Zum Einwand der rechtskräftigen Abweisung der Schadensersatzansprüche von Anlegern in einem früheren Rechtstreit
OLG Karlsruhe 29.5.2012, 17 W 36/12Die Antragsteller, ein Kraftfahrzeugmechaniker und seine Ehefrau, kauften 1996 zwecks Steuerersparnis ohne Eigenkapital durch einen Vermittler geworben eine Eigentumswohnung in Wuppertal. Zur Finanzierung des Gesamtaufwandes schlossen sie einen Darlehensvertrag mit der von der Bausparkasse Badenia AG vertretenen X-Bank, ein sog. Vorausdarlehen, und zwei nacheinander anzusparende Bausparverträge mit der Bausparkasse.
Eine Schadensersatzklage der Antragsteller gegen die Bausparkasse im Jahre 2001 wurde rechtskräftig abgewiesen. Unabhängig davon stellten die Antragsteller nun Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine erneute Schadensersatzklage gegen die Bausparkasse wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht bei dem Kauf und der Finanzierung dieser Immobilie.
Das LG wies den Antrag mangels Erfolgsaussicht der Klage zurück. Auf die Beschwerde der Antragsteller hob das OLG den Beschluss auf und verwies die Sache an das LG zurück.
Die Gründe:
Das LG hat die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Schadensersatzklage im Rahmen der gebotenen summarischen Betrachtung zu Unrecht verneint.
Obwohl die erste Schadensersatzklage der Antragsteller im Jahre 2001 gescheitert ist, steht die Rechtskraft dieses Urteils der beabsichtigten neuen Klage nicht entgegen, soweit die Antragsteller sie auf den Gesichtspunkt der arglistigen Täuschung über die Höhe der tatsächlichen Vertriebsvergütungen stützen. Die nunmehr geltend gemachte Pflichtverletzung - unterlassene Aufklärung über eine erkannte Täuschung der Anleger über Innenprovisionen durch den Vertrieb - gehört nicht zu dem im Vorprozess vorgetragenen Lebenssachverhalt. Jede Pflichtverletzung ist gesondert als unterschiedlicher Streitgegenstand zu sehen, auch wenn sie in einem einheitlichen Beratungsvorgang begangen worden ist.
Auch der Erfolg der Verjährungseinrede der Beklagten ist entgegen der Auffassung des LG zumindest zweifelhaft. Die dreijährige Verjährungsfrist läuft erst ab Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Anspruchs. Bei mehreren in Rede stehenden Pflichtverstößen beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist gesondert für jede einzelne Aufklärungspflichtverletzung zu laufen. Für die hier geltend gemachte Aufklärungspflichtverletzung im Zusammenhang mit der Täuschung über Innenprovisionen kann nicht festgestellt werden, dass dem Rechtsanwalt der Antragsteller bereits bei der früheren Klageerhebung Umstände bekannt waren oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben sind, die eine Aufklärungspflicht der Bausparkasse unter dem Gesichtspunkt des Wissensvorsprungs über eine arglistige Täuschung der Anleger durch die Vermittler begründen.
Die Täuschung des Vermittlers durch Fehlangaben zum Anlageobjekt oder zur Rendite oder zu den Innenprovisionen begründet eine Haftungsverantwortlichkeit der Bank oder der Bausparkasse, die sich auf die Rolle des Kreditgebers beschränkt, nur dann, wenn sie sich selbst arglistig verhält bzw. an unlauteren Machenschaften von Verkäufern oder Vertrieb beteiligt ist oder hierüber einen Wissensvorsprung hat. Einen solchen Wissensvorsprung der beklagten Bausparkasse haben die Antragsteller im Vorprozess auch nicht geltend gemacht. Allein der Umstand, dass sie seinerzeit die "versteckten Innenprovisionen" zum Thema ihres Klagevorbringens gemacht haben, ist nicht entscheidungserheblich, da sie damals weder gewusst noch vorgetragen haben, dass die Bausparkasse von dieser Täuschung Kenntnis hatte.