14.05.2012

Zum Ausgleichsanspruch des Ausfallbürgen gegen den Regelbürgen

Ausfallbürge und Regelbürge sind nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum keine Mitbürgen i.S.v. § 769 BGB. Im Fall, dass der im Verhältnis zum Regelbürgen nur subsidiär haftende Ausfallbürge den Gläubiger der Hauptforderung befriedigt, steht ihm ein interner Ausgleichsanspruch gegen den Regelbürgen zu, der selbständig neben die kraft Gesetzes mit der Hauptforderung auf den Ausfallbürgen übergehende Bürgschaftsforderung gegen den Regelbürgen tritt.

BGH 20.3.2012, XI ZR 234/11
Der Sachverhalt:
Die Sparkasse hatte der Ehefrau des Beklagten im Dezember 1979 ein Existenzgründungs-Darlehen über 105.000 DM gewährt, für das der Beklagte sich selbstschuldnerisch verbürgte. Daneben übernahm eine Rechtsvorgängerin der klagenden Bank eine Ausfallbürgschaft bis zum Höchstbetrag von 80.000 DM. Im Jahre 1981 kündigte die Sparkasse den Darlehensvertrag wegen Zahlungsrückstands und nahm die Klägerin aus der Ausfallbürgschaft in Anspruch. Von einer Inanspruchnahme des Beklagten sah sie seinerzeit wegen dessen Zahlungsunfähigkeit ab.

Die Klägerin überwies der Sparkasse einen Betrag von 78.000 DM als Abschlagszahlung auf den voraussichtlich eintretenden Kreditausfall. Durch rechtskräftiges Urteil des AG aus dem Jahr 1993 wurde der Beklagte, der im März 1985 seine Vermögenslosigkeit erklärt hatte, aufgrund einer Teilklage verurteilt, gesamtschuldnerisch mit seiner ehefrau 6.000 DM an die Klägerin zu zahlen.

Mit der vorliegenden Klage nahm die Klägerin den Beklagten erneut aus dessen selbstschuldnerischer Bürgschaft in Anspruch, wobei sie ihre Regressforderung unter Berücksichtigung der Ergebnisse aus der Verwertung anderweitiger Sicherheiten sowie sonstiger Zahlungen, u.a. der Urteilssumme aus dem vorgenannten amtsgerichtlichen Urteil, zuletzt mit 30.763 € bezifferte. Das LG gab der Klage weitestgehend statt; das OLG wies sie aufgrund von Verjährung ab.

Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Die von der Klägerin geltend gemachte Regressforderung ist nicht verjährt.

Zwar war das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagte seiner Inanspruchnahme aus der auf die Klägerin übergegangenen Bürgschaftsforderung aus der selbstschuldnerischen Bürgschaft die Einrede der Verjährung der Hauptforderung entgegenhalten konnte. Allerdings hatte sich das OLG allein mit der auf die Klägerin übergegangenen Darlehensforderung der Sparkasse als der Hauptschuld und der insoweit bestehenden Bürgschaftsverpflichtung des Beklagten, nicht aber mit dem Ausgleichsverhältnis der Parteien als Bürgen untereinander befasst. Aus diesem Rechtsverhältnis stand der Klägerin nämlich ein eigenständiger, vom Berufungsgericht außer Acht gelassener Rückgriffsanspruch gegen den Beklagten entsprechend § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 BGB zu, der nicht verjährt ist.

Ausfallbürge und Regelbürge sind nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum keine Mitbürgen i.S.v. § 769 BGB. Im Gegensatz zur gewöhnlichen Bürgschaft ist der Ausfallbürge nicht auf die Einrede der Vorausklage angewiesen. Seine Haftung ist vielmehr schon wesensmäßig subsidiär und stellt im Allgemeinen das Gegenteil der selbstschuldnerischen Bürgschaft dar. Die im Verhältnis zum Regelbürgen bestehende Subsidiarität der Eintrittspflicht des Ausfallbürgen schließt gleichwohl einen internen Ausgleichsanspruch des Ausfall- gegenüber dem Regelbürgen entsprechend der Rechtslage unter Mitbürgen nicht aus. Denn andernfalls würde die bei der Ausfallbürgschaft beabsichtigte Privilegierung des Ausfallbürgen geradezu in ihr Gegenteil verkehrt.

Die Ausfallbürgschaft soll nicht den Regelbürgen, der für den dem Hauptschuldner gewährten Kredit ohnehin stets einzustehen hat, begünstigen, sondern vielmehr den Kreditgeber gegen das Risiko der Leistungs-unfähigkeit des vorrangig haftenden Regelbürgen absichern. Wollte man angesichts dessen dem Ausfallbürgen den eigenständigen Ausgleichsanspruch entsprechend § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 BGB gegen den Regelbürgen versagen, würde dies zu dem sachwidrigen Ergebnis führen, dass der - im Verhältnis zum Regelbürgen gerade privilegierte - Ausfallbürge hinsichtlich seiner Regressmöglichkeiten schlechter stünde als der Regelbürge. Infolgedessen griff die vom Beklagten erhobene Verjährungseinrede nicht durch. Hinsichtlich dieses Regressanspruchs konnte schon deshalb nicht gem. § 195 BGB n.F. i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB mit Ablauf des 31.12.2004 Verjährung eintreten, weil er bereits zuvor rechtshängig geworden war.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück