07.01.2014

Zum Bereicherungsanspruch bei Abschluss eines Überweisungsvertrags nach Erlass eines Zustimmungsvorbehalts

In Fällen, in denen der Schuldner nach Erlass eines Zustimmungsvorbehalts mit seiner Bank einen Überweisungsvertrag abschließt, fehlt es an einer gültigen Tilgungsbestimmung. Infolgedessen kann der Insolvenzverwalter die von der Bank an den Empfänger bewirkte Zahlung gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB als rechtsgrundlose Leistung kondizieren.

BGH 21.11.2013, IX ZR 52/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist vorläufiger Insolvenzverwalter in dem am 1.1.2009 über das Vermögen der S-GmbH eröffneten Insolvenzverfahren. Der beklagte Apotheker hatte auf Grundlage eines mit der S-GmbH als Betreiberin eines Alten- und Pflegeheims geschlossenen Rahmenvertrages die Versorgung der von ihr betreuten Heimbewohner mit Arzneimitteln und Medizinprodukten übernommen. Entsprechend einer am 30.9.2008 erteilten Sammelrechnung über rund 6.508 € zog die S-GmbH die Einzelbeträge bei den jeweiligen Heimbewohnern ein. Das AG ordnete daraufhin am 15.10.2008 um 14.30 Uhr an, dass Verfügungen der S-GmbH nur mit Zustimmung des Klägers wirksam sind.

Ein von der S-GmbH zu Gunsten des Beklagten gefertigter Überweisungsauftrag über die 6.508 € ging am 15.10.2008 nach 17.00 Uhr bei ihrer Hausbank ein. Diese führte in Unkenntnis der gegen die S-GmbH angeordneten Verfügungsbeschränkung den Überweisungsauftrag am 16.10.2008 aus; der Betrag wurde dem Konto des Beklagten am nächsten Tag gutgeschrieben.

Das LG wies die auf Erstattung dieser Zahlung gerichtete Klage ab; das OLG gab ihr statt. Die hiergegen gerichtete Revision des Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Der Kläger kann von dem Beklagten gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB Erstattung des Überweisungsbetrages verlangen, weil die in der Zahlung liegende Leistung eines Rechtsgrundes entbehrte.

Nach BGH-Rechtsprechung zum Bereicherungsausgleich in Fällen der Leistung kraft Anweisung vollzieht sich der Bereicherungsausgleich grundsätzlich innerhalb der jeweiligen Leistungsverhältnisse. Bei Fehlern im Deckungsverhältnis zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen ist der Bereicherungsausgleich im Deckungsverhältnis vorzunehmen; weist dagegen das Valutaverhältnis zwischen dem Anweisenden und dem Überweisungsempfänger Fehler auf, ist der Ausgleich der Bereicherung in diesem Verhältnis abzuwickeln. Ob diese Grundsätze allerdings in Konstellationen der vorliegenden Art gelten, ist umstritten.

Übereinstimmung herrscht, dass bei Ausführung einer nach Erlass eines Zustimmungsvorbehalts im Verhältnis zur Bank wirksamen Überweisung ein Bereicherungsanspruch der Masse und nicht etwa der Bank gegen den Zahlungsempfänger zusteht. Hingegen werden unterschiedliche Auffassungen vertreten, auf welcher Rechtsgrundlage der Bereicherungsanspruch beruht. Teils wird angenommen, dass es sich um einen Anspruch wegen einer Bereicherung in sonstiger Weise handelt. Daneben wird der Anspruch aus einer Analogie zu § 816 Abs. 2 BGB hergeleitet. Überwiegend wird jedoch befürwortet, den Bereicherungsanspruch entsprechend den für Dreiecksverhältnisse geltenden allgemeinen Grundsätzen als Leistungskondiktion zu verstehen Der zuletzt angeführten Auffassung folgt auch der Senat.

Die Vorschrift des § 816 Abs. 2 BGB greift nach ihren tatbestandlichen Voraussetzungen nicht durch, weil es hier an einer Leistung an einen Nichtberechtigten fehlt, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist. Eines Rückgriffs auf den Tatbestand einer Bereicherung in sonstiger Weise (§ 812 Abs. 1 S. 1 Fall 2 BGB) bedarf es nicht, weil eine Leistung der Schuldnerin an den Beklagten (§ 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB) vorliegt. Somit entbehrte die an den Beklagten durch Gutschrift vom 17.10.2009 erbrachte Leistung eines Rechtsgrundes, weil die S-GmbH nach Anordnung des Zustimmungsvorbehalts gem. § 81 Abs. 1 S. 1, § 24 Abs. 1, § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Fall 2 InsO nicht mehr berechtigt war, im Verhältnis zu dem Beklagten eine wirksame Erfüllungszweckbestimmung zu treffen.

Grundsätzlich tritt die Erfüllungswirkung nach der Theorie der realen Leistungsbewirkung als objektive Folge der Leistungsbewirkung ein. Bedient sich der Schuldner zur Begleichung seiner Verbindlichkeit allerdings eines Zahlungsmittlers, hängt die Erfüllung mit Rücksicht auf die in dem Dreiecksverhältnis stattfindende Drittzahlung ausnahmsweise von der konstitutiven Wirksamkeitsvoraussetzung ab, dass der Schuldner eine entsprechende Tilgungsbestimmung über seinen Zahlungsmittler als Boten oder Vertreter gegenüber seinem Gläubiger verlautbart. Die Tilgungsbestimmung erfordert infolge ihrer verfügungsähnlichen Wirkung die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis des Schuldners, die ihm nach Erlass eines Zustimmungsvorbehalts entzogen ist.

Infolge der Wirksamkeit der Anweisung im Verhältnis zu ihrer Bank lag eine Leistung der S-GmbH an den Beklagten als ihren Gläubiger vor, die der Masse gegenüber mangels einer wirksamen Erfüllungszweckbestimmung nach § 81 InsO unwirksam war und darum an einem Mangel im Valutaverhältnis litt. Fehlt es an einer gültigen Tilgungsbestimmung, entbehrt die in der Überweisung liegende Leistung eines Rechtsgrundes und kann darum von dem Kläger gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB kondiziert werden.

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