Zulässigkeit einer Feststellungsklage nach Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrages
BGH 14.3.2017, XI ZR 442/16Die Parteien hatten 2007 vier Immobiliardarlehensverträge abgeschlossen, denen jeweils eine bis auf die Vertragsdaten gleichlautende Widerrufsbelehrung beigegeben war. Der klagende Bankkaufmann löste im Mai 2012 sämtliche Darlehen auf eigenen Wunsch gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 8.853 € ab. Ende Oktober 2014 widerrief er seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen, wobei er darauf hinwies, er habe "im Vorfeld rechtlichen Rat" u.a. bei seinem Rechtsanwalt eingeholt.
In der von ihm bei dem LG anhängig gemachten Klage hat er die beklagte "Bank eG, vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzenden H., bezeichnet". Die Klage ist dann an die "Bank eG, v.d.d. Vorstand", zugestellt und dort an einen Prokuristen als Leiter des Bereichs "Sonderaufgaben Kredit und Recht" weitergegeben worden. Dieser Prokurist und eine Mitarbeiterin, die zusammen zur Erteilung von Prozess-vollmachten für die Beklagte ermächtigt sind, haben unter dem Betreff "Neues Mandat: S. ./. Bank eG" den vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Juli 2015 "um Übernahme des im Betreff genannten Mandates" gebeten. Daraufhin hat der vorinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Beklagten "die Vertretung und Verteidigungsbereitschaft der Beklagten" angezeigt.
Das LG hat die Angabe des Klägers zum gesetzlichen Vertreter der Beklagten in das Rubrum übernommen und die Klage abgewiesen. Das OLG hat unter Beibehaltung des Rubrums antragsgemäß festgestellt, dass die vier näher bezeichneten Darlehensverträge durch wirksamen Widerruf in ein Abwicklungsverhältnis umgewandelt worden seien und die Beklagte zur Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigung nebst Zinsen verurteilt. Auf die Revision der Beklagten hat der BGH das Berufungsurteil insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden war und die Sache weitestgehend zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen.
Gründe:
Zwar war die Vorinstanz im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage in Gänze zulässig gegen die Beklagte erhoben worden sei. Denn gibt der Kläger, der nicht Organ der beklagten Genossenschaft ist, in der Klageschrift den gesetzlichen Vertreter der Genossenschaft erkennbar irrtümlich fehlerhaft an und wird die Klage an den richtigen gesetzlichen Vertreter zugestellt, ist sie dennoch ordnungsgemäß erhoben. Dies gilt in Abgrenzung zu den BGH-Urt. v. 26.6.1995 (Az.: II ZR 122/94), v. 9.10.1986 (Az.: II ZR 284/85) u. v. 16.2.2009 (Az.: II ZR 282/07). Und so verhielt es sich auch hier, denn bei der Angabe des Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten als ihres gesetzlichen Vertreters in der Klageschrift handelte es sich offensichtlich um eine versehentliche Falschbezeichnung, mit der keine positive Aussage über die gesellschaftsrechtlichen Vertretungsverhältnisse und insbesondere über die Reichweite des § 39 Abs. 1 S. 1 GenG getroffen werden sollte.
Zu Unrecht war das Berufungsgericht aber davon ausgegangen, dass die Feststellungsklage zulässig sei, weil das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben sei. Das traf nicht zu. Der Kläger kann und muss vielmehr vorrangig insgesamt (und nicht nur die Vorfälligkeitsentschädigung betreffend) mit der Leistungsklage gegen die Beklagte vorgehen.
Das Berufungsurteil hielt rechtlicher Überprüfung überdies nicht stand, soweit das OLG die Beklagte zur Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung nebst Zinsen verurteilt hatte. Es hatte nämlich die rechtlichen Maßgaben verkannt, unter denen nach den Senatsurteilen vom 12.7.2016 (Az.: XI ZR 501/15, u. Az.: XI ZR 564/15) sowie vom 11.10.2016 (Az.: XI ZR 482/15) die Verwirkung des Widerrufsrechts steht. Danach ist bei beendeten Verträgen bei der Bewertung, ob der Verbraucher das Widerrufsrecht verwirkt hat, mit zu berücksichtigen, ob die Parteien auf Wunsch des Verbrauchers den Darlehensvertrag einverständlich beendet haben. Diesen rechtlichen Gesichtspunkt hatte das Berufungsgericht bei seiner Würdigung der für und gegen eine Verwirkung des Widerrufsrechts sprechenden Umstände zwar erwähnt, aber als unmaßgeblich außer Acht gelassen.
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