22.08.2011

Zum Urheberrechtsschutz bei sog. "Musik-Samples"

Der von Sabrina Setlur gesungene Titel "Nur mir" ist unter Verstoß gegen das Urheberrecht zustande gekommen, weil er unerlaubt sog. "Samples" der Musikgruppe "Kraftwerk" enthält. Nun muss der BGH voraussichtlich klären, welche Maßstäbe für die Möglichkeit der Eigenherstellung von Tonaufnahmen gelten, bevor auf fremde Tonaufnahmen ohne Einwilligung des Rechteinhabers zurückgegriffen werden kann.

OLG Hamburg 17.8.2011, 5 U 48/05
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Mitglieder der Musikgruppe "Kraftwerk". Diese hatte im Jahr 1977 das Album "Kraftwerk - Trans Europa Express", auf dem sich auch der Titel "Metall auf Metall" befindet, herausgebracht. Die Beklagten veröffentlichten im Jahr 1997 zwei Tonträger mit dem Hip-Hop-Stück "Nur mir", das von der am Rechtsstreit nicht beteiligten Sabrina Setlur interpretiert wurde. Die Kläger behaupteten, die Beklagten hätten urheberrechtswidrig eine etwa zwei Sekunden lange Rhythmussequenz aus dem Titel "Metall auf Metall" elektronisch kopiert ("gesampelt") und dem Titel "Nur mir" in fortlaufender Wiederholung unterlegt.

LG und OLG hatten den Beklagten zunächst verboten, die fraglichen Aufnahmen weiter in den Verkehr zu bringen. Außerdem stellten sie einen Schadensersatzanspruch der Kläger fest. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH im Jahr 2008 das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zurück an das OLG.

Zwar habe die Berufungsinstanz zutreffend entschieden, dass die Beklagten mit dem "Sampling" in das Tonträgerherstellungsrecht der Kläger eingegriffen hätten. Denn ein solcher Eingriff sei bereits dann gegeben, wenn einem Tonträger kleinste Tonpartikel entnommen würden. Das OLG müsse aber noch prüfen, ob die Beklagten sich auf das im Urhebergesetz geregelte Recht zur freien Benutzung berufen könnten.

Danach dürfe ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden sei, ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes verwendet werden. Aus dem Sinn des Rechts zur freien Benutzung, nämlich die Fortentwicklung des Kulturschaffens zu ermöglichen, ergebe sich allerdings auch dessen Grenze: Eine freie Benutzung komme dann nicht in Betracht, wenn derjenige, der eine fremde Ton- oder Klangfolge für eigene Zwecke übernehme, hierauf nicht angewiesen sei, weil er selbst in der Lage wäre, die entnommene Sequenz herzustellen.

Nach der Zurückverweisung wies das OLG nun erneut die Berufung gegen das landgerichtliche Urteil zurück. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen, da es weiter höchstrichterlicher Klärung bedarf, welche Maßstäbe für die Möglichkeit der Eigenherstellung von Tonaufnahmen gelten, bevor auf fremde Tonaufnahmen ohne Einwilligung des Rechteinhabers zurückgegriffen werden kann.

Die Gründe:
Der von den Beklagten komponierte und von Sabrina Setlur gesungene Titel "Nur mir" ist unter Verstoß gegen das Urheberrecht zustande gekommen, weil er unerlaubt sog. "Samples" der Musikgruppe "Kraftwerk" enthält. Die aus dem Jahr 1997 stammenden Aufnahmen des Titels dürfen nicht weiter verkauft werden.

Bei der Prüfung, ob es den Beklagten möglich gewesen war, die entnommene Tonfolge selbst einzuspielen, wurde darauf abgestellt, ob ein mit durchschnittlichen Fähigkeiten und technischen Möglichkeiten ausgestatteter Musikproduzent im Zeitpunkt der Entnahme der fremden Tonaufnahme in der Lage gewesen wäre, eine gleichwertige Sequenz zu produzieren. Dabei war für die Beurteilung der Gleichwertigkeit der Eindruck des konkret angesprochenen Abnehmer- bzw. Hörerkreises ausschlaggebend.

Insofern hatten im vorliegenden Verfahren zwei Sachverständige bestätigt, dass die Beklagten nach dem oben genannten Maßstab in der Lage gewesen waren, die Sequenz aus dem Titel "Metall auf Metall" selbst einzuspielen. Schließlich war es unter Verwendung bereits 1997 erhältlicher Synthesizer und freier Samples bzw. selbst aufgenommener Hammerschläge auf Metallschubkarren und Zinkregale gelungen, den kopierten Rhythmusfolgen gleichwertige Sequenzen herzustellen.

OLG Hamburg PM v. 19.8.2011
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