16.07.2013

Unfallversicherung haftet für Tod infolge einer Infektion nach Dornenstich beim Rosenschneiden

Der Stich mit einem Rosendorn erfüllt das Unfallbegriffs-Merkmal "von außen auf den Körper wirkend", da es sich um einen Zusammenstoß des Körpers mit einer Sache handelt. Ist in den Bedingungen einer Unfallzusatzversicherung der Versicherungsschutz für den Fall ausgeschlossen, dass eine Infektion durch eine nur geringfügige Haut- oder Schleimhautverletzung verursacht wurde, so muss der Versicherer die Geringfügigkeit einer derartigen Verletzung (hier: durch einen Rosendornen-Stich) beweisen.

OLG Karlsruhe 11.7.2013, 12 U 12/13
Der Sachverhalt:
Der Ehemann der Klägerin hatte bei der Beklagten u.a. eine Versicherung für den Fall des Unfalltodes mit einer garantierten Leistung von 15.000 € abgeschlossen. Die Klägerin ist Bezugsberechtigte der Versicherung.

Der Ehemann der Klägerin verletzte sich beim Schneiden von Rosenstöcken im September 2010 am linken Mittelfinger durch einen Rosendorn. Wegen dieser Verletzung wurde er zunächst stationär behandelt, da eine Infektion mit Staphylococcus aureus festgestellt worden war. Aufgrund dieser Infektion musste der linke Mittelfinger teilweise amputiert werden. Nach einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustandes verstarb der Ehemann im April 2011 wegen einer Sepsis bei Staphylococcus aureus-Bakteriämie.

Die maßgeblichen Bedingungen der Unfallzusatzversicherung lauten:

"§ 2: Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.
§ 3: In welchen Fällen ist der Versicherungsschutz ausgeschlossen?
i) Infektionen
Wir werden jedoch leisten, wenn die Krankheitserreger durch eine unter diese Versicherung fallende Unfallverletzung in den Körper gelangt sind. Nicht als Unfallfolgen gelten dabei Haut- oder Schleimhautverletzungen, die als solche geringfügig sind und durch die Krankheitserreger sofort oder später, in den Körper gelangen; für Tollwut und Wundstarrkrampf entfällt diese Einschränkung."

Das LG wies die auf Auszahlung der Leistung für den Todesfall gerichtete Klage ab. Die Klägerin habe nicht bewiesen, dass ihr Ehemann eine Verletzung erlitten habe, die über eine geringe Hautverletzung im Sinne der vereinbarten Versicherungsbedingungen hinausgegangen sei. Es könne offen bleiben, ob es sich überhaupt um einen Unfall gehandelt habe. Auf die Berufung der Klägerin änderte das OLG das Urteil ab und gab der Klage statt. Das Urteil ist rechtskräftig

Die Gründe:
Die Beklagte ist zur Zahlung von 15.000 € an die Klägerin verpflichtet.

Es liegt ein Unfall vor. Klassische Fälle für das Merkmal "von außen auf den Körper wirkend" sind Zusammenstöße des Körpers mit Sachen, Tieren oder anderen Personen, ein solcher Zusammenstoß mit einer Sache liegt auch bei einem Stich mit einem Rosendorn vor. Der Unfallbegriff wäre zwar nicht erfüllt, wenn die Eigenbewegung und die Kollision gewollt gewesen und dabei lediglich eine ungewollte Gesundheitsbeschädigung eingetreten wäre. Vorliegend liegen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Versicherte bewusst in einen Rosendorn gefasst haben könnte. Unstreitig hat sich der Versicherte an einem Rosendorn infiziert und ist aufgrund der Infektion verstorben.

Eine Leistung ist auch nicht aufgrund der Infektionsklausel ausgeschlossen. Nach dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen ist der Versicherungsschutz nur dann ausgeschlossen, wenn die Krankheitserreger lediglich durch eine "Haut- oder Schleimhautverletzung", die als solche geringfügig ist, in den Körper gelangt ist. Bei einer Verletzung an einem Rosendorn ist jedoch nicht gesichert, dass lediglich Haut- oder Schleimhautschichten durchstochen worden sind. Möglich ist es auch, dass der Rosendorn tieferliegendes Gewebe erfasst hat. Dass dies hier nicht geschehen ist, hätte die beklagte Versicherung beweisen müssen. Ein Beweisantritt ist aber trotz der Beweislast der Versicherung für das Vorliegen von Leistungsausschlüssen nicht erfolgt.

OLG Karlsruhe PM vom 16.7.2013
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