Wirksamkeit der Kündigung eines Prämiensparvertrages
OLG Nürnberg v. 16.11.2021 - 14 U 185/21
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Kündigung eines Prämiensparvertrages. Zwischen den mittlerweile verstorbenen Eltern des Klägers und der Beklagten bestand ein 1995 geschlossener unbefristeter Sparvertrag "Prämiensparen-flexibel". Am 2.9.2014 bat der Kläger um Umschreibung dieses Sparvertrages auf seinen Namen. Noch am selben Tag erstellte die Beklagte infolge dieses Schreibens dem Kläger eine neue Vertragsurkunde auf den Namen des Klägers als Rechtsnachfolger.
Die Sparurkunde vom 2.9.2014 enthielt folgende von der Beklagten gestellte Vertragsklausel:
"4. Vertragsdauer
Der Vertrag wird mit einer Laufzeit von 1188 Monaten abgeschlossen."
Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 24.6.2019 den Vertrag unter Hinweis auf die andauernde Niedrigzinsphase gemäß Nr. 26 Abs. 1 der AGB der Beklagten, da die höchste Prämienstufe des Vertrages erreicht worden sei.
Das LG stellte auf Antrag des Klägers fest, dass der auf den Kläger lautende Prämiensparvertrag durch die Kündigungserklärung der Beklagten nicht beendet worden ist.
Das OLG hat nun auch die Berufung zurückgewiesen. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Die Feststellungsklage ist begründet, da die Kündigung der Beklagten vom 24.6.2019 unwirksam ist und damit der Prämiensparvertrag fortbesteht. Der Beklagten stand kein Kündigungsrecht zu.
Der streitgegenständliche Sparvertrag unterliegt dem Recht der unregelmäßigen Verwahrung (§ 700 BGB) und nicht dem Darlehensrecht der §§ 488 ff. BGB. Ein Kündigungsrecht gemäß § 489 BGB besteht daher für die Beklagte nicht.
Die Beklagte konnte den Prämiensparvertrag auch nicht nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen kündigen. Nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen kann die Sparkasse bei Vorliegen eines sachgerechten Grundes die Sparverträge kündigen, soweit weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart sind.
Auf der Grundlage des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme (§ 286 ZPO) ist der Senat davon überzeugt, dass die Parteien eine Laufzeit von 1188 Monaten (99 Jahre) des streitgegenständlichen Sparvertrages vereinbart haben. Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen kommt deshalb nicht zur Anwendung. Auch die Prämienstaffel geht von einer Laufzeit von 99 Jahren aus.
Die Beklagte konnte nicht nachweisen, dass die Parteien bei Umschreibung des Sparvertrages am 2.9.2014 den gemeinsamen Willen hatten, den Sparvertrag - entgegen der Regelung in Ziffer 4 des Vertrages - unbefristet laufen zu lassen. Ein solcher übereinstimmender Wille der Parteien lässt sich nach der Beweisaufnahme nicht feststellen.
Die Beklagte kann sich auch nicht auf das vertraglich eingeräumte ordentliche Kündigungsrecht gemäß Ziffer 7.1 des Vertrages berufen. Eine Gesamtbetrachtung der Ziffer 7, an der an keiner Stelle darauf abgestellt wird, wer kündigt, spricht für ein allein dem Sparer eingeräumtes Kündigungsrecht. Die Regelung einer Fortführungsfiktion in Ziffer 7.3 S. 3 für den Fall, dass der Sparer binnen eines Monats nach Ablauf der Kündigungsfrist über das Sparguthaben nicht verfüge, ergäbe bei Annahme eines Kündigungsrechts zu Gunsten der Sparkasse keinen Sinn und würde vorliegend die Wirkung einer Kündigung durch die Beklagte aushebeln, da der Kläger über das Geld nicht verfügt hat.
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Kündigung eines Prämiensparvertrages. Zwischen den mittlerweile verstorbenen Eltern des Klägers und der Beklagten bestand ein 1995 geschlossener unbefristeter Sparvertrag "Prämiensparen-flexibel". Am 2.9.2014 bat der Kläger um Umschreibung dieses Sparvertrages auf seinen Namen. Noch am selben Tag erstellte die Beklagte infolge dieses Schreibens dem Kläger eine neue Vertragsurkunde auf den Namen des Klägers als Rechtsnachfolger.
Die Sparurkunde vom 2.9.2014 enthielt folgende von der Beklagten gestellte Vertragsklausel:
"4. Vertragsdauer
Der Vertrag wird mit einer Laufzeit von 1188 Monaten abgeschlossen."
Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 24.6.2019 den Vertrag unter Hinweis auf die andauernde Niedrigzinsphase gemäß Nr. 26 Abs. 1 der AGB der Beklagten, da die höchste Prämienstufe des Vertrages erreicht worden sei.
Das LG stellte auf Antrag des Klägers fest, dass der auf den Kläger lautende Prämiensparvertrag durch die Kündigungserklärung der Beklagten nicht beendet worden ist.
Das OLG hat nun auch die Berufung zurückgewiesen. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Die Feststellungsklage ist begründet, da die Kündigung der Beklagten vom 24.6.2019 unwirksam ist und damit der Prämiensparvertrag fortbesteht. Der Beklagten stand kein Kündigungsrecht zu.
Der streitgegenständliche Sparvertrag unterliegt dem Recht der unregelmäßigen Verwahrung (§ 700 BGB) und nicht dem Darlehensrecht der §§ 488 ff. BGB. Ein Kündigungsrecht gemäß § 489 BGB besteht daher für die Beklagte nicht.
Die Beklagte konnte den Prämiensparvertrag auch nicht nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen kündigen. Nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen kann die Sparkasse bei Vorliegen eines sachgerechten Grundes die Sparverträge kündigen, soweit weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart sind.
Auf der Grundlage des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme (§ 286 ZPO) ist der Senat davon überzeugt, dass die Parteien eine Laufzeit von 1188 Monaten (99 Jahre) des streitgegenständlichen Sparvertrages vereinbart haben. Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen kommt deshalb nicht zur Anwendung. Auch die Prämienstaffel geht von einer Laufzeit von 99 Jahren aus.
Die Beklagte konnte nicht nachweisen, dass die Parteien bei Umschreibung des Sparvertrages am 2.9.2014 den gemeinsamen Willen hatten, den Sparvertrag - entgegen der Regelung in Ziffer 4 des Vertrages - unbefristet laufen zu lassen. Ein solcher übereinstimmender Wille der Parteien lässt sich nach der Beweisaufnahme nicht feststellen.
Die Beklagte kann sich auch nicht auf das vertraglich eingeräumte ordentliche Kündigungsrecht gemäß Ziffer 7.1 des Vertrages berufen. Eine Gesamtbetrachtung der Ziffer 7, an der an keiner Stelle darauf abgestellt wird, wer kündigt, spricht für ein allein dem Sparer eingeräumtes Kündigungsrecht. Die Regelung einer Fortführungsfiktion in Ziffer 7.3 S. 3 für den Fall, dass der Sparer binnen eines Monats nach Ablauf der Kündigungsfrist über das Sparguthaben nicht verfüge, ergäbe bei Annahme eines Kündigungsrechts zu Gunsten der Sparkasse keinen Sinn und würde vorliegend die Wirkung einer Kündigung durch die Beklagte aushebeln, da der Kläger über das Geld nicht verfügt hat.
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