Werbung mit kostenloser Abgabe von Schutzmasken nicht wettbewerbswidrig
OLG Brandenburg v. 18.3.2021 - 6 W 15/21
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller ist ein Wettbewerbsverband. Er begehrte, dem Antragsgegner im Wege einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern für die Abgabe von FFP2-Schutzmasken auf Grundlage der Verordnung zum Anspruch auf Schutzmasken zur Vermeidung einer Infektion mit dem Coronavirus Sars-COV-2 (Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung, SchutzmV) mit einer kostenlosen Abgabe zu werben, d.h. auf die Vereinnahmung der vorgesehenen Eigenbeteiligung (Zuzahlung) zu verzichten.
Das LG hat den Antrag zurückgewiesen. Es war der Ansicht, die inkriminierte Werbung sei nicht als unlauteres Verhalten zu bewerten, weil § 6 SchutzmV, der eine Eigenbeteiligung von zwei Euro je sechs abgegebener Masken vorsehe, keine Marktverhaltensregel darstelle. Das Verhalten des Antragsgegners verstoße auch nicht gegen § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG), weil die beworbenen Masken nicht als Medizinprodukte i.S.d. Medizinproduktegesetz (MPG), sondern als persönliche Schutzausrüstung i.S.d. VO (EU) 2016/425 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.3.2016 über persönliche Schutzausrüstungen zu qualifizieren seien.
Auch die hiergegen gerichtete sofortigen Beschwerde des Antragstellers vor dem OLG blieb erfolglos.
Die Gründe:
Dem Antragsteller kommt ein Verfügungsanspruch nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3, § 3a UWG nicht zu, denn der Werbeauftritt des Antragsgegners stellt keine unzulässige unlautere geschäftliche Handlung i.S.d. § 3 UWG dar. Insbesondere handelt der Antragsgegner mit dem inkriminierten Vorgehen nicht einer gesetzlichen Vorschrift zuwider, die dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, § 3a UWG.
Soweit der Antragsteller rügt, dass der Antragsgegner gegen § 6 SchutzmV verstoße, weil er auf die Einziehung der dort vorgeschriebenen Eigenbeteiligung von zwei Euro je Abgabe von sechs Schutzmasken verzichte, hat das LG dies zutreffend nicht als Verstoß gegen eine Marktverhaltensregel gewertet. Die in § 6 SchutzmV vorgesehene Eigenbeteiligung i.H.v. zwei Euro je Abgabe von sechs Schutzmasken soll zur verantwortungsvollen Inanspruchnahme der Berechtigung zum Bezug von Schutzmasken beitragen (Referentenentwurf des Bundesministerium für Gesundheit vom 13.12.2020, S. 17). Es soll also der erhöhten Eigenverantwortung der Versicherten Rechnung getragen werden, gleichzeitig wird das Kostenbewusstsein der Maskenempfänger gestärkt.
Damit dient § 6 SchutzmV nach der Intention des Verordnungsgebers zwar der Verhaltenssteuerung von Marktteilnehmern, nämlich des Kreises der zum Empfang der Schutzmasken nach § 1 SchutzmV Berechtigten als Nachfrager solcher Schutzmasken. Diese Verhaltenssteuerung bezweckt aber nicht die Schaffung gleichwertiger Wettbewerbsbedingungen, um im Interesse der übrigen Marktteilnehmer den Wettbewerb zu regeln, sondern den achtsamen Umgang mit einem zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung knappen Gut. Ob diese Regelungen, wie der Antragsteller geltend macht, als Marktverhaltensregeln zu qualifizieren sind, bedarf keiner Entscheidung, denn der Antragsteller macht nicht einen Verstoß gegen die dieses Procedere regelnde §§ 2-4 SchutzmV geltend, sondern ausdrücklich gegen § 6 SchutzmV.
Zu Recht hat das LG auch einen Verstoß des Antragsgegners gegen § 7 HWG verneint. Das Vorliegen eines Medizinproduktes unterstellt, wäre die inkriminierte Werbung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG schon deshalb nicht unzulässig, weil der nicht eingezogene Eigenanteil von zwei Euro eine geringwertige Kleinigkeit darstellt, die von dem Werbegabenverbot ausdrücklich ausgenommen ist. Der Zweck der in § 7 HWG enthaltenen Regelung besteht vor allem darin, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, nicht durch die Aussicht auf Zugaben und Werbegaben unsachlich beeinflusst werden sollen.
Nach dem Sinn und Zweck der Regelung fallen unter das Verbot deshalb nicht Gegenstände von so geringem Wert, der eine relevante unsachliche Beeinflussung der Werbeadressaten als ausgeschlossen erscheinen lässt. Im Hinblick auf die leichte Beeinflussbarkeit der Werbeadressaten ist dabei von einer eher niedrigen Wertgrenze auszugehen, die der BGH bei einem Wert von einem Euro als noch gewahrt angesehen hat (BGH-Urt. v. 9.9.2010 - I ZR 98/08 - Bonuspunkte). Vorliegend überschreitet der Wert des übernommenen Eigenanteils - zwei Euro für die Abnahme von sechs Schutzmasken, also 0,33 € je Schutzmaske - die Schwelle, bis zu der eine geringwertige Kleinigkeit angenommen werden kann, nicht.
