30.07.2015

Zum Ausmaß der an die Kaduzierung anknüpfenden Haftung eines Rechtsvorgängers

Ein Gesellschafter, der vor Fälligkeit der Einlageschuld auf den Geschäftsanteil eines Mitgesellschafters aus der GmbH ausgeschieden ist, haftet, soweit die (später fällig gewordene und nicht erfüllte) Stammeinlage auf den Geschäftsanteil des Mitgesellschafters nach dessen Ausschluss im Wege der Kaduzierung weder von den Zahlungspflichtigen noch durch Verkauf des Geschäftsanteils gedeckt werden kann, grundsätzlich nicht für die Fehlbeträge: Dies gilt auch, wenn er durch Übertragung seines Geschäftsanteils auf den später mit seinem eigenen Geschäftsanteil kaduzierten Mitgesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschieden ist.

BGH 19.5.2015, II ZR 291/14
Der Sachverhalt:
Der Beklagte mit einem Geschäftsanteil von 2.500 € und der S. mit einem Geschäftsanteil von 22.500 € waren alleinige Gründungsgesellschafter P-GmbH. Der Beklagte hatte seine Einlage vollständig, der S. nur i.H.v. 11.250 € erbracht. Im Januar 2009 übertrug der Beklagte seinen Geschäftsanteil für einen Euro auf seinen Mitgesellschafter. Dessen restliche Einlage war bis dahin noch nicht eingefordert worden.

Im November 2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Er forderte den S. noch im selben Monat auf, die ausstehende Einlage zu zahlen. Da S. nicht zahlte, wurde sein Geschäftsanteil im Januar 2011 gem. § 21 Abs. 2 GmbHG kaduziert. Die Zwangsvollstreckung wegen der offenen Einlageforderung in das Vermögen des S. verlief erfolglos. Der Kläger forderte den Beklagten im Juli 2011 zur Leistung der auf den kaduzierten Geschäftsanteil noch ausstehenden Einlage auf.

LG und OLG wiesen die auf Zahlung von 11.250 € gerichtete Klage ab. Auch die Revision des Klägers vor dem BGH blieb erfolglos.

Gründe:
Der Beklagte haftet unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt für die von seinem ehemaligen Mitgesellschafter S. nicht erfüllte Einlageverpflichtung i.H.v. 11.250 €.

Der Beklagte haftet weder nach § 22 GmbHG, da er in Beziehung zu dem kaduzierten Geschäftsanteil kein Rechtsvorgänger i.S.d. Vorschrift ist noch nach 24 GmbHG, weil er kein übriger Gesellschafter i.S.d. Vorschrift ist. Letztlich haftet der Beklagte auch nicht als Rechtsvorgänger in Beziehung zu dem von ihm auf S. übertragenen Geschäftsanteil von 2.500 € für eine diesen wegen der Kaduzierung seines eigenen Geschäftsanteils von 22.500 € treffende Ausfallhaftung nach den §§ 22, 24 GmbHG.

Der kaduzierte Gesellschafter haftet zwar - zusätzlich zu seiner Haftung als mit dem kaduzierten Geschäftsanteil ausgeschlossener Gesellschafter nach § 21 Abs. 3 GmbHG - für die Rückstände auf den kaduzierten Geschäftsanteil nach § 24 GmbHG auch dann, wenn er über einen weiteren Geschäftsanteil neben dem kaduzierten Geschäftsanteil verfügt. Soweit von einzelnen Stimmen im Schrifttum eine Haftung des Kaduzierten nach § 24 GmbHG abgelehnt wird, befassen sie sich in diesem Zusammenhang nicht mit der Konstellation, dass ein Gesellschafter über mehrere Geschäftsanteile verfügt und (nur) einer davon kaduziert wird.

Diese den Kaduzierten als Inhaber eines nicht kaduzierten Geschäftsanteils treffende Ausfallhaftung trifft jedoch nicht einen Rechtsvorgänger in Beziehung zu dem nicht kaduzierten Geschäftsanteil. Denn die Aufbringung von Fehlbeträgen nach § 24 GmbHG betrifft keine "nicht erfüllten Einlageverpflichtungen" i.S.d. § 22 Abs. 1 GmbHG. Eine Kaduzierung wegen der verzögerten Aufbringung von Fehlbeträgen nach § 24 GmbHG findet nicht statt. Die an die Kaduzierung anknüpfende Haftung der Rechtsvorgänger erfasst nur diejenigen Einlageverpflichtungen, derentwegen die Kaduzierung betrieben werden kann.

Eine Ausnahme von dem allgemein anerkannten Grundsatz, dass derjenige Gesellschafter, der vor Fälligkeit der Einlageforderung des Kaduzierten aus der Gesellschaft ausgeschieden ist, nicht nach § 24 GmbHG haftet, ist auch nicht deshalb geboten, weil der Beklagte seinen Geschäftsanteil auf seinen später mit seinem eigenen Geschäftsanteil kaduzierten Mitgesellschafter übertragen hat. Die in der Instanzenrechtsprechung vereinzelt gebliebene Auffassung, dass nach dem Schutzzweck der § 24 S. 1, § 16 Abs. 2 (Abs. 3 a.F.) GmbHG die Ausfallhaftung desjenigen Gesellschafters, der seinen Geschäftsanteil veräußere, dann nicht erlösche, wenn die Veräußerung gerade an denjenigen Mitgesellschafter erfolge, der seinen Geschäftsanteil noch nicht (vollständig) eingezahlt habe, wird im Schrifttum zu Recht abgelehnt.

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