11.06.2024

Unlautere Methode zur Durchsetzung der Beitragserhöhung eines Fitness-Studios

Die Aufforderung an die Mitglieder eines Fitness-Studios, mit dem Durchschreiten des Drehkreuzes am Eingang gleichzeitig einer geforderten Beitragserhöhung zuzustimmen, stellt sich als unzulässige aggressive geschäftliche und damit unlautere geschäftliche Handlung dar. Entsprechende Vertragsklauseln verstoßen außerdem gegen gesetzliche Regelungen für allgemeine Geschäftsbedingungen.

LG Bamberg v. 15.3.2024 - 13 O 730/22 UKlaG
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten um die Zulässigkeit der von der Beklagten angewandten Methode zur Durchsetzung einer Erhöhung der Mitgliedsbeiträge. Die Beklagte betreibt Fitness-Studios. Die Kontrolle der Zutrittsberechtigung erfolgt in diesen Studios über Drehkreuze. Hierzu legen die Mitglieder ihren persönlichen Mitgliedsausweis auf eine Kontaktfläche auf dem Drehkreuz, wodurch dieses - sofern keine im System hinterlegten Ausschlussgründe vorliegen - entsperrt und der Zugang zum Fitness-Studio eröffnet wird.

Die Beklagte hat nunmehr durch Aushang und per E-Mail bestimmt, dass die Mitglieder ihrer Fitness-Studios eine Zustimmung zur Preiserhöhung dadurch erklären, dass sie das Drehkreuz im Eingangsbereich des Studios passieren.

Die Klage auf Unterlassung dieser Vorgehensweise zur Beitragserhöhung hatte Erfolg.

Die Gründe:
Das klägerseits gerügte Verhalten stellt eine unzulässige aggressive geschäftliche und damit unlautere Handlung i.S.d. §§ 3 Abs. 1, 4a Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 2 und Nr. 3, S. 3 UWG dar.

Die an ihre Mitglieder gerichtete Aufforderung der Beklagten, sich mit dem Durchschreiten des Drehkreuzes darüber zu erklären, ob diese mit der künftigen Geltung der neuen Beiträge einverstanden sind und diesen zustimmen, stellt eine geschäftliche Handlung der Beklagten dar, da dadurch eine geschäftliche Entscheidung der Verbraucher nicht nur beeinflusst, sondern ausdrücklich gefordert wird, nämlich die Zustimmung zu einer Beitragserhöhung.

§ 4a Abs. 1 UWG fordert, dass das Unternehmen ein bestimmtes Mittel der Beeinflussung verwendet. Vorliegend ist insofern sowohl der Tatbestand einer unzulässigen Beeinflussung (§ 4 a Abs. 1 S. 2 Nr. 3, S. 3 UWG) als auch der einer Nötigung (§ 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG) gegeben.

Um das Fitness-Studio nutzen zu können, sind die Mitglieder gezwungen, das Drehkreuz unter Verwendung des ihnen überlassenen Zutrittsmediums zu passieren, woraus sich eine Machtposition der Fitness-Studio-Inhaber ergibt, unter welchen Bedingungen die Mitglieder das Fitness-Studio betreten dürfen. Eine andere Möglichkeit zur Nutzung gibt es nicht. Mit Einführung der Zustimmung zur Beitragserhöhung mittels Durchschreiten des Drehkreuzes durch die Beklagte standen die Mitglieder vor der Entscheidung, die Preiserhöhung zu akzeptieren, um das Fitness-Studio betreten zu können, oder nicht trainieren zu können. Mit dem Durchschreiten des Drehkreuzes hatte man der Beitragserhöhung zunächst zugestimmt. Auf diese Weise wurde von Seiten der Beklagten Druck auf die Mitglieder ausgeübt und wurde von ihnen ad-hoc eine Entscheidung über die künftigen Modalitäten ihres bereits bestehenden Mitgliedsvertrags abverlangt.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass diese Aufforderung, der Beitragserhöhung mittels Durchschreiten des Drehkreuzes zuzustimmen, vielen Mitgliedern erstmaligen mit Betreten des Fitness-Studios bekannt gemacht worden sein dürfte.

Die Vorgehensweise der Beklagte erfüllt zugleich den Begriff der Nötigung im Sinne von § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG. Der Kunde steht vorliegend unter dem Druck der erzwungenen Entscheidung, entweder der Beitragserhöhung zuzustimmen oder nicht zu trainieren.

Die aggressive geschäftliche Handlung war auch geeignet, die Entscheidungsfreiheit des Adressaten zu beeinträchtigen. Die aggressive geschäftliche Handlung war auch außerdem geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

An der Einstufung des geschäftlichen Verhaltens der Beklagten als aggressiv ändert auch der Umstand nichts, dass die Kunden nachträglich die Möglichkeit hatten, der Beitragserhöhung zu widersprechen.

Die Vorgehensweise der Beklagten verstößt außerdem gegen gesetzliche Regelungen für allgemeine Geschäftsbedingungen, §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG a.F. i.V.m. §§ 305 Abs. 1, 307 Abs. 1, 311 Abs. 1, 145 ff. BGB (vgl. auch BGH v. 27.4.2021 - XI ZR 26/20). Die angegriffenen Klauseln weichen von dem wesentlichen Grundgedanken der §§ 305 Abs. 2, 311 Abs. 1, 145 ff. BGB ab.

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