Versprochener Tatlohn stellt keinen im Rahmen der Begünstigung relevanten Tatvorteil dar
BGH 3.11.2011, 2 StR 302/11Der gesondert verfolgte P. hatte im Frühjahr 2008 den Entschluss gefasst, in betrügerischer Absicht über eine GmbH nicht existierende Solarmodule gegen Vorkasse zu verkaufen und die so erzielten Beträge für sich zu vereinnahmen. Er zahlte vorab 50.000 € an den gesondert verfolgten U., der einen Scheingeschäftsführer und einen Firmenmantel beschaffen sollte. U. gewann zu diesem Zweck den arbeitslosen O. und sorgte dafür, dass dieser als Geschäftsführer einer reinen Briefkastenfirma eingetragen wurde. Dem O. wurde ein Betrag von 30.000 bis 50.000 € in Aussicht gestellt. Vorab erhielt er 15.000 €.
In den nächsten Wochen nahm die Briefkastenfirma Vorkassengelder i.H.v. über 1,5 Mio. € ein, ohne die bestellten Solarmodule zu liefern. Im Herbst 2008 wandte sich der U. an den als Rechtsanwalt tätigen Angeklagten. Dieser half ihm dabei Bargeld in der Schweiz zu "verstecken" wollte. Darunter befand sich der von P. erhaltene Tatlohn i.H.v. 35.000 € (50.000 € abzüglich der an O. gezahlten 15.000 €) aus den Betrugsgeschäften im Kontext der Briefkastenfirma. Der Angeklagte, dem die Herkunft der 35.000 € bekannt war, begab sich mit U. in die Schweiz und bereitete mit Unterstützung eines ihm bekannten Wirtschaftsprüfers die Gründung der N-Holding AG vor. Auf Anraten des Angeklagten eröffnete U. in der Schweiz ein Konto.
Im November 2008 ließ O. dem U. über den Angeklagten ausrichten, dieser schulde ihm für seine Tätigkeit als "Strohmann" noch 35.000 €. U. übergab dem Angeklagten daraufhin 1.000 € als Anzahlung für O. Hiervon händigte der Angeklagte dem O. 500 € aus und behielt den Rest mit Wissen des O. als Entlohnung für seine anwaltliche Tätigkeit für sich. Zudem stellte er O. im Auftrag des U. als Tatentlohnung eine lebenslange monatliche Zahlung von 1.000 € in Aussicht, um diesen so in Abhängigkeit von U. zu halten und von der Preisgabe der Straftaten gegenüber den Ermittlungsbehörden abzuhalten. O. lehnte dies jedoch ab.
Das LG verurteilte den Angeklagten wegen Begünstigung in zwei Fällen und wegen Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten. Zudem hat es dem Angeklagten für die Dauer von vier Jahren verboten, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten blieb weitestgehend erfolglos.
Die Gründe:
Das LG hatte zur Recht das Handeln des Angeklagten als Begünstigung in zwei Fällen, jeweils begangen zugunsten des U., gewertet.
Der Tatlohn i.H.v. 35.000 €, den der U. für seine Beteiligung an dem Betrug erhielt, konnte durchaus als "Vorteil der Tat" i.S.v. § 257 Abs. 1 StGB angesehen werden. Einen Vorteil stellt auch der (vorab) an einen Tatbeteiligten - wie vorliegend von P. an U. - gezahlte Tatlohn dar. Dem stand nicht entgegen, dass nach ständiger BGH-Rechtsprechung einschränkend verlangt wird, dass der Vorteil unmittelbar durch die Vortat erlangt ist. Schließlich dient das Unmittelbarkeitserfordernis dazu, Ersatzvorteile (Vorteilssurrogate) auszuklammern. Bei der Entlohnung für die Tatbeteiligung handelt es sich jedoch nicht um einen derartigen Ersatzvorteil, sondern der Tatlohn ist ein unmittelbarer "Vorteil der Tat".
Soweit das LG allerdings das Versprechen des U. gegenüber O., diesem für die Beteiligung an den Betrügereien im Kontext der Briefkastenfirma einen Tatlohn von insgesamt 30.000 bis 50.000 € zu zahlen, als Vorteil der Tat i.S.d. § 257 StGB angesehen hatte, war dies rechtlich unzutreffend. Zwar ist ein solcher Vorteil nicht nur ein Vermögensvorteil, sondern kann jede wirtschaftliche, rechtliche oder tatsächliche Besserstellung für den Täter sein. Voraussetzung der Begünstigung ist jedoch, dass der Täter der Begünstigung gegenüber dem Verletzten der Vortat die Möglichkeit der Schadenswiedergutmachung beseitigt oder mindert. Eine solche Möglichkeit ist bei der bloßen Aussicht auf Erlangung eines versprochenen Tatlohns jedoch nicht gegeben, da es sich nicht um einen entziehbaren Vorteil handelt. Ein solches Zahlungsversprechen ist gem. § 134 BGB nichtig, führt zu keiner - auch nur wirtschaftlichen - Besserstellung und stellt daher keinen relevanten Tatvorteil i.S.v. § 257 StGB dar.
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