ZDF Magazin Royale: Präsident eines Bundesamtes mit Anspruch auf Unterlassung wegen unwahrer Äußerungen
LG München I v. 19.12.2024 - 26 O 12612/23
Der Sachverhalt:
Der klagende frühere Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik fordert von der beklagten Fernsehanstalt ZDF u.a. die Unterlassung der Verbreitung und Behauptung von Äußerungen, die im Rahmen des erstmals am 7.10.2022 ausgestrahlten Beitrags des Formats "ZDF Magazin Royale" getätigt wurden. Außerdem fordert er die Unterlassung von zwei später auf www.zdf.de veröffentlichten Äußerungen. Weiter verlangt der Kläger von der Beklagte die Zahlung einer Geldentschädigung i.H.v. mindestens 100.000 €.
Der Kläger begründete seine Forderungen damit, die angegriffenen Äußerungen stellten unwahre Tatsachenbehauptungen dar. Es werde der unzutreffende Eindruck erweckt, der Kläger habe bewusst Kontakt zu russischen Nachrichtendiensten gehabt. Der Kläger sei durch die angegriffenen Äußerungen besonders schwerwiegend in seinen allgemeinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Insbesondere sei er in der Öffentlichkeit in erheblichem Umfang herabgewürdigt worden und habe sein Amt als Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik verloren. Aufgrund der besonders schwerwiegenden Natur der Persönlichkeitsverletzung sei diese durch eine Geldentschädigung auszugleichen.
Dem trat die Beklagte entgegen. Die Berichterstattung sei keineswegs so zu verstehen, dass man dem Kläger bewusste Kontakte nach Russland unterstellt habe. Vielmehr habe der Kläger selbst "unbewusste Kontakte" zu russischen Geheimdiensten nicht ausschließen können. Die Sendung habe in zulässiger Weise satirisch zugespitzte Kritik am Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und am Kläger als dessen damaligem Präsidenten geübt. Es sei typisches Stilmittel der Satire, dass mit Uneindeutigkeiten gespielt werde und dadurch z.B. Lücken in einer Argumentation oder einer Stellungnahme offengelegt würden.
Das LG gab der Klage teilweise statt. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Die Gründe:
Der Kläger hat Anspruch auf Unterlassung von vier der angegriffenen fünf Äußerungen. Der Kläger ist insoweit in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden. Insbesondere zwei der angegriffenen Äußerungen stellen sich nach einer nicht fernliegenden Deutungsvariante als Tatsachenbehauptungen des Inhalts dar, der Kläger unterhalte bewusst Kontakt mit Nachrichtendiensten aus Russland. Dabei ergibt sich der Bedeutungsgehalt der Aussage nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus den Begleitumständen.
Auch eine satirische Äußerung muss sich an den Maßstäben der Meinungsfreiheit messen lassen, wenn es um den Tatsachenkern der Aussage geht. Entsprechend ist in der Abwägung, ob die Äußerungen untersagt werden oder nicht, ein großzügiger Maßstab anzulegen, der seine Grenze jedoch dort findet, wo sich die Äußerung als eine unwahre, das Persönlichkeitsrecht verletzende Tatsachenbehauptung darstellt. Bei vier von insgesamt fünf angegriffenen Äußerungen ist diese Grenze überschritten und der Anspruch des Klägers daher begründet. Bei der fünften der angegriffenen Äußerungen handelt es sich dagegen um eine satirisch zugespitzte Meinungsäußerung, nicht um eine unwahre Tatsachenbehauptung, die deshalb unter Abwägung der konkreten Umstände noch hinzunehmen ist.
Einen Anspruch auf Geldentschädigung war dem Kläger dagegen nicht zuzuerkennen. Auch bei einer schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzung gibt es weitere Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Geldentschädigung: Zum einen können die in der Sendung getätigten Äußerungen auch anders gedeutet werden, als der Kläger dies tut, und zum andern hat der Kläger nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, der Rechtsverletzung anders und eher entgegenzuwirken, etwa durch einen wesentlich früher geltend gemachten Unterlassungsanspruch oder durch einen Anspruch auf Richtigstellung der angegriffenen Äußerungen in einer weiteren Ausgabe der Sendung "ZDF Magazin Royale". Dann aber sind die Voraussetzungen für eine Geldentschädigung, die nur als ultima ratio bei Ansprüchen gegen die Presse in Betracht kommt, nicht gegeben.
