Urheberrecht: Über die Pflicht zum Schutz vor Framing
BGH v. 9.9.2021 - I ZR 113/18
Der Sachverhalt:
Bei der Klägerin handelt es sich um die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Sie ist Trägerin der Deutschen Digitalen Bibliothek. Diese bietet eine Online-Plattform für Kultur und Wissen an, die deutsche Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen miteinander vernetzt. Auf der Internetseite der Bibliothek sind über elektronische Verweise ("Links") digitalisierte Inhalte abrufbar, die in den Webportalen dieser Einrichtungen gespeichert sind. Die Bibliothek speichert Vorschaubilder dieser digitalisierten Inhalte. Einige dieser Inhalte, wie etwa Werke der bildenden Kunst, sind urheberrechtlich geschützt.
Die Beklagte ist die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst. Sie nimmt die urheberrechtlichen Befugnisse der ihr angeschlossenen Urheber an Werken der bildenden Kunst wahr. Die Klägerin hatte von der Beklagten den Abschluss eines Vertrags verlangt, der ihr das Recht zur Nutzung dieser Werke in Form von Vorschaubildern einräumen würde. Die Beklagte machte den Abschluss des Nutzungsvertrages von der Aufnahme folgender Bestimmung in den Vertrag abhängig:
"Die Lizenznehmerin verpflichtet sich, bei der Nutzung der vertragsgegenständlichen Werke und Schutzgegenstände wirksame technische Maßnahmen zum Schutz dieser Werke oder Schutzgegenstände gegen Framing anzuwenden."
Die Klägerin lehnte dies ab und beantragte mit ihrer Klage die Feststellung, dass die Beklagte zum Abschluss eines Nutzungsvertrages ohne diese Regelung verpflichtet ist. Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das KG die Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss eines Nutzungsvertrages ohne die Klausel festgestellt. Der BGH hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH eine Frage zur Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft vorgelegt.
Nachdem der EuGH mit Urteil vom 9.3.März 2021 - C-392/19 - in der Sache entschieden hatte, hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das KG zurückverwiesen.
Gründe:
Die Beklagte ist als Verwertungsgesellschaft nach § 34 Abs. 1 Satz 1 VGG verpflichtet, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen. Sie ist allerdings auch verpflichtet, dabei die Rechte der ihr angeschlossenen Urheber wahrzunehmen und durchzusetzen.
Bei der hier vorzunehmenden Abwägung der Interessen der Beteiligten hat die Vorinstanz zu Unrecht angenommen, Rechte der Urheber seien nicht betroffen, wenn die von der Klägerin genutzten Vorschaubilder von Werken der bildenden Kunst unter Umgehung technischer Schutzmaßnahmen zum Gegenstand von Framing würden. Ein solches Framing verletzt nämlich ein den Urhebern zustehendes unbenanntes Recht der öffentlichen Wiedergabe, das sich aus § 15 Abs. 2 UrhG ergibt, wiederum der mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG richtlinienkonform auszulegen ist.
Der EuGH hatte auf Vorlage des BGH entschieden, dass die Einbettung eines mit Einwilligung des Rechtsinhabers auf einer frei zugänglichen Internetseite verfügbaren Werks in die Internetseite eines Dritten im Wege des Framing eine öffentliche Wiedergabe des Werks i.S.v. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG darstellt, wenn sie unter Umgehung von Schutzmaßnahmen gegen Framing erfolgt, die der Rechtsinhaber getroffen oder veranlasst hat. Für die vom Berufungsgericht erneut vorzunehmende Beurteilung wird darauf hingewiesen, dass nicht auf das Interesse einzelner, mit dem Framing durch Dritte einverstandener Urheber, sondern auf die typische, auf Rechtswahrung gerichtete Interessenlage der von der Beklagten vertretenen Urheberrechtsinhaber abzustellen ist.
BGH PM Nr. 169 v. 9.9.2021
Bei der Klägerin handelt es sich um die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Sie ist Trägerin der Deutschen Digitalen Bibliothek. Diese bietet eine Online-Plattform für Kultur und Wissen an, die deutsche Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen miteinander vernetzt. Auf der Internetseite der Bibliothek sind über elektronische Verweise ("Links") digitalisierte Inhalte abrufbar, die in den Webportalen dieser Einrichtungen gespeichert sind. Die Bibliothek speichert Vorschaubilder dieser digitalisierten Inhalte. Einige dieser Inhalte, wie etwa Werke der bildenden Kunst, sind urheberrechtlich geschützt.
Die Beklagte ist die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst. Sie nimmt die urheberrechtlichen Befugnisse der ihr angeschlossenen Urheber an Werken der bildenden Kunst wahr. Die Klägerin hatte von der Beklagten den Abschluss eines Vertrags verlangt, der ihr das Recht zur Nutzung dieser Werke in Form von Vorschaubildern einräumen würde. Die Beklagte machte den Abschluss des Nutzungsvertrages von der Aufnahme folgender Bestimmung in den Vertrag abhängig:
"Die Lizenznehmerin verpflichtet sich, bei der Nutzung der vertragsgegenständlichen Werke und Schutzgegenstände wirksame technische Maßnahmen zum Schutz dieser Werke oder Schutzgegenstände gegen Framing anzuwenden."
Die Klägerin lehnte dies ab und beantragte mit ihrer Klage die Feststellung, dass die Beklagte zum Abschluss eines Nutzungsvertrages ohne diese Regelung verpflichtet ist. Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das KG die Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss eines Nutzungsvertrages ohne die Klausel festgestellt. Der BGH hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH eine Frage zur Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft vorgelegt.
Nachdem der EuGH mit Urteil vom 9.3.März 2021 - C-392/19 - in der Sache entschieden hatte, hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das KG zurückverwiesen.
Gründe:
Die Beklagte ist als Verwertungsgesellschaft nach § 34 Abs. 1 Satz 1 VGG verpflichtet, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen. Sie ist allerdings auch verpflichtet, dabei die Rechte der ihr angeschlossenen Urheber wahrzunehmen und durchzusetzen.
Bei der hier vorzunehmenden Abwägung der Interessen der Beteiligten hat die Vorinstanz zu Unrecht angenommen, Rechte der Urheber seien nicht betroffen, wenn die von der Klägerin genutzten Vorschaubilder von Werken der bildenden Kunst unter Umgehung technischer Schutzmaßnahmen zum Gegenstand von Framing würden. Ein solches Framing verletzt nämlich ein den Urhebern zustehendes unbenanntes Recht der öffentlichen Wiedergabe, das sich aus § 15 Abs. 2 UrhG ergibt, wiederum der mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG richtlinienkonform auszulegen ist.
Der EuGH hatte auf Vorlage des BGH entschieden, dass die Einbettung eines mit Einwilligung des Rechtsinhabers auf einer frei zugänglichen Internetseite verfügbaren Werks in die Internetseite eines Dritten im Wege des Framing eine öffentliche Wiedergabe des Werks i.S.v. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG darstellt, wenn sie unter Umgehung von Schutzmaßnahmen gegen Framing erfolgt, die der Rechtsinhaber getroffen oder veranlasst hat. Für die vom Berufungsgericht erneut vorzunehmende Beurteilung wird darauf hingewiesen, dass nicht auf das Interesse einzelner, mit dem Framing durch Dritte einverstandener Urheber, sondern auf die typische, auf Rechtswahrung gerichtete Interessenlage der von der Beklagten vertretenen Urheberrechtsinhaber abzustellen ist.