Zu den Voraussetzungen der Erweiterung einer Erlaubnis als Honorar-Finanzanlagenberater
VG Berlin v. 7.2.2022 - 4 K 117.18
Der Sachverhalt:
Die Klägerin begehrt die Erweiterung ihrer Erlaubnis für die Tätigkeit als Honorar-Finanzanlagenberaterin. Die Klägerin ist eine GmbH mit dem Unternehmensgegenstand "Erbringung von Finanzberatung in Form von Honorarberatung". Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist N. Dieser legte laut Bescheinigung der Internationalen Handelskammer (IHK) Berlin im April 2014 erfolgreich die Sachkundeprüfung "Geprüfter Finanzanlagenfachmann IHK" im Bereich offene Investmentvermögen ab. Im August 2014 erteilte das zuständige Bezirksamt der Klägerin die Erlaubnis zur Anlagenvermittlung und Anlagenberatung in der Kategorie "Anteile oder Aktien an inländischen offenen Investmentvermögen, offenen EU-Investmentvermögen oder ausländischen offenen Investmentvermögen, die nach dem Kapitalanlagegesetzbuch vertrieben werden dürfen". Im Juli 2016 verlieh die Frankfurt School of Finance & Management dem Geschäftsführer der Klägerin nach dessen bestandenem Studium "Financial Planner" die Berechtigung zum Führen der Bezeichnung "Finanzfachwirt (FH)".
Im August 2016 beantragte die Klägerin die Erweiterung ihrer Erlaubnis auf die Kategorien "Anteile oder Aktien an inländischen geschlossenen Investmentvermögen, geschlossenen EU-Investmentvermögen oder ausländischen geschlossenen Investmentvermögen, die nach dem Kapitalanlagegesetzbuch vertrieben werden dürfen" und "Vermögensanlagen im Sinne des Vermögensanlagengesetzes". Im Februar 2017 hörte das Bezirksamt die Klägerin zur beabsichtigten Versagung der Erweiterung ihrer Erlaubnis an. Es verwies darauf, dass der erforderliche Sachkundenachweis im Umfang der beantragten Kategorien fehle. Die Berufsqualifikation des Geschäftsführers als Finanzfachwirt könne den Sachkundenachweis nach der Finanzanlagenvermittlungsverordnung nicht ersetzen, da die zusätzlich geforderte einjährige Berufserfahrung nicht für die beantragten Kategorien nachgewiesen worden sei. Im Mai 2017 lehnte das Bezirksamt den Antrag der Klägerin auf Erweiterung ihrer Erlaubnis ab.
Das VG gab der hiergegen gerichteten Klage statt.
Die Gründe:
Die Versagung der beantragten Erlaubnis durch das Bezirksamt ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, weil sie einen Anspruch auf die Erlaubniserteilung hat, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Anspruchsgrundlage ist § 34h Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 34f Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 GewO. Hiernach bedarf einer Erlaubnis der zuständigen Behörde, wer im Umfang der Bereichsausnahme des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG gewerbsmäßig zu Finanzanlagen i.S.d. § 34f Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 GewO Anlageberatung i.S.d. § 1 Abs. 1a Nr. 1a KWG erbringen will, ohne von einem Produktgeber eine Zuwendung zu erhalten oder von ihm in anderer Weise abhängig zu sein (Honorar-Finanzanlagenberater). Die Voraussetzungen der Legaldefinition in § 34h Abs. 1 Satz 1 sind erfüllt: bei der von der Klägerin angestrebten Tätigkeit handelt es sich um Anlageberatung i.S.d. § 1 Abs. 1a Nr. 1a KWG im Umfang der Bereichsausnahme des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG, die auf die Produktkategorien des § 34f Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 GewO abzielt; eine Abhängigkeit der Klägerin von Zuwendungsgebern oder eine sonstige Abhängigkeit sind nicht ersichtlich. Auch von einer Gewerbsmäßigkeit der Anlageberatung ist auszugehen.
