Voraussetzungen für die Gehilfenhaftung bei verbotenem Ankauf von Edelmetall im Reisegewerbe
OLG Brandenburg v. 30.3.2021 - 6 U 108/19
Der Sachverhalt:
Die Klägerin betätigt sich überregional im Goldankaufgewerbe. Dabei arbeitet sie mit Agenturen zusammen, die für sie jeweils vor Ort gegen eine Provision Altedelmetalle aufkaufen. Die Beklagte betreibt einen Bestell- und Geschenkeshop. Im März 2018 hatte die (X) Ltd., die, wie die Klägerin, im Goldankaufgewerbe tätig ist, in den Geschäftsräumen der Beklagten einen Altedelmetallankauf durchgeführt und die Aktion mit Plakaten/Flyern beworben.
Die Klägerin vertrat die Auffassung, die Ankaufsaktion der (X) Ltd. verstoße gegen das Verbot des Ankaufs von Edelmetallen im Reisegewerbe (§ 56 Abs. 1 Nr. 2 lit a) GewO) und stelle deshalb eine unzulässige unlautere geschäftliche Handlung dar. Sie mahnte die Beklagte wegen Unterstützung der (X) Ltd. durch das Zurverfügungstellen von Räumen ab, die Beklagte verweigerte jedoch die geforderte Unterlassungsverpflichtungserklärung. In der Folgezeit begründete die (X) Ltd. in den Räumen der Beklagten eine unselbständige Zweigstelle und führte dort im Oktober 2018 eine weitere Goldankaufaktion durch.
Mit der Klage forderte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung unterstützender Handlungen sowie den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Das LG hat die Beklagte - unter Abweisung der auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichteten Klage - verurteilt, es zu unterlassen, Dritte beim Ankauf im Reisegewerbe nach §§ 55 ff. GewO zu unterstützen, soweit keine Ausnahmegenehmigung nach § 55 Abs. 2 S. 3 GewO vorliegt. Zur Begründung der Verurteilung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe gegenüber der Beklagten ein Unterlassungsanspruch zu, weil sie durch die Überlassung von Räumlichkeiten als Gehilfin daran mitgewirkt habe, dass die (X) Ltd. als Mitbewerberin der Klägerin im Wege des Reisegewerbes Altedelmetall angekauft habe.
Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG das Urteil der Vorinstanz teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Die Gründe:
Entgegen der Ansicht des LG haftet die Beklagte für den inkriminierten Verstoß gegen die gewerblichen Regelungen zum Reisegewerbe nicht als Teilnehmerin, weil es an dem dafür notwendigen Vorsatz fehlt.
Unstreitig ist zwar, dass die Beklagte wusste, dass die (X) Ltd. ihre Geschäftsräume nur tageweise nutzen würde, und zwar zu dem Zweck, dort vorübergehend einen Altedelmetallankauf durchzuführen. Die Kenntnis dieser objektiven Tatbestandsmerkmale begründet jedoch noch nicht die Haftung der Beklagten auf Unterlassung. Vielmehr setzt diese auch das Bewusstsein der Unlauterkeit der Geschäftstätigkeit der (X) Ltd. voraus. Die Beklagte haftete also nur dann als Gehilfin auf Unterlassen, wenn sie wusste, dass die (X) Ltd. einen Wettbewerbsverstoß begeht oder wenn sie dies zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm. Zu einer entsprechenden Kenntnis der Beklagten hat die Klägerin nichts vorgetragen. Sie lässt sich - entgegen der Wertung des LG - auch nicht aus dem Umstand schließen, dass die Beklagte selbständige Gewerbetreibende ist.
Auch der Umstand, dass nach Abmahnung der Beklagten in ihren Geschäftsräumen ein weiterer Altedelmetallankauf durch die (X) Ltd. durchgeführt worden war, führte nicht zur Unbegründetheit des Rechtsmittels. Zwar kann die nach den Ausführungen erforderliche Kenntnis des Teilnehmers von der Unlauterkeit einer von ihm unterstützten geschäftlichen Handlung durch substantiierte Aufklärung, wie eine plausibel begründete Abmahnung, herbeigeführt werden mit der Folge, dass zwar nicht der abgemahnte Verstoß wettbewerbsrechtlich relevant ist, sondern nachfolgende gleichartige Handlungen. Es lässt sich allerdings schon nicht feststellen, dass dieser weitere Altedelmetallankauf unter Verstoß gegen die Vorschrift des § 56 Abs. 1 Nr. 2 lit a) GewO stattgefunden hat.
Die Beklagte ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung unternehmerischer Sorgfalt (Verkehrspflichtverletzung) zu der beantragten Unterlassung zu verurteilen. Nach BGH-Rechtsprechung ist auch derjenige Täter einer unlauteren Wettbewerbshandlung, der durch sein Handeln im geschäftlichen Verkehr die ernsthafte Gefahr begründet, dass Dritte durch das Wettbewerbsrecht geschützte Interessen von Marktteilnehmern verletzen, und der gleichwohl der daraus folgenden wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht nicht nachkommt, diese Gefahr im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu begrenzen. Es handelt sich dabei um einen Fall der Mitverantwortlichkeit für einen fremden Wettbewerbsverstoß, der unter den genannten Voraussetzungen eine selbständige Wettbewerbsverletzung darstellt. Doch setzt dies die Schutzbedürftigkeit des Verletzten voraus. Daran fehlt es, wenn dem Verletzten - wie hier - ein unmittelbares Vorgehen gegen den eigentlichen Verletzer möglich und zumutbar ist.
