Verbot multilateraler Interbankenentgelte von MasterCard bestätigt
EuG 24.5.2012, T-111/08Im Dezember 2007 erklärte die EU-Kommission die innerhalb des Kartenzahlungssystems MasterCard angewandten multilateralen Interbankenentgelte (MIF) für wettbewerbswidrig. Die MIF entsprechen einem Teil des Preises eines mit Zahlungskarte getätigten Geschäfts, der von der Bank, die die Karte ausgibt, einbehalten wird. Die Kosten der MIF werden den Händlern im allgemeinen Rahmen der Aufwendungen, die ihnen von dem Finanzinstitut, das ihre Geschäfte führt, in Rechnung gestellt werden, für die Nutzung der Zahlungskarten auferlegt. Von der Entscheidung der Kommission betroffen waren nur die im Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Euro-Zone anwendbaren MIF, die mangels bilateral zwischen Finanzinstituten oder gemeinsam auf nationaler Ebene festgelegten Interbankenentgelten gelten.
Die Kommission stellte fest, dass die MIF zur Festlegung einer Mindesthöhe der den Händlern berechneten Kosten führten und daher eine Beschränkung des Preiswettbewerbs zu deren Lasten darstellten. Es sei u.a. nicht nachgewiesen, dass die MIF Effizienzsteigerungen mit sich bringen könnten, die ihre wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen rechtfertigen könnten. Der Zahlungsorganisation MasterCard und den klagenden Gesellschaften, die sie vertreten (MasterCard Inc. und ihre Tochtergesellschaften MasterCard Europe und MasterCard International Inc.), wurde daher aufgegeben, den festgestellten Verstoß dadurch zu beenden, dass die MIF binnen sechs Monaten förmlich aufgehoben würden. Andernfalls werde gegen sie ein Zwangsgeld von 3,5 Prozent des täglichen konsolidierten Gesamtumsatzes verhängt.
Die Klägerinnen haben daraufhin Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission erhoben. Mehrere Finanzinstitute sind dem Rechtsstreit als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge dieser Gesellschaften beigetreten (Banco Santander, SA, Royal Bank of Scotland plc, HSBC Bank plc, Bank of Scotland plc, Lloyds TSB Bank plc, MBNA Europe Bank Ltd). Das Vereinigte Königreich und zwei Händlerverbände (British Retail Consortium und EuroCommerce AISBL) sind dem Rechtsstreit als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission beigetreten.
Das EuG wies die Klage ab.
Die Gründe:
Die Argumentation, dass die MIF für das Funktionieren des Zahlungssystems MasterCard objektiv notwendig seien, überzeugt nicht. Es wurde u.a. geltend gemacht, dass die Finanzinstitute, wenn keine MIF erhoben würden, ihren Kunden andere Arten von Zahlungskarten anbieten oder die Vorteile, die den Karteninhabern gewährt würden, einschränken müssten, was das Fortbestehen des MasterCard-Systems in Frage stellen würde. Im Hinblick auf die Bedeutung der anderen Einkünfte und Geschäftsvorteile, die die Finanzinstitute aus der Ausgabe von Zahlungskarten ziehen, ist jedoch kaum anzunehmen, dass ein nennenswerter Teil der Banken die Ausgabe der MasterCard-Karten ohne MIF einstellen oder erheblich reduzieren oder die Ausgabebedingungen in einer Weise ändern würde, dass Karteninhaber andere Zahlungsarten oder -karten vorzögen.
Da die MIF für das Funktionieren des MasterCard-Systems also nicht objektiv notwendig sind, durfte die Kommission ihre Wirkungen auf den Wettbewerb selbständig und unabhängig von denen des MasterCard-Systems prüfen, mit dem sie verbunden sind. Die Kommission konnte insoweit auch zu Recht zu dem Schluss gelangen, dass die Händler ohne die MIF einen stärkeren Wettbewerbsdruck auf die Höhe der ihnen für die Verwendung von Zahlungskarten in Rechnung gestellten Kosten hätten ausüben können.
Der Vorwurf an die Kommission, an ihrer Einstufung der Beschlüsse in Bezug auf die MIF als Beschlüsse einer Unternehmensvereinigung festgehalten zu haben, obwohl MasterCard Inc. seit ihrem Börsengang im Mai 2006 nicht mehr von den am MasterCard-System teilnehmenden Finanzinstituten kontrolliert werde und diese bei der Festsetzung der MIF keine Rolle spielten, vermag nicht zu überzeugen. Die Finanzinstitute haben weiter gemeinsam über die wesentlichen Aspekte des Funktionierens der Zahlungsorganisation MasterCard entschieden. Die Zahlungsorganisation MasterCard ist danach trotz der Änderungen durch den Börsengang der MasterCard Inc. eine institutionalisierte Form der Verhaltensabstimmung der teilnehmenden Finanzinstitute geblieben.
Die Kommission hätte die MIF auch nicht unter Hinweis auf den Beitrag des MasterCard-Systems zum technischen und wirtschaftlichen Fortschritt - und insbes. auf die objektiven Vorteile, die die MasterCard-Karten für ihre Inhaber und die Händler darstellen (u.a. Zahlungsgarantie, schnelle Abwicklung des Geschäfts, Steigerung des Umsatzes) - freistellen müssen. Dieses Vorbringen war zurückzuweisen, da durch die Methoden zur Festlegung der Höhe der MIF in der Regel zum einen die von den Finanzinstituten bei der Ausgabe der Zahlungskarten entstehenden Kosten zu hoch angesetzt und zum anderen die Vorteile, die die Händler aus dieser Zahlungsart ziehen, unzureichend bewertet wurden.
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