01.02.2022

Zu den Anforderungen an Preisinformation bei Kopplungsangeboten

Die an die Preisinformation bei Kopplungsangeboten zu stellenden Anforderungen ergeben sich nunmehr aus dem lauterkeitsrechtlichen Irreführungsverbot (§ 5 Abs. 1 UWG), dem Tatbestand der Informationspflichtverletzung (im unternehmerischen Verkehr § 5a Abs. 1 UWG, im Verhältnis zu Verbrauchern § 5a Abs. 2 UWG) sowie aus dem Verbot aggressiver geschäftlicher Handlungen (§ 4a UWG) und der lauterkeitsrechtlichen Generalklausel (im unternehmerischen Verkehr § 3 Abs. 1 UWG, im Verhältnis zu Verbrauchern § 3 Abs. 2 UWG; Weiterführung von BGH v. 13.6.2002 - I ZR 173/01 - Kopplungsangebot I; BGH v. 27.2.2003 - I ZR 253/00 - Gesamtpreisangebot).

BGH v. 25.11.2021 - I ZR 148/20
Der Sachverhalt:
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Markt der Vermietung von Wasserspendern an gewerbliche Kunden. Üblicherweise wird dabei neben der Vermietung des Geräts auch die Erbringung von Serviceleistungen angeboten, zu denen die regelmäßige Überprüfung der Geräte und die Durchführung erforderlicher Pflegeleistungen wie Reparaturen und der Austausch von Verschleißteilen zählen. Die Beklagte bietet die Serviceleistungen separat an, so dass der Kunde entweder nur das Gerät mieten oder daneben zusätzlich die Serviceleistung in Anspruch nehmen kann. Die Mietverträge haben regelmäßig eine feste Laufzeit von mindestens fünf Jahren.

Im dritten Quartal 2016 erteilte die Beklagte ihren Vertriebsmitarbeitern die Weisung, in die Servicevereinbarung stets "0,00 €" einzutragen und die Servicegebühr stattdessen in den Mietpreis einzukalkulieren ("Altverträge"). Seit September 2018 lässt die Beklagte ihre Vertriebsmitarbeiter eine Servicegebühr von "1,00 €" eintragen ("Neuverträge"). Nach erfolgloser Abmahnung beantragte die Klägerin, die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im Zusammenhang mit dem Abschluss von Mietverträgen über Wasserspender gleichzeitig den Abschluss von gesonderten Verträgen über die Erbringung von Serviceleistungen für die Mietgeräte anzubieten, bei denen die Servicegebühr mit 0,00 € oder 1,00 € ausgewiesen ist, wenn die Servicegebühr zuvor in die Gerätemiete eingerechnet worden ist, sofern nicht üblicherweise tatsächlich eine gesonderte Servicegebühr, die nicht in die Miete einkalkuliert ist, gefordert wird. Außerdem verlangte sie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren.

LG und OLG gaben dem Unterlassungsantrag statt und verurteilten die Beklagte wegen der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren unter Zurückweisung der weitergehenden Klage zur Freistellung. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf wies die die Klage ab.

Die Gründe:
Die Vertragsgestaltung der Beklagten stellt keine unlautere geschäftliche Handlung dar. Der Klägerin steht daher kein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 UWG zu.

Die Werbung für Angebote, bei denen mehrere Waren und/oder Dienstleistungen in der Weise angeboten werden, dass bei Erwerb des einen Produkts das andere Produkt ohne Berechnung oder unter Berechnung eines nominellen Betrags abgegeben wird (sog. Kopplungsangebote), ist wettbewerbsrechtlich grundsätzlich zulässig. Die Möglichkeit, Güter und Dienstleistungen zu Gesamtangeboten (insbesondere Komplettangeboten) zusammenzustellen und dementsprechend zu bewerben, gehört zur Freiheit des Wettbewerbs. Das gilt auch dann, wenn ein Teil der auf diese Weise gekoppelten Waren oder Leistungen ohne gesondertes Entgelt abgegeben wird.

