Werbeaussage "klimaneutral" für eine Ware nicht per se irreführend
Schleswig-Holsteinisches OLG v. 30.6.2022 - 6 U 46/21
Der Sachverhalt:
Die Beklagte vertreibt unter verschiedenen Marken Haushalts- und Hygieneartikel. Dazu zählen Müllbeutel, die sie unter der eingetragenen Wortmarke X in verschiedenen Varianten anbietet. Die Werbung für Müllbeutel der Produktserie "X klimaneutral" hält der Kläger für unlauter. Nach vergeblicher Abmahnung erhob der Kläger Klage mit dem Antrag, der Beklagte die Werbung für Müllbeutel mit der Angabe "klimaneutral" zu untersagen.
Das LG gab der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten wies das OLG die Klage ab.
Die Gründe:
Die Gestaltung der Verpackung ist nicht irreführend i.S.d. § 5 UWG.
Eine Irreführung nach § 5 UWG liegt vor, wenn das Verständnis, das eine Angabe in dem angesprochenen Verkehrskreis erweckt, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Die Gefahr einer Täuschung des Verkehrs dahingehend, dass es ein Unternehmen X gebe, das ausschließlich klimaneutral hergestellte Waren anbiete, ist nicht zu erkennen. Der Verkehr ist es gewohnt, dass ein Unternehmen ein Produkt unter derselben Kennzeichnung in verschiedenen Varianten vertreibt und dabei die einzelnen Varianten mit Zusätzen versieht, die auf ihre jeweiligen Merkmale hinweisen (z.B. Bier x mit und ohne Alkohol oder mit Zitronengeschmack u.ä.). Er wird deshalb aus der Bewerbung eines Produkts unter einer ihm bekannten Kennzeichnung, bei dem eine bestimmte Eigenschaft hervorgehoben wird, nicht schließen, dass diese Eigenschaft für alle Waren des Unternehmens gelte.
Das gilt erst recht, wenn er mehrere Produktvarianten eines Unternehmens unter derselben Kennzeichnung, aber mit einem die jeweilige Variante auszeichnenden Zusatz nebeneinander präsentiert bekommt. So ist es hier, denn die streitgegenständlichen Müllbeutel werden im Geschäft regelmäßig neben deutlich preiswerteren anderen Müllbeuteln der Marke "X" ohne den Zusatz "klimaneutral" angeboten. Nach alldem lässt die auf einem Haushaltsartikel (Müllbeutel) neben einem Warenlogo aufgedruckte Werbeaussage "klimaneutral" nicht darauf schließen, dass das herstellende Unternehmen ausschließlich klimaneutrale Ware produziere.
Die Angabe "klimaneutral" ist nicht dadurch irreführend, dass der Verbraucher ohne nähere Erläuterungen nicht beurteilen kann, wie Klimaneutralität erreicht werde. Entscheidend darin hat der Kläger ausweislich seines Abmahnschreibens ursprünglich die irreführende Wirkung der Aussage gesehen. Anders als der unscharfe Begriff der "Umweltfreundlichkeit" enthält der der "Klimaneutralität" eine eindeutige und auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfbare Aussage. Er enthält die Erklärung, dass die damit beworbene Ware eine ausgeglichene CO²-Bilanz aufweist. Die Angabe "klimaneutral" enthält hingegen nicht auch die weitere Erklärung, die ausgeglichene Bilanz werde durch gänzliche Emissionsvermeidung bei der Produktion erreicht. Dies gilt erst recht, wenn die Angabe mit dem deutlich sichtbaren Hinweis verbunden wird, dass zur Herstellung der Klimaneutralität Klimaschutzprojekte unterstützt werden, Erläuternder Hinweise zu Art und Umfang der Kompensationsmaßnahmen bedarf es nicht.
Mehr zum Thema:
Aufsatz:
Werbung mit Klimaneutralität
Sönke Ahrens, IPRB 2021, 142
Auch nachzulesen im Beratermodul IPRB - Recht des geistigen Eigentums und der Medien:
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Die Beklagte vertreibt unter verschiedenen Marken Haushalts- und Hygieneartikel. Dazu zählen Müllbeutel, die sie unter der eingetragenen Wortmarke X in verschiedenen Varianten anbietet. Die Werbung für Müllbeutel der Produktserie "X klimaneutral" hält der Kläger für unlauter. Nach vergeblicher Abmahnung erhob der Kläger Klage mit dem Antrag, der Beklagte die Werbung für Müllbeutel mit der Angabe "klimaneutral" zu untersagen.
Das LG gab der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten wies das OLG die Klage ab.
Die Gründe:
Die Gestaltung der Verpackung ist nicht irreführend i.S.d. § 5 UWG.
Eine Irreführung nach § 5 UWG liegt vor, wenn das Verständnis, das eine Angabe in dem angesprochenen Verkehrskreis erweckt, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Die Gefahr einer Täuschung des Verkehrs dahingehend, dass es ein Unternehmen X gebe, das ausschließlich klimaneutral hergestellte Waren anbiete, ist nicht zu erkennen. Der Verkehr ist es gewohnt, dass ein Unternehmen ein Produkt unter derselben Kennzeichnung in verschiedenen Varianten vertreibt und dabei die einzelnen Varianten mit Zusätzen versieht, die auf ihre jeweiligen Merkmale hinweisen (z.B. Bier x mit und ohne Alkohol oder mit Zitronengeschmack u.ä.). Er wird deshalb aus der Bewerbung eines Produkts unter einer ihm bekannten Kennzeichnung, bei dem eine bestimmte Eigenschaft hervorgehoben wird, nicht schließen, dass diese Eigenschaft für alle Waren des Unternehmens gelte.
Das gilt erst recht, wenn er mehrere Produktvarianten eines Unternehmens unter derselben Kennzeichnung, aber mit einem die jeweilige Variante auszeichnenden Zusatz nebeneinander präsentiert bekommt. So ist es hier, denn die streitgegenständlichen Müllbeutel werden im Geschäft regelmäßig neben deutlich preiswerteren anderen Müllbeuteln der Marke "X" ohne den Zusatz "klimaneutral" angeboten. Nach alldem lässt die auf einem Haushaltsartikel (Müllbeutel) neben einem Warenlogo aufgedruckte Werbeaussage "klimaneutral" nicht darauf schließen, dass das herstellende Unternehmen ausschließlich klimaneutrale Ware produziere.
Die Angabe "klimaneutral" ist nicht dadurch irreführend, dass der Verbraucher ohne nähere Erläuterungen nicht beurteilen kann, wie Klimaneutralität erreicht werde. Entscheidend darin hat der Kläger ausweislich seines Abmahnschreibens ursprünglich die irreführende Wirkung der Aussage gesehen. Anders als der unscharfe Begriff der "Umweltfreundlichkeit" enthält der der "Klimaneutralität" eine eindeutige und auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfbare Aussage. Er enthält die Erklärung, dass die damit beworbene Ware eine ausgeglichene CO²-Bilanz aufweist. Die Angabe "klimaneutral" enthält hingegen nicht auch die weitere Erklärung, die ausgeglichene Bilanz werde durch gänzliche Emissionsvermeidung bei der Produktion erreicht. Dies gilt erst recht, wenn die Angabe mit dem deutlich sichtbaren Hinweis verbunden wird, dass zur Herstellung der Klimaneutralität Klimaschutzprojekte unterstützt werden, Erläuternder Hinweise zu Art und Umfang der Kompensationsmaßnahmen bedarf es nicht.
Aufsatz:
Werbung mit Klimaneutralität
Sönke Ahrens, IPRB 2021, 142
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