02.07.2019

Verwirkung einer Maklerprovision bei Doppeltätigkeit

Die Verwirkung nach § 654 BGB verlangt in objektiver Hinsicht einen schwerwiegenden Treupflichtverstoß des Maklers vor, bei oder nach dem Abschluss des Maklervertrages. Subjektiv muss der Makler dabei vorsätzlich oder mit dem Vorsatz nahekommender Leichtfertigkeit den Interessen des Auftraggebers in so schwerwiegender Weise zuwiderhandeln, dass er eines Lohnes unwürdig erscheint.

LG München II v. 16.5.2019, 11 O 134/18
Der Sachverhalt:
Die Beklagte war Eigentümerin einer Wohnanlage, die sie verkaufen wollte. In diesem Zusammenhang beauftragte sie im Februar 2017 die Klägerin mit dem Nachweis einer Gelegenheit zum Abschluss eines Kaufvertrages bzw. mit der Vermittlung eines Kaufvertrages über das Objekt. Dabei wurden als Provision 6% des Kaufpreises zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer vereinbart. Diese sollte, nach entsprechender vorheriger vertraglicher Fixierung, vom jeweiligen Käufer bezahlt werden.

Die Klägerin übersandte dem D, dem späteren Käufer der Immobilie der Beklagten, kurz darauf ein Exposé über ein anderes Objekt sowie per E-Mail Eckdaten und Objektinformationen zu drei weiteren Grundstücken, darunter auch zum Grundstück der Beklagten. Dabei wurde D seitens einer Mitarbeiterin der Klägerin mitgeteilt, dass im Vergleich aller vier Objekte hinsichtlich Qualität, Vermietung, Lage und Preis das erste Objekt (also nicht das Objekt der Beklagten) an erster Stelle steht. Im Mai 2017 erhielt D per E-Mail das Exposé zum Grundstück der Beklagten. Dabei wurde ihm mitgeteilt, dass gute Chance bestehen, einen Kaufpreis von 1.100.000 € und damit 50.000 € unter dem Exposépreis zu verhandeln.

Die Klägerin nannte der Beklagten sodann den D als Kaufinteressenten. Dieser bot einen sog. Inklusivpreis bestehend aus einem Kaufpreisangebot von 1.080.000 € und der entsprechenden Provision, insgesamt mithin 1.150.000 € an. Die Beklagte war daraufhin einverstanden, im Außenverhältnis die Provision selbst an die Klägerin zu bezahlen. Daraufhin kam es zu einer entsprechenden Provisionsvereinbarung. Am selben Tag sandte die Klägerin die zwischen der Beklagten und der vorherigen Kaufinteressentin des Beklagtengrundstücks, bestehende Exklusivitätsvereinbarung an den D. Aus dieser ergab sich, dass die Beklagte auch zu einem Preis von 1.030.000 € zum Verkauf bereit gewesen wäre.

In der Folge versuchte D die Provisionshöhe gegenüber der Klägerin zu drücken, worauf die Klägerin allerdings nicht einging. Nachdem der Kaufpreis zwischenzeitlich bezahlt worden war, verlangte die Klägerin von der Beklagten eine um 5.000 € ermäßigte Provisionszahlung i.H.v. 65.000 €. Eine Zahlung erfolgte hierauf nicht.

Das LG wies die Klage auf Zahlung der Maklerprovision ab.

Die Gründe:
Der Klägerin steht der geltend gemachte Provisionsanspruch gegen die Beklagte nach § 652 Abs. 1 S. 1 BGB nicht zu, weil sie diesen Anspruch gem. § 654 BGB verwirkt hat.

Ausweislich des § 654 BGB ist u.a. der Anspruch auf den Maklerlohn ausgeschlossen, wenn der Makler dem Inhalt des Vertrages zuwider auch für den anderen Teil tätig gewesen ist (treuwidrige Doppeltätigkeit). Dabei verbietet das Gesetz dem Makler eine Doppeltätigkeit nicht per se. Unabhängig von den Fällen einer vertraglichen Regelung, führt die Doppeltätigkeit aber zu einem strengen Pflichtenkanon des Maklers, der bei Missachtung eine Verwirkung begründen kann.

Die Verwirkung i.S.d. § 654 BGB verlangt in objektiver Hinsicht einen schwerwiegenden Treupflichtverstoß des Maklers vor, bei oder nach dem Abschluss des Maklervertrages. Subjektiv muss der Makler vorsätzlich oder mit dem Vorsatz nahekommender Leichtfertigkeit den Interessen des Auftraggebers in so schwerwiegender Weise zuwiderhandeln, dass er eines Lohnes unwürdig erscheint.

Der Makler, der einen Doppel-Auftrag hat, darf etwa nicht in die Preisverhandlungen eingreifen. Hat er den Verkäufer schon über den Preis beraten und dieser dann seine Forderung gestellt, darf der Makler nicht mehr mit seinem Wissen und seinem Rat dem Gegner dienen. Auch wenn der Gegner ihn befragt, darf er ihn nicht mehr beraten, weil er sonst die Interessen des anderen Teiles beeinträchtigen würde; er muss ihn darauf verweisen, sich anderweit Rat zu holen. Will er auch dem Interessenten in der Preisfrage dienen, so muss er sich das von dem anderen Teil ausdrücklich erlauben lassen.

Die Klägerin hatte gleich mehrere Pflichten in erheblicher Weise verletzt. Zunächst hatte sie sich in unzulässiger Art und Weise in die Kaufpreisverhandlungen der Beklagten mit dem D eingeschaltet. Denn solange redliche Verhandlungen laufen, ist es dem Doppelmakler grundsätzlich verwehrt sich in diese einzuschalten. Dies hatte die Klägerin allerdings über eine Mitarbeiterin gemacht, ohne dabei zu behaupten, dass dies vor dem Hintergrund unredlichen Kaufpreisverhandlungen erfolgte.

Ein weiterer, den Verwirkungseinwand begründender Pflichtverstoß der Klägerin lag in deren Rat an den D ein anderes, als das Objekt der Beklagten zu erwerben. Denn im Fall eines qualifizierten Alleinauftrags durch den Verkäufer darf der Makler nicht vom Objekt des Verkäufers abraten, indem zugleich anderweitig vorgestellte Objekte als besser bezeichnet werden.

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