In der zu den §§ 1 und 3 UWG a.F. ergangenen Rechtsprechung hat der BGH allerdings bereits anerkannt, dass wegen der Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung und Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise bei derartigen Kopplungsangeboten bestimmte Anforderungen erfüllt sein müssen. Vor allem muss einer Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise über den tatsächlichen Wert des Angebots entgegengewirkt werden. Eine solche Täuschung unterfällt nunmehr dem Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 UWG. Ebenso muss vermieden werden, dass durch mangelnde Transparenz oder eine starke Anlockwirkung die Rationalität der Nachfrageentscheidung auf Seiten der angesprochenen Verkehrskreise über Gebühr zurückgedrängt wird. Das daraus folgende Transparenzgebot ist im unternehmerischen Verkehr nunmehr der Vorschrift des § 5a Abs. 1 UWG zu entnehmen, während einer starken Anlockwirkung grundsätzlich mit den Regelungen in § 4a bzw. § 3 Abs. 1 UWG begegnet werden kann. Die danach an die Preisinformation bei Kopplungsangeboten zu stellenden Anforderungen sind im Streitfall erfüllt.

Die beanstandete Vertragsgestaltung ist nicht irreführend gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Fall 2 Nr. 2 UWG. Das OLG hat angenommen, die Vertragsgestaltung der Beklagten sei hinsichtlich der Angabe eines Serviceentgelts von "0,00 €" bzw. "1,00 €" irreführend, weil die Quersubventionierung der Serviceleistungen durch die Gerätemiete für die Kunden der Beklagten nicht erkennbar sei. Bei den zu diesem Kundenkreis gehörenden Kleinbetrieben, Gewerbetreibenden und Einzelhandelsgeschäften könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass ihre Inhaber die Vorstellung hätten, das monatliche Entgelt sei in den verlangten Mietpreis eingerechnet. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Bei der Ermittlung der Verkehrsauffassung ist das OLG rechtsfehlerhaft von einer gespaltenen Verkehrsauffassung ausgegangen. Es hat bei den Kunden der Beklagten zwischen Kleinbetrieben, Gewerbetreibenden sowie Einzelhandelsgeschäften einerseits und Unternehmen, juristischen Personen sowie Behörden andererseits unterschieden und angenommen, Kunden aus der ersten Gruppe würden die Quersubventionierung nicht erkennen. Eine derartige Differenzierung innerhalb eines einzigen angesprochenen Verkehrskreises widerspricht dem Grundsatz, dass es bei der Beurteilung der Irreführungsgefahr auf die Auffassung des durchschnittlich verständigen und vernünftigen Marktteilnehmers ankommt. Eine andere Beurteilung ist nur ausnahmsweise dann gerechtfertigt, wenn die Sicht verschiedener Verkehrskreise zu ermitteln ist, die sich - wie etwa der allgemeine Verkehr und Fachkreise oder unterschiedliche Sprachkreise - objektiv voneinander abgrenzen lassen. Innerhalb eines einzigen Verkehrskreises - wie hier der gewerblichen Kundinnen und Kunden der Beklagten - scheidet eine gespaltene Verkehrsauffassung dagegen aus.

Das angegriffene Angebot genügt auch dem für Kopplungsangebote geltenden Transparenzgebot gem. § 5a Abs. 1 UWG. Der Gefahr einer übermäßigen Anlockwirkung eines Kopplungsangebots wirkt das Verbot aggressiver geschäftlicher Handlungen gem. § 4a UWG sowie - im Verhältnis zu Verbrauchern - das Verbot von gegen die unternehmerische Sorgfalt verstoßenden geschäftlichen Handlungen gem. § 3 Abs. 2 UWG entgegen. Im Verhältnis zu sonstigen Marktteilnehmern kommt die Anwendung der wettbewerbsrechtlichen Generalklausel des § 3 Abs. 1 UWG in Betracht, sofern die betreffende Verhaltensweise von ihrem Unlauterkeitsgehalt her den in den §§ 3a bis 7 UWG angeführten Beispielsfällen unlauteren Verhaltens entspricht. Im vorliegenden Fall, der Angaben im unternehmerischen Verkehr betrifft, bestehen für Verstöße gegen § 4a UWG oder § 3 Abs. 1 UWG keine Anhaltspunkte.

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