17.02.2025

Verbraucherkreditverträge: Bank droht bei Verstoß gegen Informationspflicht Verlust des Zinsanspruchs

Eine Bank, die gegen ihre Informationspflicht verstößt, kann ihren Anspruch auf die Zinsen verlieren. Dies gilt auch dann, wenn die konkrete Schwere des Verstoßes und die Folgen für den Verbraucher je nach Fall unterschiedlich ausfallen können.

EuGH v. 13.2.2025 - C-472/23
Der Sachverhalt:
Ein Verbraucher schloss mit der beklagten Bank in Polen einen Kreditvertrag und trat in der Folge seine Rechte aus diesem Vertrag an das klagende polnische Inkassounternehmen Lexitor ab. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe gegen ihre Verpflichtung verstoßen, dem Verbraucher beim Abschluss des Vertrags bestimmte Informationen zu erteilen. Sie klagte deshalb bei einem polnischen Gericht auf Erstattung der vom Verbraucher gezahlten Zinsen und Kosten.

Die Klägerin macht geltend, die Beklagte habe einen zu hohen effektiven Jahreszins angegeben (Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher, die als jährlicher Prozentsatz des Gesamtkreditbetrags ausgedrückt sind). Eine der Vertragsklauseln, die bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses berücksichtigt worden sei, sei missbräuchlich und mithin für den Verbraucher unverbindlich. Nach dem Vertrag erhält die Beklagte nicht nur auf den Geldbetrag, der dem Verbraucher tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, sondern auch auf die Kosten des Kredits Zinsen. Wäre die entsprechende Bestimmung, weil sie missbräuchlich ist, nicht angewandt worden, wären Zinsen allein auf den als Darlehen zur Verfügung gestellten Geldbetrag angefallen, so dass der effektive Jahreszins niedriger gewesen wäre als der, der ursprünglich im Vertrag angegeben war.

Außerdem sei in dem Vertrag nicht klar angegeben, aus welchen Gründen und auf welche Art und Weise die im Zusammenhang mit der Durchführung des Vertrags anfallenden Entgelte erhöht werden könnten. Entgelte und Provisionen konnten bei Eintritt mindestens einer der im Vertrag genannten Bedingungen erhöht werden. Wegen dieser Verstöße greife die im polnischen Recht vorgesehene Sanktion des Verlusts des Anspruchs auf die im Vertrag vereinbarten Zinsen und Kosten.

Das mit der Sache befasste polnische Gericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Es möchte wissen, ob die Bank gegen die im Unionsrecht (Richtlinie 2008/48 über Verbraucherkreditverträge) vorgesehene Informationspflicht verstoßen hat und ob der Verlust des Anspruchs auf die Zinsen und Kosten mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

Die Gründe:
In Kreditverträgen ist der effektive Jahreszins, berechnet zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages, in klarer, prägnanter Form anzugeben. Bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses ist jedoch von der Annahme auszugehen, dass der betreffende Kreditvertrag für den vereinbarten Zeitraum gültig bleibt. Deshalb wird nicht bereits dadurch gegen die Informationspflicht verstoßen, dass in einem Kreditvertrag ein effektiver Jahreszins angegeben ist, der sich als zu hoch erweist, weil in der Folge festgestellt wird, dass bestimmte Klauseln des Vertrags missbräuchlich sind.

Weiterhin müssen in Kreditverträgen die Bedingungen einer Änderung der im Zusammenhang mit der Durchführung des Vertrags anfallenden Entgelte klar und verständlich beschrieben werden. Wird in dem Vertrag insoweit auf Indikatoren abgestellt, die der Verbraucher nur schwerlich überprüfen kann, kann dies gegen die Informationspflicht verstoßen, wenn ein Durchschnittsverbraucher nicht überprüfen kann, ob die Bedingungen einer solchen Änderung eintreten und wie sie sich auf die Entgelte auswirken, und somit nicht in der Lage ist, den Umfang seiner Verpflichtungen zu bestimmen. Das nationale Gericht wird zu prüfen haben, ob dies in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit der Fall ist.

Schließlich kann die Bank bei einem Verstoß gegen die Informationspflicht, der die Möglichkeit des Verbrauchers beeinträchtigt, den Umfang seiner Verpflichtung einzuschätzen, ihren Anspruch auf die Zinsen und Kosten verlieren. Vorbehaltlich der Überprüfungen, die das nationale Gericht vorzunehmen haben wird, hält der EuGH eine solche Sanktion - auch wenn die Schwere des Verstoßes und die Folgen, die sich daraus für den Verbraucher ergeben, im Einzelfall unterschiedlich ausfallen können - für verhältnismäßig.

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