05.05.2021

Verstärkungswirkung kann Fusion verhindern (CTS Eventim/Four Artists)

Für die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung genügt es, wenn die Marktmacht ausgleichende Wirkung des Wettbewerbs durch eine Veränderung der markt- und unternehmensbezogenen Strukturen in noch höherem Maße eingeschränkt wird, als dies schon vor dem Zusammenschluss der Fall war. Die Anforderungen an die Verstärkungswirkung stehen dabei in einer Wechselbeziehung zu der Wettbewerbssituation auf dem betroffenen Markt, insbesondere dem Maß der bereits ohne die Verwirklichung des Zusammenschlussvorhabens eingetretenen Schwächung der Kontrolle bestehender Marktmacht durch den Wettbewerb.

BGH v. 12.1.2021 - KVR 34/20
Der Sachverhalt:
Die Betroffene zu 1 (nachfolgend: CTS Eventim) hatte beabsichtigt, über ihre Tochtergesellschaft, die Betroffene zu 2, jeweils 51 % der Anteile an den Unternehmen Four Artists Booking Agentur GmbH und Four Artists Events GmbH (nachfolgend gemeinsam: Four Artists) zu erwerben. Das Bundeskartellamt untersagte dies allerdings, weil es durch die vertikale Integration eines Rock-Pop-Tourneeveranstalters zu einer Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von CTS Eventim auf dem mehrseitigen Markt für Ticketsystemdienstleistungen und damit zu einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs i.S.d. § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB führen würde.

Das OLG hat die hiergegen gerichtete Beschwerde von CTS Eventim zurückgewiesen. Daraufhin haben die Verkäufer der Geschäftsanteile ihren Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrte CTS Eventim daraufhin festzustellen, dass der Beschluss des Bundeskartellamts rechtswidrig gewesen ist. Das Rechtsmittel blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Das Beschwerdegericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der beabsichtigte Zusammenschluss zu untersagen war, weil durch ihn wirksamer Wettbewerb auf dem Angebotsmarkt für Ticketvertriebsdienstleistungen durch eine Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von CTS Eventim erheblich behindert worden wäre.

Gem. § 36 Abs. 1 GWB ist ein nach den §§ 35, 39 GWB anmeldepflichtiger Zusammenschluss, durch den wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde, insbesondere von dem zu erwarten ist, dass er eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt, vom Bundeskartellamt zu untersagen, soweit kein Fall des § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 GWB vorliegt. Das Beschwerdegericht hat insofern den bundesweiten Angebotsmarkt für Ticketvertriebsdienstleistungen als sachlich und räumlich betroffenen Markt identifiziert. Ebenso wenig zu beanstanden war die Annahme, CTS Eventim komme auf diesem Markt eine beherrschende Stellung zu. Aus dieser vertikalen Integration folgen zugunsten von CTS Eventim wettbewerbsrelevante indirekte Netzwerkeffekte und Zugriffsmöglichkeiten auf Kundendaten.

Für die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung genügt es, wenn die Marktmacht ausgleichende Wirkung des Wettbewerbs durch eine Veränderung der markt- und unternehmensbezogenen Strukturen in noch höherem Maße eingeschränkt wird, als dies schon vor dem Zusammenschluss der Fall war. Die Anforderungen an die Verstärkungswirkung stehen dabei in einer Wechselbeziehung zu der Wettbewerbssituation auf dem betroffenen Markt, insbesondere dem Maß der bereits ohne die Verwirklichung des Zusammenschlussvorhabens eingetretenen Schwächung der Kontrolle bestehender Marktmacht durch den Wettbewerb. Ein Zusammenschluss, der - insbesondere wegen noch ungünstigerer Bedingungen für einen nachstoßenden Wettbewerb - die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung erwarten lässt, stellt ohne weiteres eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs dar.
BGH online
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