Vom Schuldner begangene Insolvenzstraftaten müssen nur bei Unternehmensfortführung im Insolvenzplan aufgenommen werden
BGH 13.10.2011, IX ZB 37/08Im Juli 2006 eröffnete das AG auf Eigenantrag des Schuldners, der sowohl als selbständiger Kaufmann als auch als Geschäftsführer im Bereich des Grundstückshandels tätig gewesen war, das Insolvenzverfahren. Im folgenden Jahr legte der Schuldner dem AG einen Insolvenzplan vor, der von einer Liquidation des Unternehmens ausgeht und eine Quote von 0,5 Prozent auf die angemeldeten festgestellten ungesicherten Forderungen vorsieht. Beigefügt war die Erklärung eines Dritten nach § 230 Abs. 3 InsO, diese Quote sowie die Verfahrenskosten im Fall der Annahme des Plans zu zahlen. Im darstellenden Teil wurde angegeben, der Schuldner habe Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt und Versagungsgründe seien nicht ersichtlich, weshalb die bei Durchführung des gesetzlichen Verfahrens zu erwartende Quote bei Null läge.
Die Mehrheit der Insolvenzgläubiger stimmte dem Plan am 2.10.2007 zu, das AG bestätigte ihn noch am selben Tag. Der weitere Beteiligte zu 1) legte hiergegen sofortige Beschwerde ein. Zur Begründung führte er aus, der darstellende Teil des Plans sei unvollständig, weil er keine Angaben darüber enthalte, dass der Schuldner mit rechtskräftigem Urteil vom 14.12.2006 u.a. wegen vorsätzlicher Verletzung der Buchführungspflicht nach § 283 Abs. 6, § 283b Abs. 1 Nr. 3b StGB zu einer Geldstrafe und mit rechtskräftigem Urteil vom 19.9.2007 wegen Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO zu einer auf Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verurteilt worden sei.
Das LG gab der sofortigen Beschwerde statt und versagte dem Plan die Bestätigung. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit seiner Rechtsbeschwerde. Nach Einlegung der Rechtsbeschwerde legte der Schuldner dem AG einen mit dem ursprünglichen weitgehend übereinstimmenden neuen Insolvenzplan vor, in dem die strafrechtlichen Verurteilungen enthalten sind. Diesem Plan stimmte die Mehrheit der Gläubiger im September 2008 ebenfalls zu. Das AG wies einen Antrag des weiteren Beteiligten zu 1), diesem Plan die gerichtliche Bestätigung aus Gründen des Minderheitenschutzes gem. § 251 Abs. 1 InsO zu versagen, zurück. Weitere Entscheidungen hat es bislang nicht getroffen.
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners hob der BGH den Beschluss des LG auf und wies die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu1 ) gegen den Beschluss des AG zurück.
Die Gründe:
Der Mindestinhalt des darstellenden Teils eines Insolvenzplans ist nicht in das freie Belieben des Planverfassers gestellt. Ob zu den nach § 220 Abs. 2 InsO gebotenen Angaben auch die Mitteilung von Verfahren wegen Insolvenzstraftaten des Schuldners gehören, bestimmt sich danach, ob diese Angaben für die Entscheidung der Gläubiger über die Zustimmung zum Plan erheblich sind.
Der Senat hat in seinem Beschluss vom 19.5.2009 (IX ZB 236/07) im Hinblick auf den Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO bereits verneint, dass der Schuldner im Insolvenzplan im Einzelnen die Gründe darzulegen hat, aus denen ein Gläubiger die Versagung der Restschuldbefreiung beantragen könnte. Ob diese Erwägungen auch hinsichtlich des hier in Rede stehenden Versagungsgrundes des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu gelten haben, hat der Senat im angeführten Beschluss ausdrücklich offen gehalten. Die Frage ist differenzierend danach zu beantworten, ob der Plan auf eine Liquidation des Unternehmens oder übertragende Sanierung oder aber auf eine Unternehmensfortführung abzielt.
Beachtliche Stimmen in der Literatur bejahen eine Pflicht zur Offenbarung von strafrechtlichen Verurteilungen nach den §§ 283-283c StGB nur dann, wenn nach dem Insolvenzplan der Schuldner selbst oder bei einer juristischen Person deren organschaftlicher Vertreter das Unternehmen fortführen sollen. Dann könnten frühere Straftaten erhebliche Bedenken gegen seine Zuverlässigkeit wecken und zugleich Zweifel an den Erfolgsaussichten des Plans begründen. Der Senat hält diesen Standpunkt für zutreffend. Bei einer Unternehmensfortführung durch den bisherigen Unternehmensleiter steht zwingend die Eignung des Schuldners für eine derartige Aufgabe im Vordergrund. Hierzu gehört insbes. dessen Zuverlässigkeit, an der bei einem wegen Insolvenzstraftaten verurteilten Unternehmer erhebliche Zweifel bestehen.
Ist nach dem Plan keine Unternehmensfortführung vorgesehen, kommt der Angabe dagegen in der Regel keine tragende Bedeutung zu. Soweit sie im Hinblick auf den Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO doch relevant sein könnte, ist zu beachten, dass die Annahme einer umfassenden Informationspflicht des Schuldners mit der grundsätzlich den Gläubiger gem. § 251 Abs. 2, § 290 Abs. 2, § 297 Abs. 2 InsO treffenden Darlegungs- und Beweislast nicht zu vereinbaren ist.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.