20.01.2015

Urheberrechtsverletzung: Wie viel Gewinn steht dem Herausgeber einer Zeitschrift zu? ("K-Theory")

Reicht die Urteilsformel allein nicht aus, den Umfang der Rechtskraft zu bestimmen, sind zur Auslegung der Urteilsformel der Tatbestand und die Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch das Parteivor-bringen, heranzuziehen; bei einem Anerkenntnisurteil kommt es in erster Linie darauf an, was die Parteien gewollt und erklärt haben. Für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem mit der Veröffentlichung einer Zeitschrift erzielten Gewinn und den in der Zeitschrift erschienenen Beiträgen reicht es aus, dass die Bezieher der Zeitschrift bei Abschluss ihrer Verträge erwarteten, dass in den Heften derartige Beiträge erscheinen.

BGH 24.7.2014, I ZR 27/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Professor der Mathematik. Er war von 1987 bis 2006 Herausgeber der Zeitschrift "K-Theory", in der Beiträge verschiedener Autoren zum gleichnamigen Teilgebiet der Mathematik veröffentlicht wurden. Die Beklagte ist ein Verlag für wissenschaftliche Publikationen. Sie hatte seit Oktober 2004 sämtliche Bände der Zeitschrift "K-Theory" in ihr Online-Portal für Wissenschaft, Technik und Medizin eingestellt. Der Kläger war der Ansicht, die Beklagte habe damit sein Urheberrecht als Herausgeber eines Sammelwerks verletzt. Infolgedessen ergingen zwei rechtskräftige Urteile, in denen die Beklagte verpflichtet wurde, die Gewinne aus den Online-Veröffentlichungen der Zeitschrift "K-Theory" an den Kläger herauszugeben.

Die Beklagte gab daraufhin über die Gewinne Auskunft. Danach hatte sie mit den Online-Veröffentlichungen in den Jahren 2004 bis 2006 einen Gewinn von 286.932 € erzielt. Davon kehrte sie 10.000 € an den Kläger aus. Dieser war aber der Ansicht, dass ihm schon deshalb der gesamte Gewinn aus der Veröffentlichung der Zeitschrift zustehe, weil die rechtskräftigen Urteile keine Beschränkung auf einen bloßen Anteil am Gewinn enthielten. Unabhängig davon sei der ihm zustehende Gewinn nicht etwa im Blick auf die Urheberrechte der Autoren der in der Zeitschrift erschienenen Beiträge zu kürzen. Der Gewinn aus der Veröffentlichung beruhe nicht auf der Verletzung dieser Urheberrechte. Letztlich hätten die Autoren ihre Nutzungsrechte an den Beiträgen ihm als Herausgeber der Zeitschrift unentgeltlich eingeräumt.

Das LG gab der Klage i.H.v. 61.733 € statt; das OLG verurteilte die Beklagte zur Zahlung weiterer 215.199 €. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH die Urteile auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Gründe:
Der Kläger kann nur die Herausgabe des Teils des von der Beklagten mit den Online-Veröffentlichungen der Zeitschrift "K-Theory" in den Jahren 2004 bis 2006 erzielten Gewinns verlangen, der auf der Verletzung seiner Rechte als Herausgeber dieser Zeitschrift beruhte. Es ist Sache des Tatrichters, die Höhe des Anteils zu schätzen.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war durch die rechtskräftigen Urteile nicht entschieden worden, dass der gesamte aus den Online-Veröffentlichungen der Zeitschrift in den Jahren 2004 bis 2007 erzielte Gewinn auf einer Verletzung des Urheberrechts des Klägers als Herausgeber des Sammelwerks "K-Theory" beruhte. Der Umfang der Rechtskraft eines Urteils ist in erster Linie der Urteilsformel zu entnehmen. Reicht die Urteilsformel allein nicht aus, den Umfang der Rechtskraft zu bestimmen, sind zur Auslegung der Urteilsformel der Tatbestand und die Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen, heranzuziehen. Bei einem Anerkenntnisurteil kommt es für die Auslegung der Urteilsformel in erster Linie darauf an, was die Parteien gewollt und erklärt haben.

Aus den Entscheidungsgründen der rechtskräftigen Urteile ging hier eindeutig hervor, dass mit dem herauszugebenden Gewinn nur der Gewinn aus der Veröffentlichung der Zeitschrift gemeint war, der auf der Verletzung des Urheberrechts des Klägers am Sammelwerk beruhte und insbesondere nicht etwa der Gewinn, der auf die Verwertung der Beiträge der Autoren zurückging. Der Verletzte kann nach § 97 Abs. 1 UrhG in der zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung maßgeblichen Fassung v. 23.6.1995 - Entsprechendes gilt für § 97 Abs. 1 u. Abs. 2 S. 1 u. 2 UrhG in der nunmehr gültigen Fassung vom 7.7.2008 - nur die Herausgabe des Gewinns verlangen, der durch die Verletzung seines nach dem UrhG geschützten Rechts erzielt wurde. Er kann dagegen nicht die Herausgabe des Gewinns beanspruchen, der auf anderen Umständen - wie etwa der Verletzung der Rechte anderer - beruhte.

Der Annahme, ein Teil des Verletzergewinns beruhe auf einer Verletzung des Urheberrechts der Autoren der in der Zeitschrift erschienenen Beiträge, stand nicht entgegen, dass die Bezieher der Zeitschrift bei Abschluss ihrer Verträge noch nicht wussten, welche Artikel in Zukunft in welchem Heft erscheinen. Für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem mit der Veröffentlichung der Zeitschrift erzielten Gewinn und den in der Zeitschrift erschienenen Beiträgen reicht es nämlich aus, dass die Bezieher der Zeitschrift bei Abschluss ihrer Verträge erwarteten, dass in den Heften derartige Beiträge erscheinen würden. Es kam hier auch nicht darauf an, ob die Autoren ihre Nutzungsrechte an den Beiträgen dem Kläger als Herausgeber der Zeitschrift unentgeltlich eingeräumt hatten.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück