08.11.2013

Vorlage von Nullplan oder Fast-Nullplan im Schuldenbereinigungsplanverfahren zulässig

Im Verfahren der Zustimmungsersetzung zu einem Nullplan kann eine künftige Verbesserung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Schuldners nur berücksichtigt werden, wenn der Gläubiger, dessen Zustimmung ersetzt werden soll, diese glaubhaft gemacht hat. Fehlt es hieran, muss der Schuldner keine Anpassungs- oder Besserungsklausel in den Plan aufgenommen haben.

BGH 10.10.2013, IX ZB 97/12
Der Sachverhalt:
Die Schuldnerin, gegen die acht Gläubiger Forderungen i.H.v. insgesamt rd. 4,6 Mio. € geltend machen, beantragte im Oktober 2011 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Der von ihr vorgelegte Schuldenbereinigungsplan sieht eine Einmalzahlung von 10.000 € an sieben der acht Gläubiger (Befriedigungsquote 0,225 Prozent) sowie die vollständige Befriedigung einer durch eine erstrangige Grundschuld gesicherten Gläubigerin durch Ratenzahlungen von Angehörigen der Schuldnerin vor. Dem Plan stimmten sechs Gläubiger zu.

Hinsichtlich des weiteren Beteiligten zu 1) (Land) mit einer ungesicherten Forderung von rd. 700.000 € und der weiteren Beteiligten zu 2) (Stadt) mit einer Forderung von rd. 243.000 €, stellte die Schuldnerin Anträge auf Zustimmungsersetzung durch das Insolvenzgericht.

Das AG - Insolvenzgericht - wies die Anträge zurück; das Land werde wegen des Verlustes der Möglichkeit der Aufrechnung mit Steuererstattungsansprüchen durch den Schuldenbereinigungsplan schlechter gestellt als bei Durchführung des Insolvenzverfahrens. Das LG änderte die Entscheidung ab und ersetzte die Einwendungen der Widerspruchsgläubiger gegen den Schuldenbereinigungsplan durch ihre Zustimmung. Die Rechtsbeschwerde des beteiligten Landes hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das LG hat die Zustimmung des beteiligten Landes zu dem von der Schuldnerin vorgelegten Schuldenbereinigungsplan zu Recht ersetzt, da es aufgrund des Planes voraussichtlich wirtschaftlich nicht schlechter gestellt wird, als bei Durchführung des Verfahrens über die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung.

Der Schuldnerin konnte die Zustimmungsersetzung weder im Hinblick auf die geringe Befriedigungsquote, die sie ihren Gläubigern angeboten hat, noch hinsichtlich der theoretisch bestehenden Möglichkeit einer Aufrechnung gegen zukünftige Steuererstattungsansprüche versagt werden. Die Vorlage eines Schuldenbereinigungsplans mit dem Angebot einer nur geringfügigen Befriedigungsquote steht der Ersetzung der Zustimmung des widersprechenden Landes nicht entgegen. Der Senat geht entgegen anderer Auffassungen mit der in Rechtsprechung und Literatur überwiegend vertretenen Meinung davon aus, dass ein Nullplan oder ein Schuldenbereinigungsplan, der aufgrund seiner geringen Befriedigungsquote einem derartigen Plan gleichkommt, zulässig ist und auch Gegenstand einer gerichtlichen Zustimmungsersetzung nach § 309 InsO sein kann.

Es ist Sache der Gläubiger, solche Gesichtspunkte vorzutragen und glaubhaft zu machen, welche der Zustimmungsersetzung entgegenstehen. Würde man über die Regelung des § 309 InsO hinaus Bedingungen und Klauseln verlangen, durch die der Schuldner sicherstellt, dass zukünftige Entwicklungen berücksichtigt werden, unterliefe man die gesetzliche Fiktion des § 309 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 2. Halbs. InsO, nach der im Zweifel von gleichbleibenden wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen ist. Die Ersetzung der Zustimmung als wichtiges Instrument zur Förderung gerichtlicher Entscheidungen und damit zur Gerichtsentlastung bliebe wirkungslos, weil entgegen den Vorstellungen des Gesetzgebers die zukünftige Entwicklung der Eigentums- und Vermögensverhältnisse des Schuldners doch wieder in die Entscheidung einbezogen werden müsste. Eine Berücksichtigung fiktiver künftiger Entwicklungsmöglichkeiten findet deshalb nicht statt.

Künftige Veränderungen sind nur dann in die Entscheidung einzubeziehen, wenn sie absehbar und von den Gläubigern vorgetragen und glaubhaft gemacht sind. Bloß theoretische Änderungsmöglichkeiten müssen dagegen ebenso unberücksichtigt bleiben, wie abstrakte Klauseln, denen keine absehbare künftige Entwicklung zugrunde liegt. Vorliegend genügt die nach den Feststellungen des LG nur theoretische Aussicht, dass zukünftig Aufrechnungsmöglichkeiten des Landes entstehen könnten, die durch den Schuldenbereinigungsplan abgeschnitten werden, nicht, um die Zustimmungsersetzung zu versagen. Das Land hat den Feststellungen des LG, wonach frühere Verlustvorträge verbraucht sind und die Schuldnerin ein Einkommen erzielt, bei dem sie keine Steuern abzuführen hat, so dass auch keine Steuererstattungsansprüche entstehen können, nichts entgegenzusetzen.

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