Wortmarke: Auch dieselben Buchstaben in unterschiedlicher Reihenfolge können Verwechslungsgefahr beinhalten
BGH 5.3.2015, I ZR 161/13Die Klägerin ist Inhaberin der im April 2008 angemeldeten und im Juli 2008 eingetragenen deutschen Wortmarke "IPS", die u.a. für Dienstleistungen wie Wartung und Instandsetzung von automatischen Steuerungseinrichtungen, Datenverarbeitungsgeräten und Computern sowie Entwicklung von Computerhard- und -software registriert ist.
Die unter der Bezeichnung "ISP Polska sp. z o.o." firmierende Beklagte ist ein in Polen ansässiges Unternehmen, das sich mit IT-Lösungen für die Industrieautomatisierung befasst und zu diesem Zweck insbesondere Software entwickelt. Sie präsentiert ihre Leistungen unter der Internetadresse "www.it-sp.pl" in deutscher Sprache. Auf ihren Internetseiten verwendet sie neben der Bezeichnung "ISP Polska sp. z o.o." ein farbiges Logo, das aus drei grünen, sich teilweise überlagernden Kreisen besteht, in denen in weißer Schrift die Buchstaben "I", "S" und "P" angeordnet sind.
Die Klägerin sah in der Verwendung dieser Bezeichnungen eine Verletzung ihrer Markenrechte. LG und OLG wiesen die auf Unterlassung und Auskunftserteilung gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH den Beschluss des OLG auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.
Gründe:
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung konnte eine Verwechslungsgefahr gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zwischen der Marke "IPS" der Klägerin einerseits und den Kennzeichnungen "ISP Polska sp. z o.o." und "ISP" der Beklagten andererseits nicht verneint werden.
Die Frage, ob eine Verwechslungsgefahr i.S.d. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität oder der Ähnlichkeit der Zeichen und der Identität oder der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt.
Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild oder in der Bedeutung zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit reicht in der Regel bereits die Ähnlichkeit in einem dieser Wahrnehmungsbereiche aus. Zeichen, die aus denselben, jedoch in unterschiedlicher Reihenfolge angeordneten Buchstaben oder Silben gebildet sind (hier: "IPS" und "ISP"), erwecken regelmäßig einen klanglich ähnlichen Gesamteindruck, wenn sie bei einer Aussprache der Buchstaben oder Silben (hier: "i-pe-ess" und "i-ess-pe") dieselbe Vokalfolge (hier: "i-e-e") aufweisen. Infolgedessen konnte im vorliegenden Fall eine klangliche Ähnlichkeit der Zeichen nicht verneint werden.
Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts konnte auch nicht davon ausgegangen werden, die aus der Vertauschung der Konsonanten folgende klangliche Abweichung falle wegen der Kürze der sich gegenüberstehenden Zeichen "IPS" und "ISP" besonders ins Gewicht. Zwar kommt klanglichen Unterschieden bei einsilbigen Wörtern regelmäßig keine geringe Bedeutung zu. Dieser Erfahrungssatz war im Streitfall jedoch nicht anwendbar, weil es sich bei den hier in Rede stehenden Zeichen nicht um einsilbige Wörter handelte. Zur (schrift-)bildlichen Ähnlichkeit der Wortmarke "IPS" und des Wort-Bild-Zeichens "ISP" hatte das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Das Berufungsurteil war auch deshalb rechtsfehlerhaft, weil das Berufungsgericht den Grad der Zeichenähnlichkeit nicht bestimmt hatte.
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