Vinkulierungsklauseln in GmbH-Gesellschaftsverträgen im Kontext der Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG - Auswirkungen und Risiken für die M&A-Praxis (Stefanink/Gutsche, ZIP 2020, 1546)
Aus der ZIPII. Die Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 GmbHG in Literatur und Rechtsprechung
III. Auswirkungen für die M&A-Praxis: Risiken durch Vinkulierungsklauseln
IV. Veranschaulichende Beispielsfälle zu den Vinkulierungsklauseln
1. Vinkulierungsklausel: "Zustimmung aller Gesellschafter"
2. Vinkulierungsklausel: "Zustimmung der übrigen Gesellschafter"
3. Vinkulierungsklausel: "Zustimmung der Gesellschaft"
V. Fazit
I. Einführung: Konzeptioneller Wandel des § 16 Abs. 1 GmbHG durch das MoMiG
Mit der Neufassung des § 16 Abs. 1 GmbHG durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) hat die Bestimmung der positiven Legitimation (d. h. die Frage nach der Gesellschafterstellung im Innenverhältnis zur Gesellschaft) einen fundamentalen Konzeptionswandel erfahren: § 16 Abs. 1 GmbHG a. F. erfasste tatbestandlich nur den Fall der Veräußerung eines Geschäftsanteils und sah dabei in der Rechtsfolge den jeweiligen Erwerber als legitimiert an, sobald dieser den Erwerb unter Nachweis des Übergangs bei der Gesellschaft angemeldet hatte. Demgegenüber regelt die neue Fassung der Vorschrift jegliche Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung und stellt hierbei zur Ermittlung der positiven Legitimation strikt auf die Eintragung in der beim Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40 GmbHG) ab. Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt als Gesellschafter im Wege einer unwiderleglichen Vermutung nur, wer dort als solcher eingetragen ist. Entsprechend der gesetzgeberischen Intention folgt § 16 Abs. 1 GmbHG in seiner neuen Fassung damit dem Leitbild des § 67 Abs. 2 AktG (Bestimmung der Aktionärsstellung anhand der Eintragung im Aktienregister). Gleichzeitig gewinnt die Norm mit ihrem ausgedehnten Anwendungsbereich erheblich an Bedeutung, da sie nunmehr nicht nur die rechtsgeschäftliche Abtretung, sondern auch die erb- bzw. umwandlungsrechtliche Universalsukzession, Ausschlüsse von Gesellschaftern bzw. die Einziehung von Geschäftsanteilen sowie Kapitalmaßnahmen betrifft.
Weil das MoMiG mit der parallelen Reform des § 16 Abs. 3 GmbHG und der damit eingeführten Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs vom nichtberechtigten Listengesellschafter einen echten Paukenschlag landete, fielen die Reaktionen auf die Novellierung des § 16 Abs. 1 GmbHG vergleichsweise gering aus. Bei näherer Betrachtung ist der damit einhergehende Bedeutungszuwachs der Gesellschafterliste für die Gesellschafterstellung im Innenverhältnis indes nicht minder beachtlich.
II. Die Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 GmbHG in Literatur und Rechtsprechung
Auch wenn § 16 Abs. 1 GmbHG keine vergleichbare Aufmerksamkeit erhielt wie § 16 Abs. 3 GmbHG, ist die Legitimationswirkung der Gesellschafterliste dennoch auch mehr als zehn Jahre nach dem Vollzug der Gesetzesreform durch das MoMiG Gegenstand reger Diskussionen in der Literatur. Nach wie vor ergeben sich hierzu regelmäßig offene Fragen, zu denen teilweise auch bereits obergerichtliche Rechtsprechung vorliegt. Jüngst ergingen nun die ersten beiden BGH-Urteile zu der Thematik. In beiden Entscheidungen hat der BGH die Aufwertung der Bedeutung der Gesellschafterliste durch die Novellierung des § 16 Abs. 1 GmbHG bestätigt und sich zugunsten einer strikten Interpretation der Norm ausgesprochen. Die Gemeinsamkeit der den beiden Entscheidungen zugrundeliegenden Sachverhalte bestand darin, dass sich eine Veränderung des Gesellschafterbestands durch Einziehung der Geschäftsanteile eines Gesellschafters ergeben hatte.
Im ersten Fall hatten die übrigen Gesellschafter es in der Folgezeit zunächst unterlassen, eine neue Gesellschafterliste einzureichen, sodass der von der Einziehung Betroffene nach Auffassung der Richter wegen der in § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG enthaltenen Regelung im Innenverhältnis zur Gesellschaft weiterhin als Geschäftsanteilsinhaber galt. Diese positive Legitimationswirkung der Gesellschafterliste fasste der BGH wie folgt zusammen: "Greift die Vermutung des § 16 I 1 GmbHG, stehen dem betreffenden Gesellschafter sämtliche Mitgliedschaftsrechte [...] gegenüber der Gesellschaft zu, ohne dass es auf seine wahre Berechtigung ankommt." Bemerkenswert ist an dieser Entscheidung, dass ZIP 2020, 1547der BGH damit die - in der Literatur bereits breit vertretene - Auffassung bestätigt, die eine Anwendung der positiven Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG auch auf Fälle der Einziehung von Geschäftsanteilen befürwortet.
Der zweite Fall gab dem BGH die Gelegenheit, sich zum quasi umgekehrten Fall zu äußern. Hier war nämlich unmittelbar nach Einziehung der Geschäftsanteile eine aktualisierte Gesellschafterliste im Handelsregister aufgenommen worden. Der Senat positionierte sich auch zu dieser Konstellation