13.06.2017

Unstreitig stellen des Zustandekommens verbundener Verträge als Ergebnis rechtlicher Bewertung?

Die Parteien können das Zustandekommen verbundener Verträge als Ergebnis einer rechtlichen Bewertung nicht unstreitig stellen.

BGH 9.5.2017, XI ZR 314/15
Der Sachverhalt:
Der Kläger interessierte sich im Jahr 2005 für eine "Sicherheits-Kompakt-Rente" (SKR), die von einer zur "S-Gruppe" gehörenden S-GmbH & Co. KG vermittelt wurde. Er schloss mit der R. Limited einen Vertrag über eine Kapitallebensversicherung, mit der W-AG einen Vertrag über eine Rentenversicherung und mit der E-AG einen Vertrag über eine Risikolebensversicherung. Für die Kapitallebensversicherung und die Rentenversicherung fielen Einmalprämien i.H.v. rd. 340.000 € und rd. 270.000 €, insgesamt mithin rd. 610.000 €, an, die der Kläger überwiegend mittels von der Beklagten zur Verfügung gestellter Fremdmittel und i.H.v. rd. 200.000 € aus eigenen Mitteln aufbringen sollte.

In Aussicht genommen war, mit dem Ertrag der Kapitallebensversicherung die (endfälligen) Fremdmittel abzulösen und mittels der aus der Rentenversicherung erwirtschafteten Renten mit einer vertraglichen Komponente und einer Bonusrente die laufenden Finanzierungskosten zu bedienen. Entsprechend schloss der Kläger zur (Teil-)Finanzierung der für die Lebensversicherung und die Rentenversicherung erforderlichen Einmalprämien sowie zur Finanzierung von Vermittlungskosten unter Einrechnung eines Disagios mit der Beklagten im Dezember 2005 zwei Verbraucherdarlehensverträge mit Laufzeiten jeweils bis zum 31.12.2014 zu Nennbeträgen von rd. 85.000 € und rd. 390.000 €. Die Beklagte belehrte den Kläger jeweils über sein Widerrufsrecht. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers widerrief für diesen mit Schreiben vom 4.8.2011 unter Vorlage einer auf den 21.7.2011 datierten Vollmacht die auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen des Klägers.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger Zahlung der Differenz zwischen der von ihm vorgetragen erbrachten Leistungen i.H.v. rd. 310.000 € abzgl. vereinnahmter Rentenerträge i.H.v. rd. 110.000 €, mithin Zahlung von rd. 200.000 €, Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten, negative Feststellung betreffend etwaige Ansprüche der Beklagten aus den Darlehensverträgen und Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihm Zinsen auf verauslagte Gerichtskosten bis zum Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht zu zahlen, mit der er "hilfsweise" die Verurteilung Zug um Zug "gegen das Angebot des Verzichts auf die Rückabtretung der Ansprüche" durch die Beklagte aus den näher bezeichneten Versicherungsverträgen beantragt hat.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Das OLG hat im Ausgangspunkt richtig erkannt, dem Kläger sei gem. § 495 Abs. 1 BGB zunächst das Recht zugekommen, seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen nach § 355 Abs. 1 und 2 BGB in der hier zwischen dem 1.8.2002 und dem 10.6.2010 geltenden Fassung (a.F.) zu widerrufen. Die Auffassung des OLG, die Widerrufsfrist sei bei Erklärung des Widerrufs am 4.8.2011 bereits abgelaufen gewesen, ist indes unzutreffend.

Die dem Kläger erteilten Widerrufsbelehrungen informierten, was das Berufungsgericht gesehen hat, mittels des Einschubs "frühestens" unzureichend deutlich über den Beginn und insoweit vom OLG fehleingeschätzt mittels der eingefügten Fußnote: "Bitte Frist im Einzelfall prüfen" unklar über die Länge der Widerrufsfrist. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung gem. Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV in der zwischen dem 8.12.2004 und dem 31.3.2008 geltenden Fassung kann sich die Beklagte nicht berufen. Wie der Senat für eine inhaltsgleiche Widerrufsbelehrung nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, hat die Beklagte das Muster, was der Senat durch einen Vergleich selbst feststellen kann, einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, die über das nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion Unschädliche hinausgeht.

Das Berufungsurteil stellt sich nur insoweit aus anderen Gründen als richtig dar, als das OLG einen Anspruch des Klägers auf Erstattung von vorgerichtlich verauslagten Anwaltskosten versagt und die Feststellung nicht getroffen hat, die Beklagte sei dem Kläger zur Verzinsung verauslagter Gerichtskosten verpflichtet (§ 561 ZPO). Im Übrigen hält das Berufungsurteil einer revisionsrechtlichen Überprüfung auch nicht mit anderer Begründung stand. Mangels Entscheidungsreife war die Sache im Umfang der Aufhebung an das OLG zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 S. 1).

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