Auch ein Versagungsgrund nach § 34f Abs. 2 Nr. 4 GewO liegt im Ergebnis nicht vor. Danach ist die Erlaubnis zu versagen, wenn der Antragsteller nicht durch eine vor der IHK erfolgreich abgelegte Prüfung nachweist, dass er die für die Vermittlung und Beratung über Finanzanlagen i.S.d. Abs. 1 Satz 1 notwendige Sachkunde über die fachlichen und rechtlichen Grundlagen sowie über die Kundenberatung besitzt. Die Sachkunde ist nach § 34f Abs. 2 Nr. 4 2. Halbsatz GewO im Umfang der beantragten Erlaubnis nachzuweisen. Die auf Grundlage des § 34g Abs. 1 Satz 1 GewO geschaffene FinVermV regelt Einzelheiten und den Umfang der Verpflichtungen des Gewerbetreibenden bei der Ausübung des Gewerbes eines Finanzanlagenvermittlers und Honorar-Finanzanlagenberaters. Zwar hat die Klägerin unstreitig in den Produktkategorien des § 34f Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 GewO keine Sachkundeprüfung durch die IHK vorgelegt. Gem. § 4 Abs. 1 Nr. 2 c) FinVermV ist jedoch ein Abschlusszeugnis als geprüfter Finanzfachwirt mit einem abgeschlossenen weiterbildenden Zertifikatsstudium an einer Hochschule der Sachkundeprüfung mit den Inhalten aus § 1 FinVermV gleichgestellt, wenn zusätzlich eine mindestens einjährige Berufserfahrung im Bereich Anlageberatung und Anlagevermittlung nachgewiesen wird. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Der Geschäftsführer der Klägerin besitzt einen Abschluss als Finanzwirt. Seine Berufserfahrung als Honorar-Finanzanlagenberater betrug im Zeitpunkt der Antragsstellung zudem mindestens ein Jahr. Die Erlaubnis nach § 34h Abs. 1 i.V.m. § 34f Abs. 1 Nr. 1 GewO wurde ihm am 1.8.2014 erteilt. Ausweislich der Bestätigung eines Geschäftspartners vom 31.1.2017 arbeitete dieser im Zeitraum von 2015 bis 2016 in mindestens drei Fällen mit dem Geschäftsführer bei der Vermittlung oder Beratung zu Immobilienkrediten zusammen. Auch aus dem Prüfungsbericht seiner Steuerberaterin vom 31.5.2017 für das Kalenderjahr 2015, der allerdings offenbar auf den eigenen Aussagen des Geschäftsführers beruht, ergibt sich eine Tätigkeit als Honorar-Finanzanlagenberater im Jahr 2015.
Die Berufserfahrung erfüllt auch die Anforderungen des § 4 Abs. 1 Nr. 2 c) FinVermV. Eine vom Bezirksamt geforderte Folgeprüfung gem. § 3 Abs. 5 Nr. 2 FinVermV ist nicht erforderlich. Anders als das Bezirksamt meint, muss die Berufserfahrung nicht konkret in der Produktkategorie des § 34f Abs. 1 GewO vorliegen, für die die (Erweiterung der) Erlaubnis beantragt wird. Denn eine derart enge Auslegung, ergibt weder aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Nr. 2 c) FinVermV, noch aus der Systematik, Historie oder Sinn und Zweck der Vorschrift.
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Die Klägerin begehrt die Erweiterung ihrer Erlaubnis für die Tätigkeit als Honorar-Finanzanlagenberaterin. Die Klägerin ist eine GmbH mit dem Unternehmensgegenstand "Erbringung von Finanzberatung in Form von Honorarberatung". Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist N. Dieser legte laut Bescheinigung der Internationalen Handelskammer (IHK) Berlin im April 2014 erfolgreich die Sachkundeprüfung "Geprüfter Finanzanlagenfachmann IHK" im Bereich offene Investmentvermögen ab. Im August 2014 erteilte das zuständige Bezirksamt der Klägerin die Erlaubnis zur Anlagenvermittlung und Anlagenberatung in der Kategorie "Anteile oder Aktien an inländischen offenen Investmentvermögen, offenen EU-Investmentvermögen oder ausländischen offenen Investmentvermögen, die nach dem Kapitalanlagegesetzbuch vertrieben werden dürfen". Im Juli 2016 verlieh die Frankfurt School of Finance & Management dem Geschäftsführer der Klägerin nach dessen bestandenem Studium "Financial Planner" die Berechtigung zum Führen der Bezeichnung "Finanzfachwirt (FH)".
Im August 2016 beantragte die Klägerin die Erweiterung ihrer Erlaubnis auf die Kategorien "Anteile oder Aktien an inländischen geschlossenen Investmentvermögen, geschlossenen EU-Investmentvermögen oder ausländischen geschlossenen Investmentvermögen, die nach dem Kapitalanlagegesetzbuch vertrieben werden dürfen" und "Vermögensanlagen im Sinne des Vermögensanlagengesetzes". Im Februar 2017 hörte das Bezirksamt die Klägerin zur beabsichtigten Versagung der Erweiterung ihrer Erlaubnis an. Es verwies darauf, dass der erforderliche Sachkundenachweis im Umfang der beantragten Kategorien fehle. Die Berufsqualifikation des Geschäftsführers als Finanzfachwirt könne den Sachkundenachweis nach der Finanzanlagenvermittlungsverordnung nicht ersetzen, da die zusätzlich geforderte einjährige Berufserfahrung nicht für die beantragten Kategorien nachgewiesen worden sei. Im Mai 2017 lehnte das Bezirksamt den Antrag der Klägerin auf Erweiterung ihrer Erlaubnis ab.