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LG München I PM Nr. 13 vom 19.12.2024
Der klagende frühere Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik fordert von der beklagten Fernsehanstalt ZDF u.a. die Unterlassung der Verbreitung und Behauptung von Äußerungen, die im Rahmen des erstmals am 7.10.2022 ausgestrahlten Beitrags des Formats "ZDF Magazin Royale" getätigt wurden. Außerdem fordert er die Unterlassung von zwei später auf www.zdf.de veröffentlichten Äußerungen. Weiter verlangt der Kläger von der Beklagte die Zahlung einer Geldentschädigung i.H.v. mindestens 100.000 €.
Der Kläger begründete seine Forderungen damit, die angegriffenen Äußerungen stellten unwahre Tatsachenbehauptungen dar. Es werde der unzutreffende Eindruck erweckt, der Kläger habe bewusst Kontakt zu russischen Nachrichtendiensten gehabt. Der Kläger sei durch die angegriffenen Äußerungen besonders schwerwiegend in seinen allgemeinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Insbesondere sei er in der Öffentlichkeit in erheblichem Umfang herabgewürdigt worden und habe sein Amt als Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik verloren. Aufgrund der besonders schwerwiegenden Natur der Persönlichkeitsverletzung sei diese durch eine Geldentschädigung auszugleichen.
Dem trat die Beklagte entgegen. Die Berichterstattung sei keineswegs so zu verstehen, dass man dem Kläger bewusste Kontakte nach Russland unterstellt habe. Vielmehr habe der Kläger selbst "unbewusste Kontakte" zu russischen Geheimdiensten nicht ausschließen können. Die Sendung habe in zulässiger Weise satirisch zugespitzte Kritik am Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und am Kläger als dessen damaligem Präsidenten geübt. Es sei typisches Stilmittel der Satire, dass mit Uneindeutigkeiten gespielt werde und dadurch z.B. Lücken in einer Argumentation oder einer Stellungnahme offengelegt würden.
Das LG gab der Klage teilweise statt. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Die Gründe:
Der Kläger hat Anspruch auf Unterlassung von vier der angegriffenen fünf Äußerungen. Der Kläger ist insoweit in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden. Insbesondere zwei der angegriffenen Äußerungen stellen sich nach einer nicht fernliegenden Deutungsvariante als Tatsachenbehauptungen des Inhalts dar, der Kläger unterhalte bewusst Kontakt mit Nachrichtendiensten aus Russland. Dabei ergibt sich der Bedeutungsgehalt der Aussage nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus den Begleitumständen.
Auch eine satirische Äußerung muss sich an den Maßstäben der Meinungsfreiheit messen lassen, wenn es um den Tatsachenkern der Aussage geht. Entsprechend ist in der Abwägung, ob die Äußerungen untersagt werden oder nicht, ein großzügiger Maßstab anzulegen, der seine Grenze jedoch dort findet, wo sich die Äußerung als eine unwahre, das Persönlichkeitsrecht verletzende Tatsachenbehauptung darstellt. Bei vier von insgesamt fünf angegriffenen Äußerungen ist diese Grenze überschritten und der Anspruch des Klägers daher begründet. Bei der fünften der angegriffenen Äußerungen handelt es sich dagegen um eine satirisch zugespitzte Meinungsäußerung, nicht um eine unwahre Tatsachenbehauptung, die deshalb unter Abwägung der konkreten Umstände noch hinzunehmen ist.
Einen Anspruch auf Geldentschädigung war dem Kläger dagegen nicht zuzuerkennen. Auch bei einer schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzung gibt es weitere Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Geldentschädigung: Zum einen können die in der Sendung getätigten Äußerungen auch anders gedeutet werden, als der Kläger dies tut, und zum andern hat der Kläger nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, der Rechtsverletzung anders und eher entgegenzuwirken, etwa durch einen wesentlich früher geltend gemachten Unterlassungsanspruch oder durch einen Anspruch auf Richtigstellung der angegriffenen Äußerungen in einer weiteren Ausgabe der Sendung "ZDF Magazin Royale". Dann aber sind die Voraussetzungen für eine Geldentschädigung, die nur als ultima ratio bei Ansprüchen gegen die Presse in Betracht kommt, nicht gegeben.
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