Voraussetzungen für die Akteneinsicht durch andere als die Parteien des Nichtigkeitsverfahrens
BGH v. 27.9.2022 - X ZR 103/21
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin hatte Einsicht in die Akten des vorliegenden Patentnichtigkeitsverfahrens beantragt. Die Klägerin zu 3) hat beantragt, die von ihr als Anlage NK1 im erstinstanzlichen Verfahren 6 Ni 43/19 eingereichten Unterlagen (Klageschrift und Klageerweiterung) aus dem zwischen ihr und der Beklagten geführten Verletzungsverfahren von der Akteneinsicht auszunehmen, hilfsweise, die Einsicht nur in eine von ihr vorgelegte teilweise geschwärzte Fassung dieser Unterlagen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt, Informationen über Verletzungsverfahren, soweit diese in den Akten enthalten seien, von der Einsicht auszunehmen. Sie widersprach einer Einsicht in die Anlagen NK1 und NK6 bis NK9 aus dem Verfahren 6 Ni 43/19 sowie in die (mit dem ersten Teil der bereits erwähnten Anlage NK1 identischen) Anlage BP4 aus dem Verfahren 6 Ni 41/19.
Der BGH hat dem Antrag auf Akteneinsicht mit der von der Klägerin zu 3) hilfsweise beantragten Einschränkung stattgegeben.
Gründe:
Nach § 99 Abs. 3 PatG, der im Nichtigkeitsberufungsverfahren entsprechend anzuwenden ist, ist der Antrag auf Akteneinsicht durch andere als die Parteien des Nichtigkeitsverfahrens nicht von der zusätzlichen Darlegung eines berechtigten Interesses abhängig. Die Darlegung eines solchen Interesses kann nur dann erforderlich werden, wenn eine Partei des Nichtigkeitsverfahrens ein entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse darlegt.
Ein solches Interesse kann sich daraus ergeben, dass durch die Akteneinsicht geheimhaltungsbedürftige Betriebsinterna bekannt werden können. Die Parteien des Nichtigkeitsverfahrens können zudem ein berechtigtes Interesse daran haben, dass eine im Verletzungsprozess angegriffene und dort technisch näher erläuterte Ausführungsform einem Wettbewerber nicht durch eine uneingeschränkte Akteneinsicht offenbart wird. Sofern diese Voraussetzungen nur hinsichtlich einzelner Unterlagen vorliegen, sind diese näher zu bezeichnen.
Bei Anlegung dieser Maßstäbe vermochte der Antrag der Beklagten, Informationen von der Akteneinsicht auszunehmen, soweit diese sich auf Verletzungsverfahren bezogen, eine Einschränkung schon deshalb nicht zu rechtfertigen, weil es an einer hinreichend konkreten Bezeichnung der Aktenteile fehlte, die von der Einsichtnahme ausgenommen werden sollten. Weder die Klägerin zu 3) noch die Beklagte hatten aufgezeigt, dass sie bezüglich des gesamten Inhalts dieser Unterlagen ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse haben. Nähere Darlegungen hierzu wären schon deshalb erforderlich gewesen, weil die Anlagen bereits umfangreiche Schwärzungen aufwiesen.
Der Bitte der Beklagten, ihr Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu gewähren, falls sich ihr Vorbringen als nicht hinreichend konkret erweist, war nicht zu entsprechen. Aus dem Vorbringen der Beklagten ergab sich, dass ihr das Erfordernis näherer Bezeichnung der auszunehmenden Unterlagen bekannt ist. Demgemäß hatte sie ihr allgemein gehaltenes Vorbringen um Ausführungen zu einzelnen Anlagen ergänzt. Sie musste damit rechnen, dass auch diese Angaben nicht ausreichen würden, und konnte deshalb nicht darauf vertrauen, dass sie Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vorbringens erhielt.
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Die Antragstellerin hatte Einsicht in die Akten des vorliegenden Patentnichtigkeitsverfahrens beantragt. Die Klägerin zu 3) hat beantragt, die von ihr als Anlage NK1 im erstinstanzlichen Verfahren 6 Ni 43/19 eingereichten Unterlagen (Klageschrift und Klageerweiterung) aus dem zwischen ihr und der Beklagten geführten Verletzungsverfahren von der Akteneinsicht auszunehmen, hilfsweise, die Einsicht nur in eine von ihr vorgelegte teilweise geschwärzte Fassung dieser Unterlagen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt, Informationen über Verletzungsverfahren, soweit diese in den Akten enthalten seien, von der Einsicht auszunehmen. Sie widersprach einer Einsicht in die Anlagen NK1 und NK6 bis NK9 aus dem Verfahren 6 Ni 43/19 sowie in die (mit dem ersten Teil der bereits erwähnten Anlage NK1 identischen) Anlage BP4 aus dem Verfahren 6 Ni 41/19.
Der BGH hat dem Antrag auf Akteneinsicht mit der von der Klägerin zu 3) hilfsweise beantragten Einschränkung stattgegeben.
Gründe:
Nach § 99 Abs. 3 PatG, der im Nichtigkeitsberufungsverfahren entsprechend anzuwenden ist, ist der Antrag auf Akteneinsicht durch andere als die Parteien des Nichtigkeitsverfahrens nicht von der zusätzlichen Darlegung eines berechtigten Interesses abhängig. Die Darlegung eines solchen Interesses kann nur dann erforderlich werden, wenn eine Partei des Nichtigkeitsverfahrens ein entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse darlegt.
Ein solches Interesse kann sich daraus ergeben, dass durch die Akteneinsicht geheimhaltungsbedürftige Betriebsinterna bekannt werden können. Die Parteien des Nichtigkeitsverfahrens können zudem ein berechtigtes Interesse daran haben, dass eine im Verletzungsprozess angegriffene und dort technisch näher erläuterte Ausführungsform einem Wettbewerber nicht durch eine uneingeschränkte Akteneinsicht offenbart wird. Sofern diese Voraussetzungen nur hinsichtlich einzelner Unterlagen vorliegen, sind diese näher zu bezeichnen.
Bei Anlegung dieser Maßstäbe vermochte der Antrag der Beklagten, Informationen von der Akteneinsicht auszunehmen, soweit diese sich auf Verletzungsverfahren bezogen, eine Einschränkung schon deshalb nicht zu rechtfertigen, weil es an einer hinreichend konkreten Bezeichnung der Aktenteile fehlte, die von der Einsichtnahme ausgenommen werden sollten. Weder die Klägerin zu 3) noch die Beklagte hatten aufgezeigt, dass sie bezüglich des gesamten Inhalts dieser Unterlagen ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse haben. Nähere Darlegungen hierzu wären schon deshalb erforderlich gewesen, weil die Anlagen bereits umfangreiche Schwärzungen aufwiesen.
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