Zu den Voraussetzungen der Löschung eines Social-Media-Posts und der Sperrung des Nutzer-Accounts
OLG Rostock v. 25.5.2021, 2 U 8/19
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte in einem Social-Media-Post die am Osterwochenende 2018 im "Volkspark" versammelten Männer bosnischer Herkunft, die - lagernd um ein Dutzend an Drehspießen gegrillter Schafe - Ostern feiern wollten, als "Untermenschen" bzw. "kriminelle Eindringlinge" bezeichnet hat. Der Kläger ist daraufhin von der Beklagten gesperrt worden. Seine Posts wurden gelöscht.
Das LG hat die auf Feststellung der Rechtswidrigkeit von Löschung und Sperrung gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers vor dem OLG blieb erfolglos.
Die Gründe:
Die Klage ist bereits unzulässig, soweit sie auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit von Löschung und Sperrung gerichtet ist. Die klageartspezifischen Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO liegen insofern nicht vor. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
Der Post des Klägers sprach einer konkret umrissenen und damit individualisierten Menschengruppe - nämlich den im "Volkspark" zu einem näher bestimmten Zeitpunkt versammelten Personen - schon im Ansatz den menschlichen Achtungsanspruch ab. Er degradierte die Angesprochenen zu einer minderwertigen Spezies, zu - bestenfalls - "Menschen zweiter Klasse". Damit sind die betreffenden Personen unzweifelhaft beleidigt worden. Zugleich ist damit - dies unabhängig von der Individualisierbarkeit der Betroffenen - der Straftatbestand der Volksverhetzung gem. § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB verwirklicht worden.
Die von der Beklagten ausgebrachten Maßnahmen durften bei dieser Sachlage - unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten auch im konkreten Umfang - bereits kraft Gesetzes ergriffen werden (vgl. §§ 1 Abs. 3, 3 Abs. 2 Nr. 3 NetzDG), weshalb es auf die Frage der Wirksamkeit und ggf. Reichweite der Nutzungsbedingungen der Beklagten schon im Ansatz nicht ankommt. Auch die Frage der - etwaigen - strafrechtlichen Bewertung der hier in Rede stehenden Äußerung kann auf sich beruhen. Jedenfalls nämlich stünde - mindestens - einem Teil der vom Kläger beleidigten Menschen ein im allgemeinen Persönlichkeitsrecht wurzelnder zivilrechtlicher Abwehranspruch analog § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 GG gegen den Kläger hinsichtlich der streitbegriffenen Verwendung der Worte "kriminelle Eindringlinge" zu, der unabhängig von den Nutzungsbedingungen eine Löschung bzw. Sperrung - wiederum auch im hier konkret gewählten Umfang - rechtfertigt.
Landesrecht M-V
Der Kläger hatte in einem Social-Media-Post die am Osterwochenende 2018 im "Volkspark" versammelten Männer bosnischer Herkunft, die - lagernd um ein Dutzend an Drehspießen gegrillter Schafe - Ostern feiern wollten, als "Untermenschen" bzw. "kriminelle Eindringlinge" bezeichnet hat. Der Kläger ist daraufhin von der Beklagten gesperrt worden. Seine Posts wurden gelöscht.
Das LG hat die auf Feststellung der Rechtswidrigkeit von Löschung und Sperrung gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers vor dem OLG blieb erfolglos.
Die Gründe:
Die Klage ist bereits unzulässig, soweit sie auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit von Löschung und Sperrung gerichtet ist. Die klageartspezifischen Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO liegen insofern nicht vor. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
Der Post des Klägers sprach einer konkret umrissenen und damit individualisierten Menschengruppe - nämlich den im "Volkspark" zu einem näher bestimmten Zeitpunkt versammelten Personen - schon im Ansatz den menschlichen Achtungsanspruch ab. Er degradierte die Angesprochenen zu einer minderwertigen Spezies, zu - bestenfalls - "Menschen zweiter Klasse". Damit sind die betreffenden Personen unzweifelhaft beleidigt worden. Zugleich ist damit - dies unabhängig von der Individualisierbarkeit der Betroffenen - der Straftatbestand der Volksverhetzung gem. § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB verwirklicht worden.
Die von der Beklagten ausgebrachten Maßnahmen durften bei dieser Sachlage - unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten auch im konkreten Umfang - bereits kraft Gesetzes ergriffen werden (vgl. §§ 1 Abs. 3, 3 Abs. 2 Nr. 3 NetzDG), weshalb es auf die Frage der Wirksamkeit und ggf. Reichweite der Nutzungsbedingungen der Beklagten schon im Ansatz nicht ankommt. Auch die Frage der - etwaigen - strafrechtlichen Bewertung der hier in Rede stehenden Äußerung kann auf sich beruhen. Jedenfalls nämlich stünde - mindestens - einem Teil der vom Kläger beleidigten Menschen ein im allgemeinen Persönlichkeitsrecht wurzelnder zivilrechtlicher Abwehranspruch analog § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 GG gegen den Kläger hinsichtlich der streitbegriffenen Verwendung der Worte "kriminelle Eindringlinge" zu, der unabhängig von den Nutzungsbedingungen eine Löschung bzw. Sperrung - wiederum auch im hier konkret gewählten Umfang - rechtfertigt.