Vorbehaltlose Erstattung von Betriebskostenguthaben stellt auch im Gewerberaummietrecht kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar
BGH 10.7.2013, XII ZR 62/12Der Beklagte hatte vom Kläger ein Ladengeschäft mit Stellplatz angemietet. In dem Mietvertrag verpflichtete sich der Kläger, über die vom Beklagten zu zahlenden Betriebskosten unter Berücksichtigung der geleisteten Vorauszahlungen jährlich abzurechnen
Im September 2010 übersandte der Kläger die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2009 an den Beklagten. Die Abrechnung schloss mit einem Guthaben des Beklagten i.H.v. rund 53 €, das der Kläger sofort an den Beklagten überwies. Nachdem der Beklagte Einwendungen gegen die Nebenkostenabrechnung erhoben hatte, erstellte der Kläger im Oktober 2010 eine neue Ab-rechnung, die unter Berücksichtigung einer zuvor vom Kläger vergessenen Grundsteuerzahlung eine vom Beklagten zu zahlende Differenz i.H.v. 375 € auswies.
Mit der Klage verlangte der Kläger den vorgenannten Betrag, die Rückzahlung des bereits an den Beklagten ausbezahlten Guthabens sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. AG und LG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH die Berufungsentscheidung auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.
Gründe:
Zu Unrecht waren die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass durch den vorbehaltlosen Ausgleich des sich aus der ursprünglichen Betriebskostenabrechnung ergebenden Guthabens durch den Kläger zwischen den Parteien ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zustande gekommen war und der Kläger daher die Betriebskostenabrechnung nicht mehr zu Lasten des Mieters korrigieren konnte.
Zwar war bis zum Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes vom 19.6.2001 in der Rechtsprechung und im Schrifttum überwiegend die Auffassung vertreten worden, dass durch die Übersendung der Betriebskostenabrechnung und den vorbehaltlosen Ausgleich einer sich daraus ergebenden Nachforderung durch den Mieter zwischen den Mietvertragsparteien ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zustande komme, das den errechneten Saldo verbindlich werden lasse und spätere Nachforderungen des Mieters und auch des Vermieters ausschließe. Im Hinblick auf die durch das Mietrechtsänderungsgesetz eingeführten ausschlussbewehrten Abrechnungs- und Einwendungsfristen in § 556 Abs. 3 S. 2 und 3 sowie S. 5 u. 6 BGB wurde im Schrifttum jedoch kein Bedürfnis mehr für die Annahme eines solchen deklaratorischen Schuldanerkenntnisses gesehen, weil durch die Neuregelung anders als nach bisherigem Recht eine rasche Abwicklung der Betriebskosten gewährleistet werde.
Der BGH hat sich für den Bereich der Wohnraummiete dieser Auffassung angeschlossen. Der Senat hat sich nun auch für den Bereich des Gewerberaummietrechts der Auffassung angeschlossen, dass weder durch die vorbehaltlose Zahlung einer Betriebskostennachforderung durch den Mieter noch durch die vorbehaltslose Erstattung eines sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebenden Guthabens durch den Vermieter für sich genommen ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zustande kommt, das einer späteren Korrektur der Betriebskostenabrechnung entgegensteht. Es fehlt in diesem Fall bereits an den allgemeinen Voraussetzungen für das Entstehen eines wirksamen Vertrages. Denn das deklaratorische Schuldanerkenntnis setzt als vertragliches kausales Schuldanerkenntnis das Vorliegen zweier übereinstimmender Willenserklärungen voraus.
Kehrt der Vermieter nach Übersendung der Betriebskostenabrechnung vorbehaltlos ein errechnetes Guthaben an den Mieter aus, gibt er aus der maßgeblichen Sicht des Mieters keine auf den Abschluss eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses gerichtete Willenserklärung ab. Die Betriebskostenabrechnung ist eine reine Wissenserklärung ohne rechtsgeschäftlichen Bindungswillen. Durch die Auszahlung des Guthabens an den Mieter erbringt der Vermieter eine reine Erfüllungshandlung, der kein weiterer rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zukommt. Insbesondere erklärt der Vermieter hiermit nicht, den sich aus der Abrechnung ergebenden Saldo unstreitig stellen zu wollen. Diese Bewertung steht auch im Einklang mit der außerhalb des Mietrechts ergangenen BGH-Rechtsprechung, wonach aufgrund der vorbehaltlosen Zahlung einer Rechnung für sich genommen nicht auf die Vereinbarung eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses geschlossen werden kann.
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