Wann sind außergerichtliche Patentanwaltskosten zu erstatten?
BGH 21.12.2011, I ZR 196/10Die Beklagte hatte gegen die Klägerin wegen einer vermeintlichen Verletzung verschiedener Marken im April 2006 beim LG eine einstweilige Verfügung erwirkt, die der Klägerin den Vertrieb und das Angebot von Schuhen untersagte, die mit einer bestimmten Streifenkennzeichnung versehen waren. Die Klägerin beauftragte daraufhin Rechtsanwälte, die dem LG die Vertretung der Klägerin und die Mitwirkung eines Patentanwalts anzeigten.
Das LG wies die Hauptsacheklage der Beklagten ab. Die Beklagte nahm die zunächst eingelegte Berufung zurück. Nachdem das LG-Urteil rechtskräftig geworden war, verzichtete die Beklagte auf die Rechte aus der beim LG erwirkten einstweiligen Verfügung, woraufhin dieses die einstweilige Verfügung für wirkungslos erklärte. Die Klägerin forderte daraufhin die Beklagte auf, ihre Verpflichtung zur Erstattung aller der Klägerin im Zusammenhang mit dem Verfahren der einstweiligen Verfügung entstandenen Kosten anzuerkennen.
Mit Anerkenntnisurteil verpflichtete ein anderes LG die Beklagte, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der dieser insbesondere durch die Vollziehung der einstweiligen Verfügung entstanden war oder noch entstehen wird. Die Klägerin nahm die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auf Erstattung der Kosten für Rechtsanwälte und Patentanwälte i.H.v. insgesamt 8.467 € in Anspruch. LG und OLG gaben der Klage statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels i.H. eines Betrages von 1.895 € auf.
Die Gründe:
Die Klägerin kann von der Beklagten zwar die Erstattung der gerichtlichen, nicht aber die Erstattung der außergerichtlichen Patentanwaltskosten beanspruchen.
Zwar hatte das OLG mit Recht angenommen, dass die Beklagte der Klägerin die Kosten von 1.661 € für die gerichtliche Tätigkeit des Patentanwalts im Verfahren der einstweiligen Verfügung beim LG zu erstatten hat. Nach § 140 Abs. 3 MarkenG sind von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache entstehen, die Gebühren nach § 13 RVG und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten. Zu den Kennzeichenstreitsachen i.S.d. § 140 Abs. 1 MarkenG zählen auch Verfahren der einstweiligen Verfügung, durch die ein Anspruch aus einem der im Markengesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird.
Zu Unrecht hatte das OLG allerdings angenommen, dass der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung der Kosten von 1.507 € für die vorgerichtliche Tätigkeit des Patentanwalts im Hauptsacheverfahren vor dem LG und hinsichtlich der Kosten von 387 € für die vorgerichtliche Tätigkeit des Patentanwalts zur Geltendmachung von Schadensersatz im Verfahren vor dem anderen LG zustünden. Entgegen der Ansicht des OLG ist die für gerichtliche Patentanwaltskosten geltende Bestimmung des § 140 Abs. 3 MarkenG auf außergerichtliche Patentanwaltskosten nicht entsprechend anwendbar.
Hat neben einem Rechtsanwalt auch ein Patentanwalt an der Abwehr einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung mitgewirkt, dann kann die Erstattung der durch die Mitwirkung des Patentanwalts entstandenen Kosten nach §§ 677, 683 S. 1, § 670 BGB nur beansprucht werden, wenn der Anspruchsteller darlegt und nachweist, dass die Mitwirkung des Patentanwalts erforderlich war. Diese Voraussetzung ist in der Regel allenfalls dann erfüllt, wenn der Patentanwalt dabei Aufgaben übernommen hat, die - wie etwa Recherchen zum Registerstand oder zur Benutzungslage - zum typischen Arbeitsgebiet eines Patentanwalts gehören. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann die Notwendigkeit der außergerichtlichen Mitwirkung eines Patentanwalts neben einem Rechtsanwalt nicht im Wege einer typisierenden Betrachtungsweise für komplexe oder bedeutsame Angelegenheiten generell bejaht werden.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin nicht konkret vorgetragen, warum es erforderlich war, für die abgerechneten Tätigkeiten neben einem Rechtsanwalt zusätzlich einen Patentanwalt einzuschalten. Insbesondere war weder vom OLG festgestellt noch von der Klägerin vorgetragen worden, dass Recherchen zum Registerstand durchgeführt wurden und notwendig waren.
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