Zu den Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit eines Zeichens (Schokoladenstäbchen II)
BGH 28.2.2013, I ZB 56/11Für die Markeninhaberin ist seit September 2005 eine dreidimensionale IR-Marken-Nr. für Schokoladenstäbchen eingetragen. In der Beschreibung der Marke heißt es: "La marque est constituée par la forme du produit évoquant un sarment de vigne".
Seit Dezember 2005 ist der Schutz auf Deutschland erstreckt. Der Eintragung liegt eine im französischen Markenregister enthaltene Ausgangseintragung zugrunde, die im französischen Markenregister wie folgt dargestellt ist:
Die Antragstellerin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Schutzentziehung für Deutschland beantragt. Die Marke sei freihaltebedürftig und nicht unterscheidungskräftig. Außerdem genüge sie nicht dem Bestimmtheitsgebot.
Die Markeninhaberin widersprach dem Schutzentziehungsantrag. Das Deutsche Patent- und Markenamt wies den Antrag auf Schutzentziehung zurück. Auf die Beschwerde der Antragstellerin hob das BPatG den Beschluss wieder auf und entzog der IR-Marke den Schutz für Deutschland. Es war der Ansicht, der Schutzgegenstand der angegriffenen Marke sei durch die zugrunde liegende bildliche Darstellung nicht hinreichend bestimmt, so dass es an einer grundlegenden Voraussetzung für die Schutzgewährung fehle.
Auf die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin hob der BGH den Beschluss des BPatG auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück.
Gründe:
Zwar war das BPatG zu Recht davon ausgegangen, dass einer nach dem Madrider Markenabkommen international registrierten Marke der Schutz für Deutschland zu entziehen ist, wenn der Gegenstand des Schutzes nicht hinreichend deutlich bestimmt ist. Dabei gehören gerade die graphische Darstellbarkeit und die für die Bejahung der Markenfähigkeit erforderliche hinreichende Bestimmtheit einer Marke i.S.v. Art. 2 MarkenRL zu den wesentlichen Grundlagen des harmonisierten Markenrechts und fallen daher unter den Begriff der öffentlichen Ordnung i.S.v. von Art. 6quinquies Abschn. B S. 1 Nr. 3 PVÜ, Art. 5 Abs. 1 MMA. Den Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit eines Zeichens i.S.v. Art. 2 MarkenRL, § 3 Abs. 1 MarkenG genügt es, wenn sich der Gegenstand einer Anmeldung auf unterschiedliche Erscheinungsformen erstreckt. Außerdem ist die wegen Unbestimmtheit fehlende Markenfähigkeit nicht nur im Eintragungsverfahren relevant, sondern kann auch zur Schutzentziehung einer bereits eingetragenen Marke führen.
Entgegen der Auffassung des BPatG war jedoch davon auszugehen, dass die Streitmarke den an die Bestimmtheit des Schutzgegenstands zu stellenden Anforderungen genügte. Insofern war die Rechtsbeschwerde erfolgreich, soweit sie geltend gemacht hatte, dass aus der Darstellung in der französischen Ausgangseintragung die genaue Form und Struktur der Streitmarke eindeutig zu erkennen sei. Das BPatG hat nämlich die Anforderungen an die Bestimmtheit der Abbildung der angegriffenen dreidimensionalen Marke rechtsfehlerhaft überspannt. Entgegen seiner Beurteilung war die Streitmarke nicht im Hinblick auf die Darstellung der Wellenform unbestimmt. Der maßgeblichen Abbildung war zweifelsfrei zu entnehmen, dass das Stäbchen Kurven und Wellen in einer Ebene aufweist. Außerdem war in eindeutiger Weise zu entnehmen, dass die Abbildung ein Stäbchen mit einem nicht ovalen, sondern runden Querschnitt zeigt.
Das BPatG hatte im vorliegenden Fall zudem die Frage aufgeworfen, ob bei einer komplexen dreidimensionalen Gestaltung nicht regelmäßig mehrere Ansichten eingereicht werden müssen, die den Gegenstand aus allen denkbaren Perspektiven wiedergeben. Ein derartiges Erfordernis lässt sich allerdings weder den Bestimmungen der Pariser Verbandsübereinkunft noch der Markenrechtsrichtlinie entnehmen. Entsprechendes gilt für die deutschen markenrechtlichen Bestimmungen. Daher sind dreidimensionale Marken, die nicht von allen Seiten dargestellt waren, bisher in der Rechtsprechung auch nicht wegen fehlender Bestimmtheit beanstandet worden. Wird allerdings nur eine Ansicht einer dreidimensionalen Marke eingereicht, kann dies im Einzelfall zu einer Einschränkung des Schutzumfangs führen, weil dieser ausschließlich durch den in der Anmeldung und Eintragung sichtbaren Teil der Marke bestimmt wird.
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