08.08.2018

Zur Anfechtbarkeit der Abtretung nach § 134 Abs. 1 InsO

Tritt der Schuldner einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung ab, der durch das Verlangen des Vermieters aufschiebend bedingt ist, eingebrachte Gegenstände am Mietende in der Mietsache zu belassen, ist der Rechtserwerb bereits mit Abschluss des Abtretungsvertrags abgeschlossen. Die Bestellung einer Sicherheit für eigene, entgeltlich begründete, künftig entstehende Verbindlichkeiten ist ebenso entgeltlich wie die Abtretung einer Forderung erfüllungshalber zur Erfüllung entgeltlich begründeter, künftig entstehender Verbindlichkeiten.

BGH 19.7.2018, IX ZR 296/17
Der Sachverhalt:

Die Klägerin ist eine Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten. Sie hatte die Schuldnerin in rechtlichen Angelegenheiten beraten. Diese betrieb ein Autohaus und wollte eine weitere Vertretung eröffnen. Dazu mietete sie von der Beklagten Gewerbeflächen an und stattete sie mit den notwendigen Einrichtungsgegenständen aus. Das Mietverhältnis sollte von Februar 2002 bis Ende 2011 dauern. Im Mietvertrag hatten die Vertragsparteien vereinbart, dass der Beklagten am Ende des Mietverhältnisses ein Wahlrecht zustehe, ob sie von der Schuldnerin die Beseitigung der eingebrachten Gegenstände verlange oder aber gegen Zahlung einer Abfindung zum Verkehrswert diese übernehme.

Wegen wirtschaftlicher Probleme stellte die Schuldnerin den Betrieb des zweiten Autohauses im Dezember 2006 ein. Seit November 2006 zahlte sie an die Beklagte keine Mieten mehr. Außerdem trat sie ihre sich aus der Ablösevereinbarung mit der Beklagten oder aus einem Freihandverkauf der Einrichtungsgegenstände an einen Nachmieter oder einen Dritten ergebenden Zahlungsansprüche an die Klägerin ab. Die Abtretung sollte der Erfüllung von deren Honoraransprüchen dienen, die für die Schuldnerin im Jahr 2007 entstehen würden.

Im März 2007 kündigte die Beklagte gegenüber der Schuldnerin das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs fristlos und verlangte, dass die eingebrachten Gegenstände im Objekt verblieben. Die Schuldnerin gab die Mietsache im März 2007 zurück. Beklagte und Schuldnerin beauftragten einen Sachverständigen mit der Ermittlung des Ablösebetrages, den dieser auf 250.000 € festsetzte. Am 29.5.2007 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin meldete Honoraransprüche i.H.v. 48.663 € zur Tabelle an. Der Insolvenzverwalter wählte hinsichtlich der Ablösevereinbarung nach § 103 Abs. 1 InsO die Nichterfüllung.

Die Klägerin versuchte, die ihr von der Schuldnerin abgetretene Forderung zu realisieren. Dazu verklagte sie die Beklagte aus dem Mietvertrag und den Insolvenzverwalter aus Delikt. Die Klagen hatten keinen Erfolg. Daraufhin verlangte sie von der Beklagten mit dem Vorwurf, diese habe kollusiv mit dem Insolvenzverwalter zusammengewirkt, Schadensersatz aus Delikt. Das LG gab der Klage i.H.v. 43.513 € statt; das OLG wies sie ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Gründe:

Die Ausführungen zu § 134 InsO hielten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Gem. § 134 Abs. 1 InsO ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners anfechtbar, die innerhalb von vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurde. Da die Abtretung im November 2006 erfolgte und das Insolvenzverfahren im Mai 2007 eröffnet wurde, ist die Leistung unabhängig vom Zeitpunkt des Insolvenzantrags innerhalb von vier Jahren vor Antragstellung vorgenommen worden. Für die Frage der Entgeltlichkeit ist auf den Zeitpunkt des Rechtserwerbs des Anfechtungsgegners in Folge der Leistung des Schuldners abzustellen. Tritt der Schuldner einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung ab, der durch das Verlangen des Vermieters aufschiebend bedingt ist, eingebrachte Gegenstände am Mietende in der Mietsache zu belassen, ist der Rechtserwerb bereits mit Abschluss des Abtretungsvertrags abgeschlossen.

Entgegen der Ansicht des OLG ist nicht von einer unentgeltlichen Leistung auszugehen, auch wenn die Vergütungsansprüche der Klägerin gegen die Schuldnerin, weil sie im Jahr 2006 zwar beauftragt war, aber bis zum Abschluss des Abtretungsvertrags keine anwaltliche Tätigkeit entfaltet hat, erst ab November 2006 bis zur Insolvenzeröffnung entstanden und erst im Jahr 2007 fällig geworden sind. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob es sich bei der streitgegenständlichen Abtretung um eine Sicherungsabtretung, um eine Abtretung an Erfüllungs statt nach § 364 Abs. 1 BGB oder um eine Abtretung erfüllungshalber handelt. Insbesondere fehlt es an Feststellungen dazu, welche Vorstellungen die Klägerin und die Schuldnerin bei Abschluss der Abtretungsvereinbarung hatten.

Nach der BGH-Rechtsprechung ist eine nachträgliche Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, entgeltlich begründete Verbindlichkeit nicht als unentgeltliche Leistung anfechtbar. Umso mehr gilt dies, wenn der Schuldner die entgeltlich begründete Verpflichtung von vornherein besichert. Nichts anderes gilt für die Abtretung erfüllungshalber zur Erfüllung einer entgeltlichen Verpflichtung, weil hierdurch die gleichen Ziele verfolgt werden wie mit der Bestellung einer Sicherheit, der Gläubiger nur vorrangig Befriedigung aus der Sicherheit suchen muss. Daran ändert sich nicht dadurch etwas, dass die Honorarforderungen der Klägerin erst im Jahr 2007 entstehen oder fällig werden sollten. Es genügt für die Annahme der Entgeltlichkeit, dass in diesem Fall der Schuldner seine Leistung zurückfordern. Daher ist die Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, entgeltlich begründete, künftig entstehende Verbindlichkeit ebenso entgeltlich wie die Abtretung einer Forderung erfüllungshalber zur Erfüllung entgeltlich begründeter, künftig entstehender Verbindlichkeiten.

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