Wahrung der Urheberrechte im Internet: EuGH zur Erlaubnispflichtigkeit des Framing
EuGH v. 9.3.2021 - C-392/19
Der Sachverhalt:
Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), eine deutsche Stiftung, ist Trägerin der Deutschen Digitalen Bibliothek, die eine Online-Plattform für Kultur und Wissen anbietet, die deutsche Kulturund Wissenschaftseinrichtungen miteinander vernetzt. Diese Bibliothek verlinkt auf ihrer Website digitalisierte Inhalte, die in den Webportalen der zuliefernden Einrichtungen gespeichert sind. Als "digitales Schaufenster" speichert die Deutsche Digitale Bibliothek selbst nur Vorschaubilder (thumbnails), d.h. verkleinerte Versionen der Bilder in Originalgröße.
Die VG Bild-Kunst, eine Gesellschaft zur kollektiven Wahrnehmung von Urheberrechten an Werken der bildenden Künste in Deutschland, macht den Abschluss eines Lizenzvertrags mit der SPK über die Nutzung ihres Repertoires von Werken in Form von Vorschaubildern davon abhängig, dass in den Vertrag eine Bestimmung aufgenommen wird, wonach sich die SPK verpflichtet, bei der Nutzung der Werke wirksame technische Maßnahmen gegen das Framing der im Portal der Deutschen Digitalen Bibliothek angezeigten Vorschaubilder dieser Werke durch Dritte durchzuführen.
Da die SPK eine solche Vertragsbedingung aus urheberrechtlichen Gründen nicht für angemessen hielt, erhob sie vor den deutschen Gerichten Klage auf Feststellung einer Verpflichtung der VG Bild-Kunst, die fragliche Lizenz zu erteilen, ohne diese an die Bedingung zu knüpfen, dass Maßnahmen zur Verhinderung von Framing getroffen werden.
Vor diesem Hintergrund ersuchte der BGH den EuGH um Klärung der Frage, ob dieses Framing als eine öffentliche Wiedergabe i.S.d. Richtlinie 2001/29 anzusehen ist, was es der VG Bild-Kunst erlauben würde, die SPK zur Durchführung dieser Maßnahmen zu verpflichten.
Der EuGH hat entschieden, dass die Einbettung urheberrechtlich geschützter und der Öffentlichkeit mit Erlaubnis des Inhabers des Urheberrechts auf einer anderen Website frei zugänglich gemachter Werke in die Website eines Dritten im Wege des Framing eine öffentliche Wiedergabe darstellt, wenn sie unter Umgehung von Schutzmaßnahmen gegen Framing erfolgt, die dieser Rechtsinhaber getroffen oder veranlasst hat.
Die Gründe:
Die Änderung der Größe der Werke bei Gelegenheit eines Framings spielt für die Beurteilung, ob eine öffentliche Wiedergabe vorliegt, keine Rolle, solange die Originalelemente dieser Werke erkennbar sind.
Die Framing-Technik stellt eine Handlung der öffentlichen Wiedergabe dar, da damit der angezeigte Gegenstand sämtlichen potenziellen Nutzern einer Website zugänglich gemacht wird. Diese Wiedergabe erfüllt nicht die Voraussetzung eines neuen Publikums und stellt daher keine "öffentliche" Wiedergabe i.S.d. Richtlinie 2001/29 dar, da die Framing-Technik nach demselben technischen Verfahren erfolgt wie das bereits zur öffentlichen Wiedergabe des geschützten Werks verwendete Verfahren.
Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Zugang zu den betreffenden Werken auf der ursprünglichen Website keinen Beschränkungen unterliegt. In diesem Fall hat der Rechtsinhaber nämlich von Anfang an die Wiedergabe seiner Werke ggü. sämtlichen Internetnutzern erlaubt.
Hat der Rechtsinhaber im Zusammenhang mit der Veröffentlichung seiner Werke dagegen von Anfang an beschränkende Maßnahmen getroffen oder veranlasst, dann hat er der freien öffentlichen Wiedergabe seiner Werke durch Dritte nicht zugestimmt. Vielmehr wollte er die Öffentlichkeit, die Zugang zu seinen Werken hat, auf die Nutzer einer bestimmten Website beschränken.
Wenn der Urheberrechtsinhaber beschränkende Maßnahmen gegen Framing getroffen oder veranlasst hat, stellt die Einbettung eines Werks in eine Website eines Dritten im Wege der Framing-Technik eine "Zugänglichmachung dieses Werks für ein neues Publikum" dar. Diese öffentliche Wiedergabe bedarf daher der Erlaubnis der betreffenden Rechtsinhaber.
Ansonsten würde nämlich eine Regel der Erschöpfung des Rechts der Wiedergabe aufgestellt. Diese Regel nähme dem Urheberrechtsinhaber die Möglichkeit, eine angemessene Vergütung für die Nutzung seines Werks zu verlangen. Damit liefe ein solcher Ansatz dem angemessenen Ausgleich zuwider, den es zwischen den Interessen der Inhaber von Urheber- und verwandten Rechten am Schutz ihres Rechts am geistigen Eigentum einerseits und dem Schutz der Interessen und Grundrechte der Nutzer von Schutzgegenständen andererseits im Umfeld der Digitaltechnik zu sichern gilt.
Der Urheberrechtsinhaber kann seine Zustimmung zum Framing nicht auf andere Weise als durch wirksame technische Maßnahmen beschränken. Ohne solche Maßnahmen könnte es nämlich schwierig sein, zu überprüfen, ob sich der Rechtsinhaber dem Framing seiner Werke widersetzen wollte.
