB.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.