02.01.2017

Werkvertrag: Zur Geltung von Vereinbarungen zur Abhängigkeit der Fälligkeit des Werklohns gegenüber dem Insolvenzverwalter

Haben die Parteien eines Werkvertrages vereinbart, dass die Fälligkeit des Werklohns von der Vorlage von Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Sozialkassen und der Bauberufsgenossenschaft abhängen soll, ist diese Vereinbarung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Bauunternehmers für den Verwalter bindend.

BGH 15.12.2016, IX ZR 117/16
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Verwalter in dem im November 2013 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der G-GmbH (Schuldnerin). Diese war im Gerüstbau tätig und erhielt Aufträge von der Beklagten. Dazu gab es einen Rahmenvertrag von Mai 2013, in dem es hieß:

"2.2 Die folgenden, gültigen Nachweise, die nicht älter als drei Monate sein dürfen, sind regelmäßig vom AN im Original beizubringen:
- Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes
- Unbedenklichkeitsbescheinigung der Betriebskrankenkasse
- Unbedenklichkeitsbescheinigung der Sozialkasse des Gerüstbaugewerbes
- Unbedenklichkeitsbescheinigung der BauBG
- Nachweis (Mitarbeiterliste und Sozialversicherungsausweise usw. aller auf den Baustellen eingesetzter Mitarbeiter)

2.8 Werklohnansprüche des Auftragnehmers sind erst bei Vorlage sämtlicher Unterlagen sowie Nachweise in der vertraglich vereinbarten Form zur Zahlung fällig. Bis zum Eintritt dieser Fälligkeitsbedingung ist der Auftraggeber berechtigt, Werklohnzahlungen ganz oder teilweise zurückzuhalten, auch wenn die Vertragsleistung vom Auftragnehmer bereits vollständig erbracht worden ist.

10.3 Zahlungen können zurückgehalten werden, wenn die unter Ziffern 2.2) dieses Vertrages aufgeführten, gültigen Nachweise beim AG nicht vollständig vorliegen."

In einer Zusatzvereinbarung von Mai 2013, welche die persönliche Verpflichtung des Geschäftsführers der Schuldnerin zur Freistellung in Bezug auf "nicht abgeführte Steuern sowie Sozialbeiträge" regelt, heißt es: "Mir ist weiter bekannt, dass Werklohnforderungen des Auftragnehmers erst dann zur Zahlung fällig werden, wenn von diesem seine Vorleistungsverpflichtungen nach Maßgabe des heute unterzeichneten Rahmenvertrages vollständig erfüllt worden sind."

Der Kläger verlangt restlichen Werklohn i.H.v. rd. 6.300 € aus einem im August 2013 erteilten Auftrag. Die Schuldnerin hatte die ihr obliegenden Werkleistungen bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen vollständig erbracht, jedoch die vereinbarten Unbedenklichkeitsbescheinigungen nicht beigebracht, nachdem sie Mitarbeiter nicht angemeldet, Beiträge zur Bauberufsgenossenschaft nicht gezahlt und konkrete Lohnsummen nicht gemeldet hatte. Die Beklagte erkannte den Klageanspruch an, soweit er auf Zahlung Zug um Zug gegen Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung der Sozialkasse des Gerüstbaus und derjenigen der Bauberufsgenossenschaft ab dem 17.9.2013 gerichtet ist. Sie wurde im Umfang ihres Anerkenntnisses verurteilt. Im Übrigen erhob die Beklagte die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gem. § 320 BGB.

LG und OLG wiesen die auf unbedingte Zahlung gerichtete Klage ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Kläger kann den restlichen Werklohn nur nach Maßgabe des Teil-Anerkenntnisurteils verlangen, also Zug um Zug gegen Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung der Sozialkasse des Gerüstbaus und derjenigen der Baugenossenschaft ab dem 17.9.2013. Ein darüber hinausgehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu.

Der Anspruch des Klägers basiert auf §§ 631, 632, 640 BGB i.V.m. dem im August 2013 geschlossenen Werkvertrag zwischen der Schuldnerin und der Beklagten. Die Schuldnerin hat die vereinbarten Werkleistungen mangelfrei erbracht. Nach den vertraglichen Vereinbarungen der Vertragsparteien war der Werklohnanspruch jedoch erst bei Vorlage sämtlicher Unterlagen und Nachweise in der vertraglich vereinbarten Form zur Zahlung fällig. Bis zum Eintritt dieser Voraussetzung sollte die Beklagte berechtigt sein, Werklohnzahlungen ganz oder teilweise zurückzuhalten. Die Schuldnerin hatte die geschuldeten Unterlagen und Nachweise bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht vorgelegt. Der Kläger hat dies bisher ebenfalls nicht getan.

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat nicht die unbedingte Fälligkeit des restlichen Werklohnanspruchs zur Folge. Die Vorschrift des § 41 InsO, nach welcher nicht fällige Forderungen in der Insolvenz als fällig gelten, betrifft Insolvenzforderungen (vgl. § 38 InsO), nicht jedoch die Forderungen des Insolvenzschuldners gegen Dritte. Der Insolvenzverwalter eines Werkunternehmers ist an die Vereinbarung eines Sicherheitseinbehalts gebunden. Er kann den restlichen Werklohn in einem solchen Fall erst nach Ablauf der Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche verlangen. Hängt die Fälligkeit des Werklohnanspruchs von der Vorlage bestimmter Bescheinigungen und Nachweise ab, hat der Insolvenzverwalter diese Bescheinigungen und Nachweise beizubringen.

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