Linkhinweis:
Den Volltext der Entscheidung finden Sie in der Datenbank Otto Schmidt online.
Landesrecht Brandenburg
Der Antragsteller ist ein Wettbewerbsverband. Er begehrte, dem Antragsgegner im Wege einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern für die Abgabe von FFP2-Schutzmasken auf Grundlage der Verordnung zum Anspruch auf Schutzmasken zur Vermeidung einer Infektion mit dem Coronavirus Sars-COV-2 (Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung, SchutzmV) mit einer kostenlosen Abgabe zu werben, d.h. auf die Vereinnahmung der vorgesehenen Eigenbeteiligung (Zuzahlung) zu verzichten.
Das LG hat den Antrag zurückgewiesen. Es war der Ansicht, die inkriminierte Werbung sei nicht als unlauteres Verhalten zu bewerten, weil § 6 SchutzmV, der eine Eigenbeteiligung von zwei Euro je sechs abgegebener Masken vorsehe, keine Marktverhaltensregel darstelle. Das Verhalten des Antragsgegners verstoße auch nicht gegen § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG), weil die beworbenen Masken nicht als Medizinprodukte i.S.d. Medizinproduktegesetz (MPG), sondern als persönliche Schutzausrüstung i.S.d. VO (EU) 2016/425 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.3.2016 über persönliche Schutzausrüstungen zu qualifizieren seien.
Auch die hiergegen gerichtete sofortigen Beschwerde des Antragstellers vor dem OLG blieb erfolglos.
Die Gründe:
Dem Antragsteller kommt ein Verfügungsanspruch nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3, § 3a UWG nicht zu, denn der Werbeauftritt des Antragsgegners stellt keine unzulässige unlautere geschäftliche Handlung i.S.d. § 3 UWG dar. Insbesondere handelt der Antragsgegner mit dem inkriminierten Vorgehen nicht einer gesetzlichen Vorschrift zuwider, die dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, § 3a UWG.
Soweit der Antragsteller rügt, dass der Antragsgegner gegen § 6 SchutzmV verstoße, weil er auf die Einziehung der dort vorgeschriebenen Eigenbeteiligung von zwei Euro je Abgabe von sechs Schutzmasken verzichte, hat das LG dies zutreffend nicht als Verstoß gegen eine Marktverhaltensregel gewertet. Die in § 6 SchutzmV vorgesehene Eigenbeteiligung i.H.v. zwei Euro je Abgabe von sechs Schutzmasken soll zur verantwortungsvollen Inanspruchnahme der Berechtigung zum Bezug von Schutzmasken beitragen (Referentenentwurf des Bundesministerium für Gesundheit vom 13.12.2020, S. 17). Es soll also der erhöhten Eigenverantwortung der Versicherten Rechnung getragen werden, gleichzeitig wird das Kostenbewusstsein der Maskenempfänger gestärkt.
Damit dient § 6 SchutzmV nach der Intention des Verordnungsgebers zwar der Verhaltenssteuerung von Marktteilnehmern, nämlich des Kreises der zum Empfang der Schutzmasken nach § 1 SchutzmV Berechtigten als Nachfrager solcher Schutzmasken. Diese Verhaltenssteuerung bezweckt aber nicht die Schaffung gleichwertiger Wettbewerbsbedingungen, um im Interesse der übrigen Marktteilnehmer den Wettbewerb zu regeln, sondern den achtsamen Umgang mit einem zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung knappen Gut. Ob diese Regelungen, wie der Antragsteller geltend macht, als Marktverhaltensregeln zu qualifizieren sind, bedarf keiner Entscheidung, denn der Antragsteller macht nicht einen Verstoß gegen die dieses Procedere regelnde §§ 2-4 SchutzmV geltend, sondern ausdrücklich gegen § 6 SchutzmV.
Zu Recht hat das LG auch einen Verstoß des Antragsgegners gegen § 7 HWG verneint. Das Vorliegen eines Medizinproduktes unterstellt, wäre die inkriminierte Werbung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG schon deshalb nicht unzulässig, weil der nicht eingezogene Eigenanteil von zwei Euro eine geringwertige Kleinigkeit darstellt, die von dem Werbegabenverbot ausdrücklich ausgenommen ist. Der Zweck der in § 7 HWG enthaltenen Regelung besteht vor allem darin, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, nicht durch die Aussicht auf Zugaben und Werbegaben unsachlich beeinflusst werden sollen.
Nach dem Sinn und Zweck der Regelung fallen unter das Verbot deshalb nicht Gegenstände von so geringem Wert, der eine relevante unsachliche Beeinflussung der Werbeadressaten als ausgeschlossen erscheinen lässt. Im Hinblick auf die leichte Beeinflussbarkeit der Werbeadressaten ist dabei von einer eher niedrigen Wertgrenze auszugehen, die der BGH bei einem Wert von einem Euro als noch gewahrt angesehen hat (BGH-Urt. v. 9.9.2010 - I ZR 98/08 - Bonuspunkte). Vorliegend überschreitet der Wert des übernommenen Eigenanteils - zwei Euro für die Abnahme von sechs Schutzmasken, also 0,33 € je Schutzmaske - die Schwelle, bis zu der eine geringwertige Kleinigkeit angenommen werden kann, nicht.
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Den Volltext der Entscheidung finden Sie in der Datenbank Otto Schmidt online.