25.05.2011

Zigaretten dürfen nicht mit dem Begriff "BIO TABAK" beworben werden

Das Verbot, in der Werbung für Tabakerzeugnisse Angaben zu verwenden, die darauf hindeuten, dass die Tabakerzeugnisse natürlich oder naturrein seien, setzt nicht voraus, dass die Angaben für den angesprochenen Verkehr eine konkrete Irreführungsgefahr begründen. Es handelt sich vielmehr um ein abstraktes Verbot, das den Werbenden nicht an einer sachlichen Information über die einzelnen Eigenschaften seines Produkts und der zu seiner Herstellung verwendeten Ausgangsstoffe hindert.

BGH 4.11.2010, I ZR 139/09
Der Sachverhalt:
Die Beklagte bietet in Deutschland seit dem Jahr 2005 unter der Marke "Natural American Spirit" einen Feinschnitt zum Selbstdrehen von Zigaretten und seit September 2007 auch Zigaretten an. Die zur Herstellung verwendeten Tabake werden in den USA nach Bestimmungen angebaut, die den Kriterien der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel entsprechen.

Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände. Er beanstandete ein Werbeblatt der Beklagten, mit dem diese im Oktober 2007 ihre Zigaretten unter anderem mit dem Begriff "BIO TABAK" bewarb. Der Kläger nahm die Beklagte wegen dieser Werbung auf Unterlassung und Ersatz der Abmahnkosten in Anspruch. Er war der Ansicht, die Werbung verstoße gegen das Vorläufige Tabakgesetz und sei daher auch wettbewerbswidrig. Sie erwecke den Eindruck, dass der Genuss der beworbenen Tabakerzeugnisse gesundheitlich unbedenklich oder jedenfalls unbedenklicher als der Konsum herkömmlicher Zigaretten sei.

Die Beklagte machte demgegenüber geltend, die angesprochenen Verbraucher verständen den Begriff "BIO" in der beanstandeten Werbung allein als Hinweis darauf, dass der verwendete Tabak den Regeln und Vorschriften des ökologischen Landbaus entspreche. Da sie auch um die gesundheitlichen Gefahren des Tabakkonsums an sich wüssten, würden sie aus der Verwendung der Bezeichnung "BIO TABAK" nicht auf eine gesundheitliche Unbedenklichkeit oder eine gesundheitsfördernde Wirkung der so bezeichneten Tabakprodukte schließen.

LG und OLG gaben der Klage statt. Die Revision der Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Die Beklagte hatte mit ihrer beanstandeten Werbung gegen das Verbot nach § 22 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VTabakG verstoßen, weshalb die vom Kläger geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Ansprüche auf Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten begründet waren.

Nach § 22 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VTabakG ist es grundsätzlich verboten, in der Werbung für Tabakerzeugnisse Angaben zu verwenden, die darauf hindeuten, dass die Tabakerzeugnisse natürlich oder naturrein seien. Diese Bestimmung enthält ein abstraktes Verbot, das mit höherrangigem Verfassungsrecht und ebenso mit dem vorrangig anzuwendenden Unionsrecht vereinbar ist. Die Vorschrift beinhaltet nicht nur dem Wortlaut, sondern auch der systematischen Stellung nach ein abstraktes Verbot und setzt daher nicht voraus, dass die gemachte Angabe für den angesprochenen Verkehr eine konkrete Irreführungsgefahr begründet.

Die Regelung ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil sie die von ihr betroffenen Anbieter von Tabakerzeugnissen in unzumutbarer Weise belastet. Sie hindert die Anbieter lediglich daran, ihre Erzeugnisse in einer bestimmten einzelnen Hinsicht zu bewerben. Außerdem hindert die Regelung die Beklagte nicht an einer sachlichen Information über die Eigenschaften ihres Produkts und über die bei seiner Herstellung verwendeten Ausgangsstoffe. Der mit der Regelung verbundene Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung hält sich daher in überschaubaren Grenzen und wiegt wesentlich weniger schwer als der mit der Regelung verfolgte Gesundheitsschutz.

Die Anwendung des § 22 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VTabakG schied im Streitfall auch nicht deshalb aus, weil die Bezeichnung "BIO TABAK" in der beanstandeten Werbung allein für den bei der Zigarettenherstellung verwendeten Rohstoff Tabak, nicht dagegen auch für die beworbenen Zigaretten selbst verwendet wurde. Hierbei war zu berücksichtigen, dass der entsprechend bezeichnete Bestandteil - hier der Tabak für die Zigaretten - der wesentliche Bestandteil des beworbenen Tabakerzeugnisses ist.

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