20.04.2020

Verbraucherdarlehen: Kein Verlust der Eigenschaft als Verbraucher bei Optierung der Umsätze für die Umsätze aus Vermietung oder Verpachtung zur Umsatzsteuer

Erfordert die Vermietung oder Verpachtung keinen planmäßigen Geschäftsbetrieb und handelt es sich deshalb um eine private und nicht um eine berufsmäßig betriebene Vermögensverwaltung, verliert der Vermieter oder Verpächter, der einen Darlehensvertrag schließt, seine Eigenschaft als Verbraucher i.S.d. Verbraucherdarlehensrechts nicht dadurch, dass er für die Umsätze aus Vermietung oder Verpachtung nach § 2 Abs. 1, § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a, § 9 Abs. 1 UStG zur Umsatzsteuer optiert.

BGH v. 3.3.2020 - XI ZR 461/18
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf den Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers.

Die Parteien schlossen Ende Januar 2007 einen Darlehensvertrag über 1,45 Mio. € mit einem bis zum 30.1.2017 festen Nominalzinssatz von 5,25 % p.a. Der Darlehensvertrag war mit der Überschrift "Darlehen mit anfänglichem Festzins mit dinglicher Sicherheit für private Zwecke und für Existenzgründung" versehen. Im Zuge der Darlehensaufnahme eröffnete der Kläger bei der Beklagten ein Geschäftsgirokonto. Die Mittel aus dem Darlehensvertrag waren zur Finanzierung des Kaufs und der Sanierung einer Immobilie bestimmt, aus der der Kläger langfristig Mieteinnahmen erwirtschaften wollte und später erwirtschaftete. Wegen der Mieteinnahmen optierte der Kläger zur Umsatzsteuer.

Zur Sicherung der Ansprüche der Beklagten aus dem Darlehensvertrag dienten Briefgrundschulden. Außerdem ließ sich die Beklagte künftige Miet- und Pachtzinsforderungen des Klägers abtreten. Bei Abschluss des Darlehensvertrags belehrte die Beklagte den Kläger unzureichend deutlich unter Verwendung des vom Senat mit Urteil vom 12.7.2016 (XI ZR 564/15) beanstandeten Formulars. Zum 30.12.2013 beendeten die Parteien den Darlehensvertrag vorzeitig. Der Kläger leistete eine "Vorfälligkeitsentschädigung" von "mindestens" rd. 73.000 €. Mit Schreiben vom 21.3.2016 widerrief er seine auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung.

LG und OLG gaben der auf Erstattung der "Vorfälligkeitsentschädigung" gerichteten Klage weitestgehend statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Rechtsfehlerfrei ist das OLG zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger habe den Darlehensvertrag als Verbraucher geschlossen, so dass ihm grundsätzlich ein Widerrufsrecht gem. § 495 Abs. 1 BGB auf der Grundlage des intertemporal maßgeblichen Rechts zugestanden habe.

Das OLG hat rechtsfehlerfrei angenommen, der Kläger habe nach den zu § 13 BGB entwickelten höchstrichterlichen Grundsätzen nicht als Unternehmer, sondern als Verbraucher gehandelt. Es hat zu Recht entscheidend auf den Umfang der mit der Immobilienverwaltung verbundenen Tätigkeiten abgestellt und dabei die geringe Zahl und unbestimmte Dauer der langfristig angelegten Mietverhältnisse sowie den geringen Aufwand bei deren Verwaltung berücksichtigt. Seine Würdigung, dass diese Tätigkeiten insgesamt nicht das Bild eines planmäßigen Geschäftsbetriebs vermittelten, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Das OLG hat auch zutreffend gesehen, die Option zur Umsatzsteuer für aus der Vermietung und Verpachtung eines Grundstücks erzielte Umsätze lasse weder unwiderleglich noch widerleglich vermuten noch begründe sie ein Indiz dafür, der Vermieter oder Verpächter habe den Darlehensvertrag als Unternehmer i.S.d. BGB - hier: als nicht nach § 507 BGB in der bis zum 10.6.2010 geltenden Fassung privilegierter Existenzgründer - geschlossen. Die (Einzel-)Option (je Umsatz) zur Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a, § 9 Abs. 1 UStG setzt voraus, dass die Umsätze aus der Vermietung und Verpachtung von einem "Unternehmer" i.S.d. Umsatzsteuergesetzes generiert werden. Wer umsatzsteuerrechtlich "Unternehmer" ist, bestimmt § 2 UStG. Der "Unternehmer" i.S.d. § 2 UStG ist als zentraler Rechtsbegriff des Umsatzsteuerrechts autonom ohne Rückgriff auf andere Definitionen in anderen Rechtsvorschriften etwa in § 14 BGB auszulegen. Nach der Rechtsprechung des BFH umfasst der Begriff auch die private Vermögensverwaltung durch die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken.

§ 13 BGB und § 14 BGB stehen in einem anderen Regelungszusammenhang. Sie befassen sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen bei dem Abschluss privatrechtlicher Rechtsgeschäfte eine besondere Schutzbedürftigkeit einer der an diesem Rechtsgeschäft beteiligten Parteien im Verhältnis zur anderen Partei besteht. Für die bürgerlich-rechtlich maßgebliche Abgrenzung von Verbraucher und Unternehmer ist höchstrichterlich seit langem anerkannt, dass die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, soweit sie allein der privaten Vermögensverwaltung dient, die Qualifikation des Vermieters oder Verpächters als Verbraucher nicht hindert. Erfordert die Vermietung oder Verpachtung keinen planmäßigen Geschäftsbetrieb und handelt es sich deshalb um eine private und nicht um eine berufsmäßig betriebene Vermögensverwaltung, verliert der Vermieter oder Verpächter, der einen Darlehensvertrag schließt, seine Eigenschaft als Verbraucher i.S.d. Verbraucherdarlehensrechts nicht dadurch, dass er auf der Grundlage des Unternehmerbegriffs des Umsatzsteuerrechts für die Umsätze aus Vermietung oder Verpachtung nach § 2 Abs. 1, § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a, § 9 Abs. 1 UStG von Fall zu Fall zur Umsatzsteuer optiert.

Dagegen weisen die Überlegungen des OLG, das auf der Grundlage des nach Art. 229 § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 22 Abs. 2, § 32 Abs. 1, § 38 Abs. 1 EGBGB maßgeblichen Rechts zutreffend davon ausgegangen ist, die Beklagte habe die Kläger unrichtig über das ihnen zustehende Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1 BGB belehrt, zur Verwirkung revisionsrechtlich erhebliche Rechtsfehler auf. Die Sache war daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückzuverweisen.
BGH online
Zurück