05.05.2011

Zum Anspruch des Handelsvertreters auf kostenlose Überlassung von Hilfsmitteln

Handelsvertreter haben nur insoweit einen Anspruch auf kostenlose Überlassung von Hilfsmitteln gem. § 86a HGB, als sie auf diese angewiesen sind, um ihrer Pflicht zur Vermittlung beziehungsweise zum Abschluss von Geschäften nachzukommen. Demgegenüber hat der Handelsvertreter die in seinem Geschäftsbetrieb anfallenden Aufwendungen selbst zu tragen.

BGH 4.5.2011, VIII ZR 10/10 u.a.
Der Sachverhalt:
Die Kläger waren Unter-Handelsvertreter der Beklagten, die ihrerseits Finanzprodukte vertreibt. Die Beklagte bietet ihren Handelsvertretern kostenpflichtige Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen an. Zur Unterstützung ihrer Vermittlungstätigkeit können die Handelsvertreter von der Beklagten ferner verschiedene mit deren Logo versehene Artikel wie Briefpapier, Visitenkarten, Datenerhebungsbögen und Werbegeschenke aller Art gegen Entgelt erwerben. Das gleiche gilt für die von der Beklagten herausgegebene Zeitschrift "Finanzplaner", die die Handelsvertreter für die von ihnen betreuten Kunden bestellen können.

Die Kläger machten von diesen Angeboten Gebrauch. Die dadurch entstandenen Kosten wurden vereinbarungsgemäß dem jeweiligen Provisionskonto belastet. Aufgrund eines zwischen den Parteien gesondert abgeschlossenen Vertrages wurde den Klägern die Nutzung der Vertriebssoftware der Beklagten gegen Zahlung eines gleichfalls seinem Provisionskonto belasteten Entgelts i.H.v. 80 € mtl. ermöglicht. Mit der Klage verlangen die Kläger Zahlung der einbehaltenen Beträge.

Das Landgericht wies die Klage in einem Fall (VIII ZR 10/10) vollständig, im anderen Fall (VIII ZR 11/10) mit Ausnahme der Kosten des Softwarepaketes ab. Das OLG gab den Klagen teilweise statt und verurteilte die Beklagte zur Rückzahlung der einbehaltenen Beträge mit Ausnahme der Kosten für Schulungen und Fortbildungsmaßnahmen. Auf die hiergegen gerichteten Revisionen der Beklagten hob der BGH die Berufungsurteile auf und wies die Klagen mit Ausnahme der Kosten des Softwarepaketes ab. Die auf eine Erstattung der Fortbildungskosten gerichteten Anschlussrevisionen der Kläger hatten keinen Erfolg.

Die Gründe:
Handelsvertreter haben nur insoweit einen Anspruch auf kostenlose Überlassung von Hilfsmitteln gem. § 86a HGB, als sie auf diese angewiesen sind, um ihrer Pflicht zur Vermittlung beziehungsweise zum Abschluss von Geschäften nachzukommen. Dies war im vorliegenden Fall für das Softwarepaket zu bejahen, da es Komponenten enthält, ohne die eine Vermittlungstätigkeit der Kläger nicht möglich gewesen wäre.

Demgegenüber hat der Handelsvertreter die in seinem Geschäftsbetrieb anfallenden Aufwendungen selbst zu tragen. Hierzu gehören insbes. die Büroausstattung des Handelsvertreters, aber auch Werbegeschenke sowie die - nicht als Produktbroschüre anzusehende - Zeitschrift "Finanzplaner", die der Handelsvertreter zur allgemeinen Kundenpflege einsetzt.

Auch die Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen musste die Beklagte den Klägern nicht kostenlos gewähren, da es dabei nicht um die Vermittlung von Produktinformationen, sondern um den Erwerb zusätzlicher Qualifikationen ging, die die Kläger benötigten, um ihr Tätigkeitsfeld - z. B. auf den Vertrieb von Immobilien - zu erweitern. Demzufolge war bzgl. der übrigen Positionen ein Anspruch der Kläger auf Auszahlung der einbehaltenen Beträge zu verneinen.

Linkhinweis:

  • Die Volltexte der Entscheidungen werden demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier
BGH PM Nr. 73 vom 4.5.2011
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