27.03.2012

Zum Aussonderungsrecht des Treugebers an dem Guthaben eines Treuhandkontos

Sobald vertretbare Gegenstände mit anderem Vermögen des Treuhänders vermischt werden, lässt sich nicht mehr mit Bestimmtheit sagen, was Treugut ist. Dies gilt in entsprechender Weise, wenn Forderungen eingezogen werden und die Beträge auf einem auch als Eigenkonto genutzten Girokonto des Treuhänders gutgeschrieben werden.

OLG Frankfurt a.M. 1.3.2012, 16 U 152/11
Der Sachverhalt:
Der Beklagte ist Insolvenzverwalter in einem im Juli 2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH (Schuldnerin), die ihren Kunden die Möglichkeit angeboten hatte, am Erfolg oder Nichterfolg von Optionsgeschäften teilzunehmen. Diese führte die Schuldnerin im eigenen Namen auf Rechnung der Anlegergemeinschaft durch. Die Anleger zahlten Geldbeträge auf Einzahlungskonten, die die Schuldnerin bei anderen Banken unterhielt, wobei nicht jedem Anleger ein eigenes Konto zugewiesen wurde, sondern die Gelder verschiedener Anleger auf Sammelkonten verwahrt wurden.

Bereits zwischen 1992 und 1997 erlitt die Schuldnerin bei den Termingeschäften hohe Verluste, die sie den Anlegern durch manipulierte Buchungen verschwieg. In der Folge baute sie ein Schneeballsystem auf, bei dem sie die Einlagen von Neukunden dazu verwendete, Auszahlungen an Altkunden sowie Zahlungen für die laufenden Geschäfts- und Betriebskosten vorzunehmen.

Der Kläger hatte sich im November 2004 mit 35.000 € und im März 2005 mit 10.000 € beteiligt. Kurz darauf ordnete die BaFin die Untersagung der Annahme und Auszahlung von Kundengeldern an. Infolgedessen begehrte der Kläger die Aussonderung seiner Einlagen.

Das LG wies die Klage ab. Die Berufung des Klägers blieb vor dem OLG erfolglos. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
In Anlehnung an die BGH-Entscheidung vom 10.2.2011 (Az.: IX ZR 49/10) war davon auszugehen, dass dem Kläger kein Aussonderungsrecht an den von ihm eingezahlten Geldern zusteht. Soweit der Senat mit Urteil vom 11.2.2010 (Az.: 16 U 176/09) eine andere Auffassung vertreten hat, hält er daran nicht mehr fest.

Die Einzahlungs- und Brokerkonten waren nach den Prospektangaben und den dazugehörenden AGB als Treuhandkonten gedacht. Eine Aussonderung setzt demnach laut BGH-Rechtsprechung voraus, dass die auszusondernden Gegenstände bestimmt oder bestimmbar sind. Eine Aussonderung wegen eines bloßen Geldsummenanspruchs kennt die Rechtsordnung nicht. Sobald vertretbare Gegenstände mit anderem Vermögen des Treuhänders vermischt werden, lässt sich nicht mehr mit Bestimmtheit sagen, was Treugut ist. Dies gilt in entsprechender Weise, wenn Forderungen eingezogen werden und die Beträge auf einem auch als Eigenkonto genutzten Girokonto des Treuhänders gutgeschrieben werden.

Diese Grundsätze kommen auch dann zur Anwendung, wenn auf Konten, die eigentlich als Treuhandkonten gedacht waren, eine Vermischung von Fremd- und Eigengeld stattfindet. Auch dann lässt sich nämlich nicht mehr mit Bestimmtheit sagen, welche Gelder wem zuzuordnen sind. Vorliegend war es zu einer Vermischung von Fremd- und Eigengelder dadurch gekommen, dass die Schuldnerin Überweisungen von ihren Geschäftskonten auf die Einzahlungskonten vorgenommen hatte. Das Bestreiten der Zahlungen seitens des Klägers war unsubstantiiert, und dass die Gelder auf den Geschäftskonten eigenen Zwecken der Schuldnerin dienten, liegt in der Natur der Geschäftskonten.

Zu Unrecht machte der Kläger schließlich geltend, die rechtliche Beurteilung durch den BGH sei unvereinbar mit Vorschriften des Europäischen Gemeinschaftsrechts. Es war keinerlei Veranlassung gegeben, den EuGH anzurufen, um ihn darüber entscheiden zu lassen, ob aufgrund der angeführten Richtlinie 93/22/EWG der § 34a Abs. 1 WpHG i.S.d. Klägers auszulegen ist. Zwar mag § 34a WpHG nicht nur aufsichtsrechtlicher Natur sein, sondern auch anlegerschützende Funktionen haben. Dennoch kann aus der Entstehungsgeschichte der Richtlinie nicht herausgelesen werden, dass dem Anleger in der Insolvenz des Wertpapierdienstleisters ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ein (in den meisten europäischen Rechtsordnungen nicht einmal bekanntes) Aussonderungsrecht gewährt werden müsse.

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