Landesrecht Brandenburg
Die Klägerin betätigt sich überregional im Goldankaufgewerbe. Dabei arbeitet sie mit Agenturen zusammen, die für sie jeweils vor Ort gegen eine Provision Altedelmetalle aufkaufen. Die Beklagte betreibt einen Bestell- und Geschenkeshop. Im März 2018 hatte die (X) Ltd., die, wie die Klägerin, im Goldankaufgewerbe tätig ist, in den Geschäftsräumen der Beklagten einen Altedelmetallankauf durchgeführt und die Aktion mit Plakaten/Flyern beworben.
Die Klägerin vertrat die Auffassung, die Ankaufsaktion der (X) Ltd. verstoße gegen das Verbot des Ankaufs von Edelmetallen im Reisegewerbe (§ 56 Abs. 1 Nr. 2 lit a) GewO) und stelle deshalb eine unzulässige unlautere geschäftliche Handlung dar. Sie mahnte die Beklagte wegen Unterstützung der (X) Ltd. durch das Zurverfügungstellen von Räumen ab, die Beklagte verweigerte jedoch die geforderte Unterlassungsverpflichtungserklärung. In der Folgezeit begründete die (X) Ltd. in den Räumen der Beklagten eine unselbständige Zweigstelle und führte dort im Oktober 2018 eine weitere Goldankaufaktion durch.
Mit der Klage forderte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung unterstützender Handlungen sowie den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Das LG hat die Beklagte - unter Abweisung der auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichteten Klage - verurteilt, es zu unterlassen, Dritte beim Ankauf im Reisegewerbe nach §§ 55 ff. GewO zu unterstützen, soweit keine Ausnahmegenehmigung nach § 55 Abs. 2 S. 3 GewO vorliegt. Zur Begründung der Verurteilung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe gegenüber der Beklagten ein Unterlassungsanspruch zu, weil sie durch die Überlassung von Räumlichkeiten als Gehilfin daran mitgewirkt habe, dass die (X) Ltd. als Mitbewerberin der Klägerin im Wege des Reisegewerbes Altedelmetall angekauft habe.
Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG das Urteil der Vorinstanz teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Die Gründe:
Entgegen der Ansicht des LG haftet die Beklagte für den inkriminierten Verstoß gegen die gewerblichen Regelungen zum Reisegewerbe nicht als Teilnehmerin, weil es an dem dafür notwendigen Vorsatz fehlt.
Unstreitig ist zwar, dass die Beklagte wusste, dass die (X) Ltd. ihre Geschäftsräume nur tageweise nutzen würde, und zwar zu dem Zweck, dort vorübergehend einen Altedelmetallankauf durchzuführen. Die Kenntnis dieser objektiven Tatbestandsmerkmale begründet jedoch noch nicht die Haftung der Beklagten auf Unterlassung. Vielmehr setzt diese auch das Bewusstsein der Unlauterkeit der Geschäftstätigkeit der (X) Ltd. voraus. Die Beklagte haftete also nur dann als Gehilfin auf Unterlassen, wenn sie wusste, dass die (X) Ltd. einen Wettbewerbsverstoß begeht oder wenn sie dies zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm. Zu einer entsprechenden Kenntnis der Beklagten hat die Klägerin nichts vorgetragen. Sie lässt sich - entgegen der Wertung des LG - auch nicht aus dem Umstand schließen, dass die Beklagte selbständige Gewerbetreibende ist.
Auch der Umstand, dass nach Abmahnung der Beklagten in ihren Geschäftsräumen ein weiterer Altedelmetallankauf durch die (X) Ltd. durchgeführt worden war, führte nicht zur Unbegründetheit des Rechtsmittels. Zwar kann die nach den Ausführungen erforderliche Kenntnis des Teilnehmers von der Unlauterkeit einer von ihm unterstützten geschäftlichen Handlung durch substantiierte Aufklärung, wie eine plausibel begründete Abmahnung, herbeigeführt werden mit der Folge, dass zwar nicht der abgemahnte Verstoß wettbewerbsrechtlich relevant ist, sondern nachfolgende gleichartige Handlungen. Es lässt sich allerdings schon nicht feststellen, dass dieser weitere Altedelmetallankauf unter Verstoß gegen die Vorschrift des § 56 Abs. 1 Nr. 2 lit a) GewO stattgefunden hat.
Die Beklagte ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung unternehmerischer Sorgfalt (Verkehrspflichtverletzung) zu der beantragten Unterlassung zu verurteilen. Nach BGH-Rechtsprechung ist auch derjenige Täter einer unlauteren Wettbewerbshandlung, der durch sein Handeln im geschäftlichen Verkehr die ernsthafte Gefahr begründet, dass Dritte durch das Wettbewerbsrecht geschützte Interessen von Marktteilnehmern verletzen, und der gleichwohl der daraus folgenden wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht nicht nachkommt, diese Gefahr im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu begrenzen. Es handelt sich dabei um einen Fall der Mitverantwortlichkeit für einen fremden Wettbewerbsverstoß, der unter den genannten Voraussetzungen eine selbständige Wettbewerbsverletzung darstellt. Doch setzt dies die Schutzbedürftigkeit des Verletzten voraus. Daran fehlt es, wenn dem Verletzten - wie hier - ein unmittelbares Vorgehen gegen den eigentlichen Verletzer möglich und zumutbar ist.