Wirksame Klausel über Verwahrentgelte
OLG Frankfurt a.M. v. 5.10.2023 - 3 U 286/22
Der Sachverhalt:
Die beklagte Geschäftsbank schließt mit Verbrauchern u.a. Verträge über die Verwahrung von Spareinlagen. Neukunden mussten im Zeitraum von Mitte des Jahres 2020 bis Mitte 2022 ab einem Freibetrag von zunächst 250.000 € ein Verwahrentgelt zahlen, Bestandskunden nach entsprechender Vereinbarung.
Bei Abschluss einer Geschäftsbeziehung mit Neukunden verwendete die Beklagte ein Formular, in dem in Ziff. 15 eine "Rahmenvereinbarung zur Verwahrung von Einlagen" enthalten war. Das dort in Bezug genommene Preis- und Leistungsverzeichnis sah für neu eingerichtete Kundennummern oberhalb des Freibetrags ein Verwahrentgelt von 0,5 % p.a. vor. Die Neukunden mussten mit einer gesonderten Unterschrift ihr Einverständnis mit der Verwahrung der Einlagen erklären. Gegenüber Bestandskunden stellte die beklagte Bank ab Anfang 2021 eine vorformulierte Vereinbarung zur Diskussion, die ebenfalls die Verpflichtung zur Zahlung eines Guthabenentgelts i.H.v. 0,5% für Euro-Einlagen einschließlich Spareinlagen enthielt.
Die klagende Verbraucherzentrale begehrt mit ihrer Klage, die Beklagte zu verurteilen, die Klauseln über die Erhebung von Verwahr- bzw. Gutachtenentgelten nicht mehr zu verwenden.
Das LG gab der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten wies das OLG die Klage ab. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Revision zum BGH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Die Klauseln wurden wirksam vereinbart.
Dabei kann offenbleiben, ob es sich bei den streitgegenständlichen Klauseln auch im Bereich der Bestandskunden um AGB handelt. Jedenfalls stellen die Klauseln sowohl im Rahmen der Neu- als auch der Bestandskundengeschäfte sog. Preishauptabreden dar. Derartige Klauseln, die unmittelbar den Preis für die Hauptleistung bestimmen, sind der Inhaltskontrolle nach den Regelungen über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen entzogen.
Die Klauseln regeln unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung bei Sparverträgen. Verwahrung und Rückgewähr des gleichen Geldbetrags ist die einseitige vertragliche Hauptleistungspflicht der Bank aus dem Sparvertrag (im Anschluss an die dahingehende Rechtsprechung des BGH; zuletzt BGH v. 25.7.2023 - XI ZR 221/22). Da Sparverträge nur einseitig zur Verwahrung und Rückgewähr verpflichten, kann die Bank damit auch einen Preis dafür bestimmen, der keiner Inhaltskontrolle unterliegt. Es liegt - entgegen der Ansicht des LG - kein Darlehensvertrag vor, da der Sparer nicht zur Einzahlung eines bestimmten Geldbetrags verpflichtet ist.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Klauseln gegenüber Neu- wie Bestandskunden selbst im Fall einer Inhaltskontrolle nicht unwirksam wären. Sie benachteiligen den Sparer nicht unangemessen, da aus dem Sparvertrag als unregelmäßigem Verwahrungsvertrag nur einseitig die Bank zur Verwahrung und Rückgewähr verpflichtet ist. Anders als den Darlehensgeber trifft den Sparer keine durch Zahlung von Zinsen zu vergütende Pflicht, der Bank Gelder zu überlassen. Folglich sind die Klauseln auch nicht mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des Darlehensvertrags unvereinbar. Auch sind die streitgegenständlichen Klauseln weder intransparent noch überraschend. Jeder Neukunde muss sich klar und unmissverständlich durch seine Unterschrift mit der Vereinbarung zur Verwahrung von Einlagen einverstanden erklären. Die Vereinbarung mit Bestandskunden dient ersichtlich gerade der Vereinbarung eines Guthabenentgelts.