EuGH v. 9.3.2021 - C-392/19
(VG Bild-Kunst / Stiftung Preußischer Kulturbesitz)
EuGH PM Nr. 36 vom 9.3.2021
Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), eine deutsche Stiftung, ist Trägerin der Deutschen Digitalen Bibliothek, die eine Online-Plattform für Kultur und Wissen anbietet, die deutsche Kulturund Wissenschaftseinrichtungen miteinander vernetzt. Diese Bibliothek verlinkt auf ihrer Website digitalisierte Inhalte, die in den Webportalen der zuliefernden Einrichtungen gespeichert sind. Als "digitales Schaufenster" speichert die Deutsche Digitale Bibliothek selbst nur Vorschaubilder (thumbnails), d.h. verkleinerte Versionen der Bilder in Originalgröße.
Die VG Bild-Kunst, eine Gesellschaft zur kollektiven Wahrnehmung von Urheberrechten an Werken der bildenden Künste in Deutschland, macht den Abschluss eines Lizenzvertrags mit der SPK über die Nutzung ihres Repertoires von Werken in Form von Vorschaubildern davon abhängig, dass in den Vertrag eine Bestimmung aufgenommen wird, wonach sich die SPK verpflichtet, bei der Nutzung der Werke wirksame technische Maßnahmen gegen das Framing der im Portal der Deutschen Digitalen Bibliothek angezeigten Vorschaubilder dieser Werke durch Dritte durchzuführen.
Da die SPK eine solche Vertragsbedingung aus urheberrechtlichen Gründen nicht für angemessen hielt, erhob sie vor den deutschen Gerichten Klage auf Feststellung einer Verpflichtung der VG Bild-Kunst, die fragliche Lizenz zu erteilen, ohne diese an die Bedingung zu knüpfen, dass Maßnahmen zur Verhinderung von Framing getroffen werden.
Vor diesem Hintergrund ersuchte der BGH den EuGH um Klärung der Frage, ob dieses Framing als eine öffentliche Wiedergabe i.S.d. Richtlinie 2001/29 anzusehen ist, was es der VG Bild-Kunst erlauben würde, die SPK zur Durchführung dieser Maßnahmen zu verpflichten.
Der EuGH hat entschieden, dass die Einbettung urheberrechtlich geschützter und der Öffentlichkeit mit Erlaubnis des Inhabers des Urheberrechts auf einer anderen Website frei zugänglich gemachter Werke in die Website eines Dritten im Wege des Framing eine öffentliche Wiedergabe darstellt, wenn sie unter Umgehung von Schutzmaßnahmen gegen Framing erfolgt, die dieser Rechtsinhaber getroffen oder veranlasst hat.
Die Gründe:
Die Änderung der Größe der Werke bei Gelegenheit eines Framings spielt für die Beurteilung, ob eine öffentliche Wiedergabe vorliegt, keine Rolle, solange die Originalelemente dieser Werke erkennbar sind.
Die Framing-Technik stellt eine Handlung der öffentlichen Wiedergabe dar, da damit der angezeigte Gegenstand sämtlichen potenziellen Nutzern einer Website zugänglich gemacht wird. Diese Wiedergabe erfüllt nicht die Voraussetzung eines neuen Publikums und stellt daher keine "öffentliche" Wiedergabe i.S.d. Richtlinie 2001/29 dar, da die Framing-Technik nach demselben technischen Verfahren erfolgt wie das bereits zur öffentlichen Wiedergabe des geschützten Werks verwendete Verfahren.
Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Zugang zu den betreffenden Werken auf der ursprünglichen Website keinen Beschränkungen unterliegt. In diesem Fall hat der Rechtsinhaber nämlich von Anfang an die Wiedergabe seiner Werke ggü. sämtlichen Internetnutzern erlaubt.
Hat der Rechtsinhaber im Zusammenhang mit der Veröffentlichung seiner Werke dagegen von Anfang an beschränkende Maßnahmen getroffen oder veranlasst, dann hat er der freien öffentlichen Wiedergabe seiner Werke durch Dritte nicht zugestimmt. Vielmehr wollte er die Öffentlichkeit, die Zugang zu seinen Werken hat, auf die Nutzer einer bestimmten Website beschränken.
Wenn der Urheberrechtsinhaber beschränkende Maßnahmen gegen Framing getroffen oder veranlasst hat, stellt die Einbettung eines Werks in eine Website eines Dritten im Wege der Framing-Technik eine "Zugänglichmachung dieses Werks für ein neues Publikum" dar. Diese öffentliche Wiedergabe bedarf daher der Erlaubnis der betreffenden Rechtsinhaber.
Ansonsten würde nämlich eine Regel der Erschöpfung des Rechts der Wiedergabe aufgestellt. Diese Regel nähme dem Urheberrechtsinhaber die Möglichkeit, eine angemessene Vergütung für die Nutzung seines Werks zu verlangen. Damit liefe ein solcher Ansatz dem angemessenen Ausgleich zuwider, den es zwischen den Interessen der Inhaber von Urheber- und verwandten Rechten am Schutz ihres Rechts am geistigen Eigentum einerseits und dem Schutz der Interessen und Grundrechte der Nutzer von Schutzgegenständen andererseits im Umfeld der Digitaltechnik zu sichern gilt.
Der Urheberrechtsinhaber kann seine Zustimmung zum Framing nicht auf andere Weise als durch wirksame technische Maßnahmen beschränken. Ohne solche Maßnahmen könnte es nämlich schwierig sein, zu überprüfen, ob sich der Rechtsinhaber dem Framing seiner Werke widersetzen wollte.
EuGH v. 9.3.2021 - C-392/19
(VG Bild-Kunst / Stiftung Preußischer Kulturbesitz)