Werbung mit einheitlicher Kurzbezeichnung bei bloßer Kooperation zwischen Rechtsanwalt sowie Steuerberater und Wirtschaftsprüfer unzulässig
BGH 6.11.2013, I ZR 147/12Die Klägerin beanstandet den vom beklagten Rechtsanwalt verwendeten Briefbogen als irreführend im Hinblick auf die Angabe "Wirtschaftsprüfer". Der Beklagte betreibt seine Rechtsanwaltskanzlei in Bürogemeinschaft mit dem Steuerberater und Wirtschaftsprüfer D.M.. Er verwendet das Logo "HM" mit dem Zusatz "Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater" links oben auf seinen Briefböge.
Das Logo nimmt auf dem Briefbogen den mit Abstand größten Raum ein, und auch der Zusatz ist in der Schriftgröße hervorgehoben. Auf der rechten Seite des Briefbogens findet sich unterhalb der groß gehaltenen Überschrift "H., v.W. und Kollegen" und dem Zusatz "Rechtsanwälte" zunächst eine Aufstellung der Rechtsanwälte der Kanzlei, sowie weiter unten unterhalb eines klein gehaltenen Hinweises "in Kooperation mit" der Name von D.M. mit den Zusätzen "Wirtschaftsprüfer Steuerberater".
Die Klägerin beantragte, es dem Beklagten unter zu untersagen, mit dem Hinweis "Wirtschaftsprüfer" zu werben, wenn dies wie auf dem Briefbogen erfolgt.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und gab der Klage statt.
Die Gründe:
Die Gestaltung des beanstandeten Briefbogens ist irreführend, §§ 8, 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG.
Wird der Kurzbezeichnung einer Rechtsanwaltskanzlei ein Zusatz zur Qualifikation der Berufsträger wie "Rechtsanwälte und Notare" oder "Wirtschaftsprüfer und Steuerberater" hinzugesetzt, versteht der Verkehr dies als Hinweis darauf, dass sich in der entsprechenden Kanzlei Berufsträger dieser Qualifikation zusammengeschlossen haben. Die auf dem Briefbogen des Beklagten blickfangmäßig hervorgehobene Bezeichnung "HM Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater" erscheint dem Verkehr als eine solche Kurzbezeichnung einer Anwaltskanzlei i.S.v. § 9 BORA. Ihrer Gestaltung ist nicht zu entnehmen, dass es sich bei "HM" lediglich um eine Kooperation von Rechtsanwälten mit einem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater handelt. Die gegenteilige Auffassung des OLG widerspricht der Lebenserfahrung und ist mit der Rechtsprechung des BGH nicht vereinbar.
In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, dass der Begriff der Sozietät aus Sicht des Verkehrs keinen eindeutigen Inhalt mehr haben mag. Rechtsanwälten stehen mittlerweile neben der GbR zahlreiche andere Rechtsformen für die gemeinschaftliche Berufsausübung zur Verfügung, wie die Partnerschaftsgesellschaft, die Anwalts-GmbH oder ausländische Rechtsformen. Unabhängig davon hat der Verkehr allerdings die berechtigte Erwartung, dass sich die unter einer einheitlichen Kurzbezeichnung auftretenden Berufsträger unter Aufgabe ihrer beruflichen und unternehmerischen Selbständigkeit zu gemeinschaftlicher Berufsausübung in einer haftungsrechtlichen Einheit verbunden haben. Eine Bürogemeinschaft oder Kooperation unternehmerisch eigenständiger Berufsträger wird der Verkehr unter einer einheitlichen Kurzbezeichnung nur bei hinreichend deutlichen Hinweisen erkennen.
Anders als unter Umständen bei Hinzufügung des Hinweises "Zusammenschluss von Sozietäten" hat der Verkehr bei der im Streitfall verwendeten Kurzbezeichnung keinen Anlass anzunehmen, es handele sich bei "HM" um jeweils rechtlich eigenständige Kanzleien, nämlich um eine für Recht und eine für Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung. Er wird daher über die tatsächlichen rechtlichen Verhältnisse irregeführt. Die durch die Gestaltung der Kurzbezeichnung hervorgerufene Irreführungsgefahr wird bei der gebotenen Gesamtbetrachtung auch nicht durch die übrige Gestaltung des Briefbogens ausgeräumt. Insbes. die entscheidende Erläuterung "in Kooperation mit" fällt nur bei besonders aufmerksamer Lektüre des Briefbogens auf. Die Gefahr, den Kooperationshinweis zu überlesen, wird noch dadurch verstärkt, dass der Wirtschaftsprüfer D.M. dem Kanzleinamen H. drucktechnisch eindeutig unter- und ihm dadurch zugeordnet wird.
Die durch die Gestaltung des Briefbogens hervorgerufene Fehlvorstellung des Verkehrs ist auch wettbewerbsrechtlich relevant. Bei einer Kooperation werden Mandate nicht gemeinschaftlich, sondern von jedem im Rahmen der Kooperation tätigen Berufsträger gesondert angenommen, so dass allein dieser dem Mandanten für die fehlerhafte Bearbeitung der übertragenen Rechtsangelegenheit haftet. Und bei einer Inanspruchnahme von Dienstleistungen sowohl der Rechtsanwälte wie auch des Steuerberaters und Wirtschaftsprüfers durch einen Mandanten im selben Fall wird nicht ohne weiteres deutlich, welche Kanzlei bei eventuellen Beratungsfehlern haftet, wenn als Fehlerursache zunächst sowohl die rechtliche als auch die steuerliche Beratung in Betracht kommt.
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