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Aufsatz:
Verwahrentgelt und Negativzins
WM 2023, 960
Beratermodul WM / WuB Wirtschafts- und Bankrecht:
WM und WuB in einem Modul: Die WM Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht informiert wöchentlich aktuell und umfassend im Rechtsprechungsteil über Urteile und Beschlüsse der Gerichte. Die WuB Entscheidungsanmerkungen zum Wirtschafts- und Bankrecht informieren monatlich aktuell und praxisbezogen kommentiert über alle wichtigen wirtschafts- und bankrechtlichen Entscheidungen. 4 Wochen gratis nutzen!
OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 60 vom 5.10.2023
Die beklagte Geschäftsbank schließt mit Verbrauchern u.a. Verträge über die Verwahrung von Spareinlagen. Neukunden mussten im Zeitraum von Mitte des Jahres 2020 bis Mitte 2022 ab einem Freibetrag von zunächst 250.000 € ein Verwahrentgelt zahlen, Bestandskunden nach entsprechender Vereinbarung.
Bei Abschluss einer Geschäftsbeziehung mit Neukunden verwendete die Beklagte ein Formular, in dem in Ziff. 15 eine "Rahmenvereinbarung zur Verwahrung von Einlagen" enthalten war. Das dort in Bezug genommene Preis- und Leistungsverzeichnis sah für neu eingerichtete Kundennummern oberhalb des Freibetrags ein Verwahrentgelt von 0,5 % p.a. vor. Die Neukunden mussten mit einer gesonderten Unterschrift ihr Einverständnis mit der Verwahrung der Einlagen erklären. Gegenüber Bestandskunden stellte die beklagte Bank ab Anfang 2021 eine vorformulierte Vereinbarung zur Diskussion, die ebenfalls die Verpflichtung zur Zahlung eines Guthabenentgelts i.H.v. 0,5% für Euro-Einlagen einschließlich Spareinlagen enthielt.
Die klagende Verbraucherzentrale begehrt mit ihrer Klage, die Beklagte zu verurteilen, die Klauseln über die Erhebung von Verwahr- bzw. Gutachtenentgelten nicht mehr zu verwenden.
Das LG gab der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten wies das OLG die Klage ab. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Revision zum BGH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Die Klauseln wurden wirksam vereinbart.
Dabei kann offenbleiben, ob es sich bei den streitgegenständlichen Klauseln auch im Bereich der Bestandskunden um AGB handelt. Jedenfalls stellen die Klauseln sowohl im Rahmen der Neu- als auch der Bestandskundengeschäfte sog. Preishauptabreden dar. Derartige Klauseln, die unmittelbar den Preis für die Hauptleistung bestimmen, sind der Inhaltskontrolle nach den Regelungen über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen entzogen.
Die Klauseln regeln unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung bei Sparverträgen. Verwahrung und Rückgewähr des gleichen Geldbetrags ist die einseitige vertragliche Hauptleistungspflicht der Bank aus dem Sparvertrag (im Anschluss an die dahingehende Rechtsprechung des BGH; zuletzt BGH v. 25.7.2023 - XI ZR 221/22). Da Sparverträge nur einseitig zur Verwahrung und Rückgewähr verpflichten, kann die Bank damit auch einen Preis dafür bestimmen, der keiner Inhaltskontrolle unterliegt. Es liegt - entgegen der Ansicht des LG - kein Darlehensvertrag vor, da der Sparer nicht zur Einzahlung eines bestimmten Geldbetrags verpflichtet ist.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Klauseln gegenüber Neu- wie Bestandskunden selbst im Fall einer Inhaltskontrolle nicht unwirksam wären. Sie benachteiligen den Sparer nicht unangemessen, da aus dem Sparvertrag als unregelmäßigem Verwahrungsvertrag nur einseitig die Bank zur Verwahrung und Rückgewähr verpflichtet ist. Anders als den Darlehensgeber trifft den Sparer keine durch Zahlung von Zinsen zu vergütende Pflicht, der Bank Gelder zu überlassen. Folglich sind die Klauseln auch nicht mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des Darlehensvertrags unvereinbar. Auch sind die streitgegenständlichen Klauseln weder intransparent noch überraschend. Jeder Neukunde muss sich klar und unmissverständlich durch seine Unterschrift mit der Vereinbarung zur Verwahrung von Einlagen einverstanden erklären. Die Vereinbarung mit Bestandskunden dient ersichtlich gerade der Vereinbarung eines Guthabenentgelts.
Aufsatz:
Verwahrentgelt und Negativzins
WM 2023, 960
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