21.09.2021

Wirksamkeit der Kündigung eines Prämiensparvertrages nach Erreichen der höchsten Prämienstufe

Bei einem Prämiensparvertrag, bei dem die Prämien auf die Sparbeiträge stufenweise bis zu einem bestimmten Sparjahr steigen, ist eine ordentliche Kündigung nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen nach Erreichen der höchsten Prämienstufe möglich. Ein Ausschluss des Kündigungsrechts ergibt sich weder aus einer in der Werbung verwendeten Musterrechnung noch aus einem auf dem Kontoauszug vermerkten Fälligkeitsdatum. Ein sachgerechter Grund für die Kündigung nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen kann insbesondere in einem veränderten Zinsumfeld zu sehen sein.

OLG Celle v. 3.6.2021 - 3 U 42/21
Der Sachverhalt:
Die Kläger begehren mit ihrer Klage - soweit vorliegend noch von Bedeutung - die Feststellung, dass die von der beklagten Sparkasse ausgesprochene Kündigung eines zwischen den Parteien abgeschlossenen Prämiensparvertrages unwirksam ist. Die Kläger schlossen mit der Beklagten im März 1995 einen Prämiensparvertrag ab, nach dessen Inhalt der Kläger mtl. Raten i.H.v. 200 DM (102,26 €), erstmals fällig am 15.5.1995, auf das Sparkonto einzahlen konnte. Das Guthaben sollte von der Beklagten mit "dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. 3 %" verzinst werden. Ferner verpflichtete sich die Beklagte, ab dem 3. Sparjahr eine Prämie von 3 % zu zahlen, die sich jährlich erhöhen und ab dem 15. Sparjahr auf 50 % belaufen sollte.

Mit Schreiben vom 15.1.2020 kündigte die Beklagte den Vertrag mit den Klägern mit Wirkung zum 30.4.2020. Entsprechende Kündigungen erklärte die Beklagte für sämtliche in ihrem Haus bestehenden Prämiensparverträge. Zur Begründung verwies die Beklagte auf die ungünstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und das Zinsniveau, das sich anhaltend auf einem historischen Tiefstand bewege, und berief sich dabei auf die Entscheidung des BGH vom 14.5.2019 (XI ZR 345/18). Die Kläger begehren mit ihrer Klage die Feststellung, dass die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung eines zwischen den Parteien abgeschlossenen Prämiensparvertrages unwirksam ist.

Das LG wies die Klage ab. Hiergegen richtete sich die Berufung der Kläger. Das OLG wies die Kläger mit Hinweisbeschluss darauf hin, dass die Klage offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Daraufhin nahmen die Kläger ihre Berufung zurück.

Die Gründe:
Der zwischen den Parteien geschlossene Prämiensparvertrag ist durch die Kündigung der Beklagten vom 15.1.2020 mit Wirkung zum 30.4.2020 beendet worden.

Der Beklagten stand nach Erreichen der höchsten Prämienstufe ein Recht zur ordentlichen Kündigung aus Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen zu. Die vorgenannte Regelung wurde in das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien einbezogen und ist wirksam. Die Beklagte hat auf das ordentliche Kündigungsrecht aus Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen auch nicht gänzlich, d.h. zeitlich unbegrenzt, verzichtet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für das Kündigungsrecht sind erfüllt. Die Beklagte hat dieses Recht schließlich weder verwirkt noch sonst rechtsmissbräuchlich ausgeübt.

Ein Ausschluss des Kündigungsrechts ergibt sich weder aus einer in der Werbung verwendeten Musterrechnung noch aus einem auf dem Kontoauszug vermerkten Fälligkeitsdatum. Ein sachgerechter Grund für die Kündigung nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen kann insbesondere in einem veränderten Zinsumfeld zu sehen sein. Die seit dem Erreichen der maximalen Sparprämie verstrichene Zeit (hier: ca. zehn Jahre) rechtfertigt für sich genommen weder die Annahme einer Verwirkung noch eines Rechtsmissbrauchs.

Vorliegend hat die Beklagte laut Vertrag zwischen den Parteien die Zahlung einer Sparprämie bis zum 15. Sparjahr versprochen. Ein umfassender Verzicht auf das Recht zur ordentlichen Kündigung des Sparvertrags lässt sich den Vertragsunterlagen demgegenüber nicht entnehmen. Dies entspricht auch einer interessengerechten Auslegung des Sparvertrags. Der von der Beklagten gesetzte besondere Sparanreiz liegt in erster Linie in der bis zum 15. Sparjahr kontinuierlich steigenden Prämienhöhe. Dagegen kann ein Sparer redlicherweise nicht erwarten, dass ihm mit dem Abschluss des Sparvertrages eine zeitlich unbegrenzte Sparmöglichkeit eröffnet werden soll.
Niedersächsisches Landesjustizportal
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