Das VG gab der hiergegen gerichteten Klage statt.
Die Gründe:
Die Versagung der beantragten Erlaubnis durch das Bezirksamt ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, weil sie einen Anspruch auf die Erlaubniserteilung hat, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Anspruchsgrundlage ist § 34h Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 34f Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 GewO. Hiernach bedarf einer Erlaubnis der zuständigen Behörde, wer im Umfang der Bereichsausnahme des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG gewerbsmäßig zu Finanzanlagen i.S.d. § 34f Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 GewO Anlageberatung i.S.d. § 1 Abs. 1a Nr. 1a KWG erbringen will, ohne von einem Produktgeber eine Zuwendung zu erhalten oder von ihm in anderer Weise abhängig zu sein (Honorar-Finanzanlagenberater). Die Voraussetzungen der Legaldefinition in § 34h Abs. 1 Satz 1 sind erfüllt: bei der von der Klägerin angestrebten Tätigkeit handelt es sich um Anlageberatung i.S.d. § 1 Abs. 1a Nr. 1a KWG im Umfang der Bereichsausnahme des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG, die auf die Produktkategorien des § 34f Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 GewO abzielt; eine Abhängigkeit der Klägerin von Zuwendungsgebern oder eine sonstige Abhängigkeit sind nicht ersichtlich. Auch von einer Gewerbsmäßigkeit der Anlageberatung ist auszugehen.
Auch ein Versagungsgrund nach § 34f Abs. 2 Nr. 4 GewO liegt im Ergebnis nicht vor. Danach ist die Erlaubnis zu versagen, wenn der Antragsteller nicht durch eine vor der IHK erfolgreich abgelegte Prüfung nachweist, dass er die für die Vermittlung und Beratung über Finanzanlagen i.S.d. Abs. 1 Satz 1 notwendige Sachkunde über die fachlichen und rechtlichen Grundlagen sowie über die Kundenberatung besitzt. Die Sachkunde ist nach § 34f Abs. 2 Nr. 4 2. Halbsatz GewO im Umfang der beantragten Erlaubnis nachzuweisen. Die auf Grundlage des § 34g Abs. 1 Satz 1 GewO geschaffene FinVermV regelt Einzelheiten und den Umfang der Verpflichtungen des Gewerbetreibenden bei der Ausübung des Gewerbes eines Finanzanlagenvermittlers und Honorar-Finanzanlagenberaters. Zwar hat die Klägerin unstreitig in den Produktkategorien des § 34f Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 GewO keine Sachkundeprüfung durch die IHK vorgelegt. Gem. § 4 Abs. 1 Nr. 2 c) FinVermV ist jedoch ein Abschlusszeugnis als geprüfter Finanzfachwirt mit einem abgeschlossenen weiterbildenden Zertifikatsstudium an einer Hochschule der Sachkundeprüfung mit den Inhalten aus § 1 FinVermV gleichgestellt, wenn zusätzlich eine mindestens einjährige Berufserfahrung im Bereich Anlageberatung und Anlagevermittlung nachgewiesen wird. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Der Geschäftsführer der Klägerin besitzt einen Abschluss als Finanzwirt. Seine Berufserfahrung als Honorar-Finanzanlagenberater betrug im Zeitpunkt der Antragsstellung zudem mindestens ein Jahr. Die Erlaubnis nach § 34h Abs. 1 i.V.m. § 34f Abs. 1 Nr. 1 GewO wurde ihm am 1.8.2014 erteilt. Ausweislich der Bestätigung eines Geschäftspartners vom 31.1.2017 arbeitete dieser im Zeitraum von 2015 bis 2016 in mindestens drei Fällen mit dem Geschäftsführer bei der Vermittlung oder Beratung zu Immobilienkrediten zusammen. Auch aus dem Prüfungsbericht seiner Steuerberaterin vom 31.5.2017 für das Kalenderjahr 2015, der allerdings offenbar auf den eigenen Aussagen des Geschäftsführers beruht, ergibt sich eine Tätigkeit als Honorar-Finanzanlagenberater im Jahr 2015.
Die Berufserfahrung erfüllt auch die Anforderungen des § 4 Abs. 1 Nr. 2 c) FinVermV. Eine vom Bezirksamt geforderte Folgeprüfung gem. § 3 Abs. 5 Nr. 2 FinVermV ist nicht erforderlich. Anders als das Bezirksamt meint, muss die Berufserfahrung nicht konkret in der Produktkategorie des § 34f Abs. 1 GewO vorliegen, für die die (Erweiterung der) Erlaubnis beantragt wird. Denn eine derart enge Auslegung, ergibt weder aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Nr. 2 c) FinVermV, noch aus der Systematik, Historie oder Sinn und Zweck der Vorschrift.
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